Warum missbraucht der Staat Überwachungstechnik? Weil er es kann!

Früher gab es in „Hacker“kreisen den geflügelten Spruch „Why do Dogs lick their Balls? Because they can“. Damit wurde die Frage „Hey, warum macht (versucht) ihr das?“ beantwortet.

Wenn ich – nicht nur – hier in diesem Blog meine Befürchtungen äussere, dass der Staat technische (Überwachungs)Möglichkeiten nutzen könnte, um das Volk zu unterdrücken und Freiheitsrechte auszuhebeln, dann erinnert mich unser Staat an eben diesen Hund.

Die Dresdner Polizei hat bei den Antinaziprotesten im Februar dieses Jahres die Handyverbindungen von tausenden Demonstranten, Anwohnern, Journalisten, Anwälten und Politikern ausgespäht. Wie die Staatsanwaltschaft Dresden der taz bestätigte, wurde am 19. Februar weiträumig eine sogenannte Funkzellenauswertung (FZA) durchgeführt.

Dabei erfasste die Polizei über einen Zeitraum von mindestens viereinhalb Stunden sämtliche Anrufe und SMS-Nachrichten, die bei allen Personen ein- oder ausgingen, die sich in der Südvorstadt aufhielten. Gespeichert wurden auch die exakten Positionen der Telefonnutzer. 12.000 Menschen wohnen in dem überwachten Gebiet, hinzu kamen an diesem Tag tausende Demonstranten, etliche Journalisten, Anwälte und Politiker.

Quelle TAZ. Ich bin kein Freund von Verfolgungstheorien, auch wenn ich manchmal Befürchtungen formuliere, die diesen Schluss zulassen. Obige „Pervertierung der Möglichkeiten“ habe ich nicht so früh erwartet. Unser Polizei- und Überwachungsstaat ist an der Stelle schneller als ich es befürchtete. Stets formuliere ich in Gesprächen „Was aber passiert, wenn mal eine bösmeinende Regierung diese Möglichkeit zur Verfügung hat“. Was mit bösmeinender Regierung gemeint ist weiss ich seit dem Wochenende: Die Regierung Merkel.

Rechtsanwalt Stadler schreibt in seinem Blog Internet-Law:

Die Funkzellenüberwachung wurde nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Dresden angeblich aufgrund von Ermittlungen wegen eines Angriffs auf Polizeibeamte, also zu Zwecken der Strafverfolgung, angeordnet.

Wenn jetzt 12.000 Menschen pauschal die potentielle Straftat „Angriffs auf Polizeibeamte“ unterstellt wird, wann wird dann die nächste Karte gezogen, und alle Bundesbürger in den Generalverdacht „Angehöriger einer terroristischen Vereinigung“ gestellt? Damit wäre dann die bundesweite Überwachung aller Bundesbürger möglich. Viel hilft eben viel.

Ein Seiteneffekt dieser (in meinen Augen) völlig überzogenen Polizeiaktion ist, dass noch mehr Menschen sich eventuell nicht mehr trauen, ihr Grundrecht auf Demonstration überhaupt wahr zu nehmen. Vor zwei Wochen las ich (auf einer Mailingliste), jemanden die Frage warum er denn nicht auf der Demonstration gewesen wäre, wie folgt beantworten:

Das Polizeiaufgebot war mir zu groß, deswegen habe ich mich vorsichtshalber verzogen.

Der Staat macht uns mundtot. Er schüchtert uns ein, um uns so ganz nebenbei unsere Rechte zu nehmen. Es widert mich an. Wann endlich stehen wir auf und lehnen uns auf? Das Grundgesetz gibt uns das Recht dazu!

Der „Deutsche Bank“-Ackermann aber ist froh, dass er und seine Kollegen der Shareholder-Mafia derart vom Staat geschützt werden. Er darf sich weiter ungestraft und vom Staat gepampert hemmungslos bereichern.

Wohnungsunternehmen Gagfah: Wie ein Hedgefond Häuser versaut und Mieter zermürbt

Und ein weiteres Beispiel für Privatisierungen, die VOLL in die Hose gehen. Das ehemals staatliche Wohnungsunternehmen Gagfah wurde 2004 an den amerikanischen Hedgefond „Fortress“ verkauft. Das Ergebniss kann sich sehen lassen (eine kleine Auswahl an Presseartikeln:

Hamburger Morgenpost vom 23.03.2011:

„Gagfah – attraktiver Wonhraum, innovativer Service.“ So wirbt das Unternehmen. Für die Mieter sind solche Sprüche eine Provokation. „Wir haben es hier mit einer Heuschrecke zu tun“, so Eckard Pahlke vom Mieterverein zu Hamburg, „die nur eins im Sinn hat: So viel Geld rauszuziehen wie möglich.“

Die Zentrale gebe exakt vor, wie viel pro Jahr für Instandhaltung zur Verfügung steht. „Ist im August kein Geld mehr da, wird eben nichts mehr gemacht.“

Die FAZ vom 24.03.2011:

In Dresden spielt sich derzeit ein beispielloser Kampf zwischen Kommune und Privatwirtschaft ab. Vor fünf Jahren hat Dresden städtische Wohnungen an die Gagfah verkauft. Jetzt will die Stadt das Unternehmen verklagen. Es geht um mehr als eine Milliarde Euro.

gestern wusste die Hamburger MOPO zu berichten:

Am Donnerstag entlud sich der Zorn: Rund 250 Mieter marschierten zur Gagfah-Zentrale in Wandsbek.

Stumm nahmen die Bereichsleiter Marc Sahling und Denis Gebhardt eine Resolution entgegen. Die Demonstranten skandierten „Blutsauger!“, „Ohne Ende Mietbeschwerden – Gagfah muss enteignet werden!“ Mutig griffen Mieter zum Mikrofon, berichteten vom erbärmlichen Zustand der Häuser.

Es ist schlicht und ergreifend eine Frechheit, wie einige Unternehmen ehemaliges Staatseigentum (gehört dem Bürger!) aufkaufen um sich persönlich massiv zu bereichern und das betreffende Objekt und die Bürger (Kunden) auszupressen.

Und alles nur, weil die Städte und Kommunen kurzfristige Erträge einfahren wollen.

Ebbe & Flut und Qualitätsjournalismus

Das ich aus Norddeutschland stamme hört ihr ja schon an meinem Dialekt. Und gerade als Norddeutscher bekomme ich ich pickligen Ausschlag, wenn ich ausgerechnet in der Tagesschau lesen muss:

Die Behörden hätten aus den Erfahrungen beim Oder-Hochwasser 1997 und bei der Elbe-Jahrhundertflut 2002 nichts gelernt.

Wisst ihr, wie die Flut zustande kommt? Durch die Anziehungskraft des Mondes, welche sich auf die Wassermassen auswirkt (Ok, auch die Sonne spielt da mit rein, aber das wird sonst zu kompliziert). Quasi wie ein Magnet zieht der Mond das Wasser mal hin und mal her.

Das aber der Mond das Wasser die knapp 500km aus der Nordsee bis nach Dresden hinter sich her zieht, halte ich für sehr-sehr unwahrscheinlich.

Wikipedia kann uns da helfen:

Bereits in den ersten Augusttagen im Jahr 2002 lösten starke Regenfälle in den Alpen (siehe Donauhochwasser 2002) sowie im Erzgebirge und Riesengebirge schwere Überschwemmungen und verheerende Schlammlawinen in Deutschland,Österreich, Polen, Tschechien und Italien aus.

Liebe Qualitätsjournalisten der Tagesschau: 2002 war vielleicht ein Jahrhunderthochwasser, aber ganz sicher keine Jahrhundertflut.

Ausgerechnet von der Tagesschau (die ja auch im Norden beheimatet ist) hätte ich ein wenig mehr Sachkenntnis erwartet.