Cannabisfreigabe

Wie viel Mehrarbeit bedeutet die Cannabisfreigabe für Justiz und Polizei im realen Arbeitsleben für die Institutionen?

(Fast) Egal welches Medium konsumiert wird, überall steht geschrieben, dass Justiz und Polizei durch die Cannabisfreigabe massive Mehrarbeit leisten müssen.

Die Probleme der Justiz

Die Justiz beschwert sich, dass Altfälle durchgeforstet werden müssen, weil in den Akten viele alte Verfahren zu finden sind, die nach der Cannabisfreigabe eingestellt werden müssen.

Wo genau liegt die Mehrarbeit? Was macht denn mehr Arbeit aus? Die Akten zu sichten, oder das Verfahren komplett durchziehen? Termin ansetzen, sich einarbeiten, Zeugen befragen, Urteil schreiben etc. pp.? Ich schätze mal, dass in der Zeit eines Verfahren deutlich mehr als 10 Akten gesichtet werden können – und das von dem Mitarbeiter, der von allen Kolleginnen Faultier genannt wird. Außerdem werden ja ab dem Tag der Gültigkeit des Gesetzes deutlich weniger Verfahren eröffnet werden müssen, da die Hilfskräfte der Staatsanwaltschaft (aka Polizei) weniger Anzeigen erstellen.

Ich – so als Pragmatiker – würde nicht JETZT anfangen, sämtliche Akten (die meist immer noch als Aktenberge gen Himmel streben) zu sichten, sondern weiter „First in – first Out“ abarbeiten und wenn dann eine Akte auf den Tisch kommt, welche geschreddert werden kann: Shreddern. Kurze Notiz an alle Beteiligten „Verfahren eingestellt wegen Cannabisfreigabe“. Mehrarbeit strebt deutlich in den negativen Bereich!

Die Strafanstalten

Bei den Strafanstalten erwarte ich keine nennenswerten Veränderungen, was die Belegung angeht. Der kleine Kiffer wird heute schon meist laufengelassen, Dealer wird man in Strafanstalten nicht so häufig antreffen. Die jetzt Einsitzenden sind meist „Dealer im großen Stil“ also große Mengen an Koks, Amphetamin oder Heroin etc. Diese Delikte werden von der Cannabisfreigabe nicht berührt.

Die Probleme der Polizei

Apropos Polizei: Auch diese beschwert sich über die Mehrarbeit – sollte das Gesetz gültig werden. Wieviel MEHR Kontrollen müssen durch die Cannabisfreigabe durchgeführt werden? Wenn vor der Cannabisfreigabe der Wachmeister gerufen wird, weil da „seltsame Pflanzen“ auf dem Balkon/im Garten stehen, ist die mentale Hürde recht flach. Er muss entscheiden, ob es drei oder mehr Pflanzen sind. Bei mehr als drei Pflanzen schreibt er eine Anzeige, bei weniger als vier Pflanzen fährt er weiter und schreibt eben keine Anzeige. Die Anfahrt ist ohnehin zu bewältigen. Im Gegensatz zu heute wird bei weniger als vier Pflanzen stumpf keine Anzeige geschrieben (mit Beweisaufnahme, Befragung etc. pp.).

Verkehrskontrollen werden auch heute durchgeführt (genauso wie heute auch schon gekifft wird…) und dabei Menschen, die unter Drogeneinfluss ein Fahrzeug geführt haben, aussortiert und es wird eine Anzeige erstellt. Die Mittel zur Erkennung der Fahruntüchtigkeit stehen bereit – das ist ein Standardverfahren für die Einsatzkräfte. Glaubt wirklich jemand, dass nach der Cannabisfreigabe ein sprunghafter Anstieg der bekifft geführten Fahrzeuge zu erwarten ist? Wird eine bemerkenswerte Anzahl von Menschen von jetzt auf gleich nach der Cannabisfreigabe anfangen, Cannabis zu konsumieren UND so unvernünftig sein, ein Fahrzeug zu führen?

WENN die Socialclubs einen vernünftigen Job machen, wird dies dazu führen, dass die Preise für Cannabis deutlich sinken werden. Dadurch kann die Beschaffungskriminalität eingedämmt werden. Wer kein Geld hat und kiffen will, wird wahrscheinlich immer noch einen Taschendiebstahl o.Ä. begehen. Aber diese Person wird nicht mehr so viele Dealer an Bahnhöfen und Parks vorfinden, da der Ertrag für den verbotenen Handel sinken wird, weil er weniger Kunden hat. Im Gegensatz dazu bleibt das Strafmaß allerdings gleich. Blöd für die Straßendealer.

Cannabis als Einstiegsdroge

Ja, es gibt einige (ich habe leider keine belastbaren Werte – Dunkelziffern sind blöde..) Menschen, die vom Kiffen zu härteren Drogen wechseln. Aber das Argument „Wer kifft. wird aus koksen“ ist so abgedroschen wie falsch. Das Problem dabei ist weniger das „ich will einen härteren Kick“, als vielmehr der Dealer im „Untergrund“, der nicht ausschließlich Cannabis im Portfolio hat. Und genau dort liegt die typische Gefahr, zu härteren Drogen zu greifen. Das „probiere doch mal“. Noch NIE wurde ich an der Supermarktkasse aufgeklärt „Sie kaufen Wein/Bier. Wir haben auch gerade Doppelkorn im Angebot“. Als ich früher (lange verjährt!) auf zwielichtigen Hinterhöfen oder in der Privatwohnung des Lieferanten meine „Zehnerecke“ kaufte, wurde mir sehr wohl auch Koks und anderes angeboten.

Jugendliche Kiffer gibt es heute und wird es auch in Zukunft geben (warum spricht niemand über jugendliche Alkoholkonsumenten?). Daran wird die Cannabisfreigabe auch nichts ändern. Eher werden sauberere Drogen im (strafbewehrten!) Angebot erscheinen, das allerdings sehe ich eher als Fortschritt, denn als Nachteil – auch für die Jugendlichen – an.

Meine Probleme mit der Cannabisfreigabe

Konsumenten sollen in Zukunft bis zu 50 Gramm Cannabis straffrei besitzen dürfen. Im meiner wirklich harten Zeit wäre ich mit 50 Gramm deutlich über zwei Monate ausgekommen. Diese freigegebene Menge ist deutlich ambitioniert. Selbst wenn das Gramm nur 5€ kosten würde (Straßenpreis dürfte heute bei 10€ liegen) wäre das ein Wert von 250€. Wer kauft denn soviel auf einen Schlag ein? Diese Menge ist – in meinen Augen – zu hoch.

Das Gesetz regelt die Freigabe in Stufen, das heißt, dass zuerst ab 01.04.2024 der Besitz straffrei sein, danach – ab 01.07.2024 – sollen „Cannabis Social Club“ Cannabis anbauen dürfen? Hallo McFly? Warum nicht diese Daten genau andersrum? Erst anbauen dürfen und dann 3 Monate später abgeben dürfen. Sollte jemand Mitte April 2024 mit 5 Gramm Cannabis erwischt werden, ist dies straffrei. Es bleibt aber die Frage: Woher kommt das Zeug? Legal erworben wurde es nicht – geht ja noch nicht!

Fazit

Ja, es gibt – in meinen Augen – valide Kritikpunkte. Aber dies sind nicht die, welche ich von den Bedenkenträgern präsentiert bekomme.

Klimakleber

Liebe Klimakleber, wir sollten reden. Ich bin ein alter, weißer Mann, aus eurer Sicht quasi der Endgegner. Aber der erste Eindruck täuscht – hoffe ich. Denn gerade wegen meines Alters bin ich nicht nur Vater, sondern auch Großvater. Und als ein solcher kann ich eure Intention sehr gut verstehen und nachvollziehen. Eure Interessen sind auch meine Interessen: den Planeten für folgende Generationen so bewohnbar wie möglich erhalten. Dennoch scheinen uns – leider – Welten zu trennen!

Unsere Gemeinsamkeiten

Ja, wir alle müssen Energie sparen, um die Emissionen zu drosseln. Da stehe ich zu 100 % hinter euch Klimaklebern. Wir können nicht darauf warten, dass die Politik uns alle an die Hand nimmt und jegliche sinnvolle Möglichkeit der Klimarettung durch Gesetze definiert wird. Insbesondere, da es auf der Gesetzgebungsebene zu viele Dilettanten (siehe Thema E-Fuels) gibt. Jeder Mensch kann und muss/sollte (im Rahmen seiner Möglichkeiten!) seinen kleinen Beitrag dazu leisten. Nur sind die Möglichkeiten eben ungleich verteilt.

Ungleiche Möglichkeiten

Die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten sind zahlreich (Reihenfolge zufällig):

  • Verzicht auf Flugreisen
  • Nutzung von ÖPNV/Fahrrad anstelle von Individualverkehr
  • Heizkörper drosseln
  • Wenn Individualverkehr, dann E-Antrieb
  • Weniger Fleischverzehr (es muss nicht unbedingt komplett vegan sein)
  • Möglichst energiesparende Elektrogeräte nutzen
  • Weniger Konsum (z.B. keine „Wegwerfkleidung“)
  • Möglichst lokale/saisonale Lebensmittel kaufen
  • Nicht mehr gebrauchtes auf Tauschbörsen anbieten und nicht wegwerfen
  • Möglichst Bio- und Fairtrade Waren kaufen
  • etc.pp.

Bei Durchsicht der Liste stellt sich – wenn man fair ist – heraus, dass nicht jeder Mensch alles umsetzen kann. Meistens hapert es schon ganz simpel an den finanziellen Möglichkeiten. Menschen sind im Kundendienst, müssen teilweise mit schwerem Werkzeug von Ort zu Ort „tingeln“. Wenn dann das Geld knapp ist, muss der „E-Transporter“ halt noch warten. Lebensmittel und Miete haben Vorrang.

Auch die Themen „Keine Wegwerfkleidung“ und „Bio-Lebensmittel“ sind eine Preisfrage. Hochwertige und somit länger haltbare Kleidung werden sich Menschen im Niedriglohnbereich meist nicht leisten können. Es macht einen Unterschied, ob ein Paar Schuhe „mal eben“ für 20 € erworben werden kann, oder darauf Monate gespart werden muss.

Auch bei den Lebensmitteln ist es leider so, dass die Preisunterschiede bei manchem Einkauf dazu führen, dass es zu einem „besser können wir uns nicht leisten“ führt.

Anmerkung: Ich bin in der glücklichen Lage, obige Punkte bei meinen Kaufentscheidungen berücksichtigen zu können. Aber ich weiß, dass es Menschen in meinem Umfeld gibt, die das nicht können. Diesen Fakt sollten wir bei Gedankenspielen nicht unterschlagen!

Was uns absolut trennt

Nochmal: Eure Ziele unterstütze ich zu 100 %. Allerdings halte ich euren Weg nicht für zielführend, sondern für deutlich kontraproduktiv. Um die gemeinsamen Ziele zu erreichen, muss der Hebel an zwei Punkten angesetzt werden: der Politik und vor allem bei der Bevölkerung. Was nutzt es, wenn ihr (WIR!) die Bevölkerung nicht auf eurer Seite habt, und die Politik wegen des Widerstands der Bevölkerung die sinnvollen Änderungen – wegen wahltaktischen Erwägungen – nicht beschließen kann.

Besser wäre es doch, wenn auch große Teile der Bevölkerung hinter euren Forderungen stehen. Mit Straßenblockaden wird das aber eher nicht passieren. Ja, ihr bekommt viel Presse – aber meistens doch aus der Perspektive geschrieben „Schon wieder Verkehrsstau durch Klimakleber“, „Klimaterroristen“, „Klimaspinner“ und ähnliches. Damit wird der Sympathien-Pegel bei der Bevölkerung nicht erhöht. Eher ist das Gegenteil der Fall: Mit dem „kleben“ wird die gesamte Thematik ins Negative gedreht.

Und nun? Wie geht es besser?

Es müssen Aktionen definiert werden, die einerseits Druck auf Regierung und Konzerne machen, andererseits aber auch – um Synergien zu erzeugen – von der Bevölkerung mitgetragen werden. Wäre es nicht toll, wenn sich während einer Aktion zufällig anwesende Bürger spontan dazu entschließen mitzumachen? Zum einen muss die Aktion verstanden werden und andererseits den Umstehenden die Möglichkeit gegeben werden, sich zu solidarisieren. Welcher ältere Herr fühlt sich spontan motiviert, sich auf die Straße zu kleben?

Liebe Klimakleber, definiert die größten Klimasünder, vor allem diejenigen, die relativ einfach ihr schändliches Treiben minimieren oder gar komplett abstellen können. Und vor allem: Adressiert diejenigen, die immer der Energiewende im Wege stehen (wieso muss ich jetzt an Söder denken?). Die Auswahl der Aktionen bedarf eines größeren Brainstormings, inklusiver umfangreicher Recherche. Vielleicht kommt von mir ja auch nochmal ein Artikel dediziert zu diesem Thema. Aber „ihr“ seid viele und ihr seid nicht dumm. Lasst euch doch vielleicht auch mal etwas Produktiveres einfallen.

Die Zukunft des Individualverkehrs

Das Thema Individualverkehr wird derzeit aus allerlei Perspektiven betrachtet und der Status Quo vielerorts diskutiert. Oftmals ist die Diskussion aufgeheizt, weil nahezu unzählige Befindlichkeiten hiermit verbunden sind. Fast jede an der Diskussion teilnehmende Person hat – mehr oder weniger – vernünftige Gründe für die persönliche Meinung. Allerdings gibt es – im Gegensatz zur Meinungsfreiheit – keine Freiheit der Fakten. Ich will und kann hier nicht die endgültige Wahrheit kundtun, aber mal ein paar der Facetten dieser Diskussion beleuchten und vielleicht ein paar Denkanstöße geben.

Individualverkehr auf dem „Land“

Stets gern vorgebrachtes Argument – vor allem von Stadtmenschen – ist, dass es im ländlichen Bereich keinen, oder nur einen sehr unzureichenden öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) gibt. Nicht unterschlagen werden sollte aber, dass es mittlerweile auch in weniger besiedelten Gebieten nutzbare Angebote – abseits des „Der Bus fährt nur 2x am Tag“ – gibt.

Neben den hinlänglich bekannten Möglichkeiten wie Fahrgemeinschaften, hat sich auch der „ländliche Bereich“ vielerorts weiterentwickelt. So haben zum Beispiel die Menschen, die im Bereich Elbmarsch oder Winsen wohnen, die Möglichkeit auf das Elbmobil zuzugreifen. Zitat der Webseite:

Moin Elbmarsch, moin Winsen!

Mit dem elbMOBIL einfach auf dem Land wech kommen: das elbMOBIL – ein On-Demand-Shutteservice – ermöglicht dir als Elbmarscher oder Winsener noch komfortabler und flexibler unterwegs zu sein. Per App kannst du dir deine Fahrt ganz smart buchen, ohne festen Fahrplan oder Linienweg, ohne lange Vorlaufzeit. Das elbMOBIL verkehrt zum bekannten hvv Tarif zuzüglich eines Komfortzuschlags in Höhe von 1,50 Euro.

Wahrscheinlich gibt es ähnliche Angebote auch in anderen Bereichen. Wer auf dem Ländle wohnt, weiß wahrscheinlich besser, was vor Ort los ist, als ich Hamburger Großstadtkind 🙂 .

Individualverkehr in der Stadt

Ist Individualverkehr in der Stadt Kunst, oder kann das weg? Wieder möchte ich mich zuerst den Menschen widmen, die auf dem Land wohnen. Denn diese müssen nicht zwingend aus dem Umland mitten in die City fahren. Vielerorts gibt es „Park and Ride“ Parkplätze in unmittelbarer Nähe zum ÖPNV: Auto dort abstellen und ab mit dem ÖPNV in die City. Wenn es dann irgendwann das 49-Euro-Ticket gibt, kann eventuell auch von weiter außerhalb preiswert(!) der ÖPNV genutzt werden.

Wer allerdings in der Stadt selbst wohnt, braucht typischerweise(!) keinen eigenen PKW. Es ist quasi alles und jederzeit per ÖPNV oder Fahr-/Lastenrad erreichbar. Obschon ich zugeben muss, dass ich weiterhin mein (elektrisch angetriebenes!) Kleinmotorrad nicht missen möchte. Aber einen (eigenen!) PKW brauche ich definitiv nicht. Sollte ich einmal etwas zu transportieren haben, leihe ich mir ein Fahrzeug oder lasse mich von meinem Umfeld fahren. Selbst für eine Urlaubsreise ist es günstiger sich ein Fahrzeug zu mieten, als dieses als Eigentum finanzieren zu müssen.

Nicht von dem eigenen Fahrzeug loskommen werden allerdings Berufstätige, die „on the road“ ihr Einkommen verdienen. Einen Handwerker, der sein gesamtes Werkzeug mit Bus und Bahn transportiert? Das will man niemanden zumuten. Aber muss es ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor sein?

Muss es ein Verbrennungsmotor sein?

Kurz und knapp: Ja, es gibt Bereiche, bei denen wir an Verbrennungsmotoren (noch?) nicht vorbeikommen: Schiffe, Flugzeuge und z.B. die Sahara. All dies sind aber Bereiche, die ich nicht zwingend dem Individualverkehr in Deutschland zurechnen möchte. OK, es gibt neben den Schiffen auch noch Boote, die der Sportschifffahrt zugerechnet werden. Als ich eben eine Suchmaschine mit den Suchbegriffen „Boot mit Elektroantrieb“ nutze, war ich überrascht, wie groß das Angebot an Booten verschiedensten Größenordnungen ist, welche es bereits mit Elektroantrieb gibt. Selbst im Baumaschinenbereich gibt es erstaunlich viele Anbieter von Fahrzeugen und Zubehör. Deshalb wage ich die Behauptung: in vielen Bereichen brauchen wir definitiv keine Verbrennungsmotoren mehr.

Welche Alternativen gibt es für den „Standard“-Verbrennungsmotor?

Was also tun, wenn ein Fahrzeug benötigt wird und es keinen Verbrennungsmotor haben soll? Auch Fahrzeuge, die ich mir selbst ab und an einmal ausleihe, brauchen einen Antrieb. Welche Alternativen zum Verbrennungsmotor mit fossilem Kraftstoff gibt es denn überhaupt?

E-Fuel

E-Fuels sind – rein chemisch gesehen – nicht anderes, als „normale“ fossile Kraftstoffe. Der einzige Unterschied ist, dass diese nicht in Millionen von Jahren von der Natur der Erde, sondern unter Einsatz von elektrischer Energie hier und heute produziert werden können. E-Fuels sollen – so ist vielerorts zu hören – DIE Alternative zu den „fossilen“ Kraftstoffen sein. Wo aber kommt denn der tolle synthetische Kraftstoff her? Wie wird er erzeugt? Und wie ist der – aus der Kette Herstellung -> Kraft am Reifen erreichbare – Wirkungsgrad? Der Wirkungsgrad sollte stets im Mittelpunkt des Interesses stehen. Denn wir sollten die eingesetzte Energie stets so sparsam wie möglich einsetzen. Wir wollen schließlich Energiesparen – remember?

Bei der Produktion von Kohlenwasserstoffen (E-Fuels) aus Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid gehen schon mal – derzeitiger Entwicklungsstand – über 60 % der eingesetzten Energie verloren (Wirkungsgrad A). Und zwar völlig egal, ob die eingesetzte elektrische Energie Ökostrom ist, oder nicht. Wenn wir nun mit diesem E-Fuel ein Fahrzeug antreiben, gehen nochmal ca. 70 % verloren, die stumpf in Wärmeenergie umgewandelt werden. Bei E-Fuels werden also nur ca. 10 % der eingesetzten Energie tatsächlich für den Vortrieb genutzt. Das ist deutlich ineffizient und sollte meiner Meinung nach den Bereichen vorbehalten werden, wo es denn gar nicht anders geht: Schifffahrt, Fliegerei und der Bereich Oldtimer. Für den generellen Individualverkehr scheint es nicht der Weg in die Zukunft zu sein. Außerdem sind E-Fuels – derzeit – noch deutlich teurer als fossiler Kraftstoff. Auch steht die Frage im Raum, ob die Kapazitäten der Herstellung von E-Fuels – selbst 2035 – überhaupt ausreichen, um den Individualverkehr ausreichend zu versorgen. Schließlich sind Flugverkehr, Schiffsverkehr und der Bereich Chemie deutlich abhängiger von Kohlenwasserstoffen.

PKWs mit Verbrennern nicht mehr zulassen?

Ein Aufschrei geht durch das Land: Die Zulassung(!) von Neuwagen(!) mit Verbrennungsmotoren soll in Zukunft verboten werden. Es ist gerade so, als solle die heilige Kuh geschlachtet werden. Aber mal ehrlich: Ist es wirklich der Untergang des Abendlandes? Was wurde – der Umwelt zuliebe – nicht schon alles verboten: Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), viele Verbrauchsgegenstände aus Kunststoffen (Ohrenreiniger, Plastikeinkaufstaschen und vieles anderes mehr). Ging die Welt unter? Nein, denn es gibt Alternativen. Und solange es noch Kraftstoffe gibt, mit denen Verbrennungsmotoren betrieben werden können, wird es auch weiterhin die Möglichkeit geben, Verbrennungsmotoren zu nutzen. Die einzige Gruppe, die unter einem Zulassungsverbot leiden würde, wären die Betriebe, die ausschließlich von der Produktion von Verbrennern leben. Wie die Hersteller von Kolben, Vergasern, Getrieben etc. pp.. Andere Branchen würden allerdings profitieren. Es ist wie vor 100 Jahren, als die Pferdekutschen von den PKW verdrängt wurden und Kutscher, Hufschmiede etc. arbeitslos wurden. The Times They Are a-Changin‘.

Nicht vergessen werden sollte auch, dass der Markt für Gebrauchtfahrzeuge noch viele Jahre gut gefüttert sein dürfte. Preiswerte – gebrauchte – Verbrenner dürfte noch sehr lange erwerbbar sein.

Hybridantriebe

Hybrid angetriebene Fahrzeuge (Kombination aus Verbrenner und Elektromotor) sind so unnütz wie ein Kropf! Wenn das Fahrzeug mit E-Antrieb bewegt wird, muss die Masse des Verbrennungstriebs mitbewegt werden und vice versa. Dazu kommt, dass die meisten Fahrzeuge wahrscheinlich aufgrund des steuerlichen Vorteils erworben wurden, und nahezu niemals elektrisch angetrieben wurden. Ob der steuerliche Vorteil – über die Laufzeit – den Mehrverbrauch finanziert, lasse ich mal im Raum stehen.

Brennstoffzelle

Wenn heute von Fahrzeugen mit Wasserstoffantrieb gesprochen wird, wird eigentlich immer von Fahrzeugen gesprochen, die mittels Brennstoffzelle aus Wasserstoff elektrische Energie gewinnen, um diese dann für einen elektrischen Antrieb zu nutzen. Fahrzeuge mit Brennstoffzelle haben – gegenüber Fahrzeugen mit reinem E-Antrieb – den Vorteil, dass sie schneller „unterwegs“ mit Wasserstoff betankt werden könnten. Das große Manko: Es gibt noch deutlich weniger Tankmöglichkeiten als es für Elektrofahrzeuge gibt. In ganz Hamburg gibt es (stand 21.03.2023) gerade mal 3 (in Worten: DREI) Wasserstofftankstellen. Quelle H2live. Dazu kommt, dass selbst Hausbesitzer nicht „mal eben“ eine Aufladestation an der Hauswand anbringen können. Und der Gesamtwirkungsgrad liegt mit 34 % deutlich unter dem des reinen Elektroantriebes (75 %). Auch diese Technologie scheint eher für Bereiche geeignet zu sein, in denen reiner Elektroantrieb derzeit noch nicht (oder nur sehr schwer) umsetzbar ist.

Direkter Wasserstoffantrieb

Im Bereich Individualverkehr wird das direkt mit Wasserstoff angetriebene Fahrzeug in den nächsten Jahren keine große Rolle spielen. Zum einen zählt hier das bereits oben genannte Manko „keine Tankstellen“ und des Weiteren eher keine Anbieter für Fahrzeuge mit diesem Antrieb. Toyota hat im Dezember 2022 zwar mit dem „Corolla Cross H2“ ein Konzeptfahrzeug vorgestellt, aber wer wird ein Fahrzeug mit mangelnden Tankmöglichkeiten erwerben? Einen Markt für Fahrzeuge mit direktem Wasserstoffantrieb sehe ich persönlich eher im Bereich Nutzfahrzeuge. Bei eher stationärem Einsatz (Baustellen, Firmengelände etc) lassen sich problemlos eigens betriebene Tankstellen einrichten, die periodisch vom Lieferanten befüllt werden.

Elektroantrieb

Der Elektroantrieb ist derzeit die energieeffizienteste Variante, einen Motor anzutreiben. Denn die eingesetzte elektrische Energie wird ohne jedwede Umwandlung direkt für den Vortrieb genutzt. Die energieintensive Wandlung von Strom in Kohlenwasserstoff (wie bei E-Fuels und Brennstoffzelle) anfällt komplett und ein E-Motor ist somit sparsamer im Verbrauch, da er deutlich weniger Abwärme produziert. Die Energieeffizienz ist etwa 7x höher als bei einem Fahrzeug mit E-Fuels Antrieb.

PKW mit Elektroantrieb sind so teuer!

Ehrlich? Sind sie das? Ja, ein „Porsche Taycan Turbo S Sport Turismo“ kostet über 200.000 € – auch ein Tesla S ist mit 150.000 € kein wirkliches Schnäppchen. Und der Preisbereich für Elektroautos bis 20.000 € ist nicht interessant für Menschen, die sich vornehmlich über ihr Fahrzeug definieren. Aber ein Dacia Spring Essential, der neu für etwas über 20.000 € zu erwerben ist, hat schon eine passable Optik. Und die Höchstgeschwindigkeit von 125 km/h scheint mir persönlich auch ausreichend zu sein. Selbst Volkswagen bietet schon Modelle für deutlich unter 30.000 € an. Am Preis kann es also nicht wirklich liegen.

Es gibt nicht überall Ladestationen

Absolut valides Argument! Da ist noch VIEL Luft nach oben. Das Problem scheint derzeit – in meinen Augen – vor allem im Bereich Politik zu finden sein. In Deutschland ist sowohl das Verkehrs- als auch das Finanzministerministerium in der Hand der FDP. Und diese Partei wehrt sich mit Händen und Füßen gegen die Abkehr vom Verbrennungsmotor. Über die Gründe kann ich nur spekulieren. In meinen Augen sinnvoll wäre es allerdings, wenn das Finanzministerium dem Verkehrsministerium die Möglichkeit bietet, die Ladeinfrastruktur deutlich auszubauen. Hausbesitzer werden bereits steuerlich bei der Installation von sogenannten Wallboxen unterstützt. Die Bewohner von Mietwohnungen müssen hier mit deutlich mehr öffentlichen Lademöglichkeiten unterstützt werden.

Die Herstellung von Batterien versaut die Klimabilanz

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die ökologische Bilanz der Batterieherstellung derzeit noch problematisch ist. Die Herstellung einer PKW-Batterie schlägt derzeit mit ca. 5 Tonnen Kohlenstoffdioxid zu Buche. Allerdings muss bei dieser Betrachtung bedacht werden, dass ein Brennstoffzellenantrieb ebenfalls ca. 5 Tonnen Kohlenstoffdioxid verbraucht, bevor er das erste Mal die Straße sieht. Hierbei versauen die Brennstoffzelle selbst, sowie der Wasserstofftank und die ebenfalls enthaltene Batterie die Statistik. Sehr wichtig ist, dass sich derzeit im Bereich Batterie wissenschaftlich eine Menge bewegt. Daraus ergibt sich auch hier, dass das rein elektrisch angetriebene Fahrzeug den Laufzeitvorteil der Energieeffizienz behält.

Die Reichweite von Elektrofahrzeugen

Immer wieder wird die Reichweite von Elektrofahrzeugen als Kritikpunkt genannt. Ja, dies könnte ein wirksames Argument sein. Es gibt allerdings ein großes ABER: Wie häufig wird wirklich ein Fahrzeug benötigt, welches mehr Reichweite erzielt, als es die derzeitige Akku-Kapazität von E-Fahrzeugen erlaubt? Fahrzeuge werden doch typischerweise hauptsächlich zum Pendeln zur Arbeitsstätte, zum Einkaufen sowie für Kurzausflüge am Wochenende genutzt. Wie vielleicht bekannt ist, fahre ich seit fast einem Jahr ein elektrisch angetriebenes Motorrad. Reichweite ca. 120 Km. Und ja, ich habe mir – nach dem Erwerb – die Frage gestellt „Warum hast du dir keinen Verbrenner gekauft. Mit einem Verbrenner kannst du schnell mal tanken fahren und dann auch mal weitere Strecken (Ost- oder Nordsee etc) fahren“.

Nach einem Jahr stelle ich allerdings fest, dass diese Frage weitgehend sinnfrei ist: Denn wie oft wäre ich denn weitere Strecken gefahren? Ein oder zweimal vielleicht. Für den absolut vorrangigen Einsatzzweck (zur Arbeit und ein wenig in der Gegend rumfahren) ist die Reichweite des Akkus absolut ausreichend. Wer kauft schon ein Flugzeug, wenn er nur einmal im Jahr nach Marokko fliegen will? Auch wären Nord- und Ostsee mit einem PKW mit E-Antrieb von Hamburg aus problemlos erreichbar – PKW haben eine größere Reichweite. Und sollte es am Zielort die Möglichkeit geben, den Akku zu laden, muss das Fahrzeug nur die einfache Strecke schaffen. Also liebe „Naherholungsgebiete“, ihr wisst, was zu tun ist!

E-Antrieb macht Spaß

Wie oben schon beschrieben, fahre ich seit knapp einem Jahr ein E-Motorrad. Und es macht verdammt viel Spaß, ohne den Lärm des Motors über die Straße zu „gleiten“. Ich verstehe die Motorradfahrer nicht, die der Meinung sind „Es muss knattern“. Wenn ich über Landstraße fahre, fühle ich mich – ohne den Lärm – deutlich näher an der Natur. Das einzige wahrnehmbare Geräusch ist der Wind im Helm. Großartig! Früher schaute ab und an mal ein Nachbar aus dem Fenster, wenn ich mit meinem Verbrenner auf den Hof knatterte. Heute wird mein Erscheinen mit „Hast du dich wieder auf den Hof geschlichen“ kommentiert.

Ein weiterer Spaßfaktor ist die Beschleunigung. Egal ob ich mit meinem Motorrad oder mit einem Carsharing-PKW unterwegs bin. Selbst PS-starke Fahrzeuge sehen typischerweise nur meine Rücklichter (wenn ich es darauf anlege!), wenn wir an der Ampel losfahren. Elektroantrieb macht (mir) deutlich mehr Spaß.

Schlusswort

Da ich mich aus persönlichem Interesse bereits seit über 10 Jahren intensiv mit dem Thema Individualverkehr beschäftige, ist dieser Artikel deutlich lang geworden. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir sparsam mit der Energie haushalten müssen (Umweltschutz!). Aus diesem Grund ist das E-Mobil mein absoluter Favorit. Des Weiteren sollten wir unbedingt die Städte vom raumgreifenden Individualverkehr entlasten. Ich weiß, dass ich die Wahrheit nicht gepachtet habe – auch wenn ich versuche mein Wissen aktuell und faktenbasiert zu halten, muss ich nicht immer recht haben. Deshalb bin ich an einer konstruktiven Diskussion (Trolle können weiterziehen) sehr interessiert.

Schluss-Schluss Wort. Während ich diesen Eintrag schrieb, wurde in der ARD-Mediathek eine Serie mit dem Titel „Wir können auch anders“ veröffentlicht, die sich mit dem Thema Klimakrise auseinandersetzt. Die erste Folge beschäftigt passenderweise sich mit dem Thema Individualverkehr 🙂

https://www.ardmediathek.de/video/wir-koennen-auch-anders/besser-unterwegs-s01-e01/swr/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzE4MjQ5MjM