Die wahren Schmarotzer: Selbstständige, die direkt oder indirekt HARTZ IV beziehen

Wieder einmal ist HARTZ-IV ein Thema. Diesmal wird nicht auf die (meist unverschuldet!) Arbeitslosen eingeprügelt, sondern die Dresche geht in eine (zumindest teilweise) berechtigte Ecke:

In der Bundesagentur für Arbeit wächst die Sorge vor einem Missbrauch des Sozialstaats: Laut „Süddeutscher Zeitung“ stocken immer mehr Selbständige ihre Einkünfte mit Hartz IV auf.

Quelle: Spiegel. Bevor man alle über einen Kamm schert, muss man diejenigen Bezieher herausrechnen, die mittels der Selbstständigkeit versuchen aus dem Hartz-IV Bezug auszubrechen. Dass diese (wenn ich es recht entsinne) ein halbes Jahr von der Gesellschaft stabilisierend gefördert werden: Stehe ich hinter. Wenn diese Menschen dadurch den Absprung schaffen – gut gemacht.

Wenn ich aber lese:

Demnach tauchen in den Jobcentern sogar Firmeninhaber mit mehreren Mitarbeitern auf und beantragen Hartz IV – teils mit Erfolg.

platzt mir der Kamm. Denn es ist doch wohl davon auszugehen, dass dann entweder auch die Mitarbeiter nur einen Hungerlohn beziehen und aufgestockt werden müssen, oder der Betreiber des Unternehmens ist ein betrügerischer …..

Denn abgesehen davon, dass diese Aasgeier den Staat durch teilweise gefälschte/“geschönte“ Bilanzen betrügen, darf man wohl auch davon ausgehen, dass sie zu Dumpingpreisen versuchen bereits bestehende Gewerbe zu unterbieten und damit für eine Ausbreitung des sozialen Ungleichgewichts verantwortlich sind.

Und von den Steuerbetrügern auf Vorstandsposten will ich gar nicht reden. Verdammt, wieso lassen wir ehrliche Menschen uns soviel von den Schmarotzern der Gesellschaft gefallen?

Aushilfe gesucht 18:00 – 24:00

Mal ehrlich, was sagt uns ein Aushang in einer Videothek auf dem zu lesen steht:

Aushilfe gesucht 18:00 – 24:00

  • Das (nur heute?) zwischen 18:00 und 24:00 jemand in diesem Laden anwesend ist, der eine Aushilfe sucht? Oder eher
  • Das für Arbeitszeiten in denen kaum ein Mensch mit einem Rest an sozialer Bindung gern arbeitet, auch noch ein Hungerlohn bezahlt werden soll?

Ich schätze ja mal, das das Zweitere der Fall ist: Da sucht der Betreiber der Videothek eine junge, hilflose Person die – typischerweise – für einen Hungerlohn die Arbeit macht. Bis 24:00 bedeutet auch „Bis Betriebsschluß“, was bedeuten kann (nicht muss), dass auch der Tagesabschluss gemacht werden muss, das Geld zur Bank gebracht wird und eventuell sogar noch „mal eben schnell durchgesaugt“ wird. Für all dies wird also eine „Aushilfe“ gesucht.

Wisst ihr, was das erbärmliche ist? Schon vor knapp 25 Jahren wurden in Videotheken nur Sklavenjobs vergeben. Selbst die – typischerweise lokal von den Ketten eingesetzten – „Geschäftsführer“ verdienen meist weniger als eine Kassiererin bei Aldi. Ich dufte da mal in die Szene reinriechen: Diese Branche war schon sehr früh sehr weit vorn in der Ausbeutung von hilflosen Menschen die einfach nur einen Job wollen und Geld verdienen müssen.

Oft wird, wo „Aushilfe gesucht“ angeschlagen steht, nur ein Handlanger, der besonders flexibel und vor allem belastbar sein soll, gesucht. So wie von der Einzelhandelskette, bei der ich – als ~12 Jährigen – damals die Pfandflaschen in Kisten sortierte und doch glatt 2 DM die Stunde bekam. War für mich sehr viel Geld damals – und für die Filialleiterin ein sehr gutes Geschäft! Denn sonst hätte diese Arbeit eine vollbezahlte Kraft machen müssen.

Kleidungsdiscounter KiK definiert „sozial gerechtfertigte Kündigung“

Wer sich einmal mit dem Kündigungsschutz auseinander setzen musste (oder dies freiwillig tat), weiss dass (betriebsbedingte) Kündigungen sozial gerechtfertigt sein müssen.  Das Stichwort heisst Sozialauswahl und wird bei Wikipedia wie folgt beschrieben:

Die Sozialauswahl ist ein Begriff aus dem deutschen Arbeitsrecht. Nach § 1 Abs. 3 KSchG ist eine Kündigung auch dann sozialwidrig und damit unwirksam, wenn zwar dringende betriebliche Gründe für eine Kündigung vorliegen, der Arbeitgeber aber bei der Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Die Notwendigkeit, eine Sozialauswahl vorzunehmen, setzt also in der Regel die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes voraus und ist nur bei betriebsbedingten Kündigungen erforderlich.

Auch hilft uns Wikipedia, welche sozialen Gesichtspunkte zum Tragen kommen:

  • Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • Lebensalter
  • Unterhaltspflichten
  • Schwerbehindertenrecht (Deutschland)

Unterhaltspflichten, aha. Der Welt entnimmt man:

Deutschlands größter Textildiscounter KiK hat über mehrere Jahre systematisch die persönlichen Vermögensverhältnisse seiner vielen tausend Mitarbeiter ausgeforscht. Dies geschah nach Recherchen des ARD-Magazins „Panorama“ mit dem Ziel, sich von ihnen zu trennen, wenn sie in finanziellen Schwierigkeiten steckten. Guido Hagelstede, ein langjähriger KiK-Bezirksleiter, dem bis zu 15 Filialen und mehr als 100 Mitarbeiter unterstanden, schildert in „Panorama“, solche Informationen über die Bonität der KiK-Mitarbeiter seien bei der Auskunftei „Creditreform“ eingeholt worden. Er selbst, so der ehemalige Bezirksleiter, habe sich auf Anweisung von oben wegen solcher Negativauskünfte von Mitarbeitern trennen müssen oder ihre Verträge nicht verlängern dürfen.

Nun ist KiK nicht gerade dafür bekannt, seine Mitarbeiter fürstlich zu entlohnen. Wer bei seiner Bank den Dispokredit nutzt, wird nicht an der Kasse eingesetzt. Lohndumpoing wurde auch bereits 2008 gerichtlich attestiert:

Gerade mal 5,20 Euro zahlte KiK einer Verkäuferin aus Mülheim an der Ruhr. Die verklagte den Textildiscounter dafür – und bekam Recht: Nach einem Urteil des Arbeitsgerichtes Dortmund muss KiK den Stundenlohn der Teilzeit-Angestellten nun um rund drei Euro anheben. Angemessen seien mindestens 8,21 Euro, so das Gericht. Die bisherige Bezahlung der 58-Jährigen sei sittenwidrig.

Ist doch super: Wer wegen des gezahlten Hungerlohns in Schwierigkeiten kommt, fliegt raus. Besonders davon betroffen sind wahrscheinlich alleinerziehende junge Mütter. Das Kündigungsschutzgesetz soll genau DIES verhindern.

Wann wird KiK endlich dichtgemacht? Diese Art der Mitarbeiterbehandlung ist doch schon lange nicht mehr – auch nur ansatzweise – tolerabel.