Aushilfe gesucht 18:00 – 24:00

Mal ehrlich, was sagt uns ein Aushang in einer Videothek auf dem zu lesen steht:

Aushilfe gesucht 18:00 – 24:00

  • Das (nur heute?) zwischen 18:00 und 24:00 jemand in diesem Laden anwesend ist, der eine Aushilfe sucht? Oder eher
  • Das für Arbeitszeiten in denen kaum ein Mensch mit einem Rest an sozialer Bindung gern arbeitet, auch noch ein Hungerlohn bezahlt werden soll?

Ich schätze ja mal, das das Zweitere der Fall ist: Da sucht der Betreiber der Videothek eine junge, hilflose Person die – typischerweise – für einen Hungerlohn die Arbeit macht. Bis 24:00 bedeutet auch „Bis Betriebsschluß“, was bedeuten kann (nicht muss), dass auch der Tagesabschluss gemacht werden muss, das Geld zur Bank gebracht wird und eventuell sogar noch „mal eben schnell durchgesaugt“ wird. Für all dies wird also eine „Aushilfe“ gesucht.

Wisst ihr, was das erbärmliche ist? Schon vor knapp 25 Jahren wurden in Videotheken nur Sklavenjobs vergeben. Selbst die – typischerweise lokal von den Ketten eingesetzten – „Geschäftsführer“ verdienen meist weniger als eine Kassiererin bei Aldi. Ich dufte da mal in die Szene reinriechen: Diese Branche war schon sehr früh sehr weit vorn in der Ausbeutung von hilflosen Menschen die einfach nur einen Job wollen und Geld verdienen müssen.

Oft wird, wo „Aushilfe gesucht“ angeschlagen steht, nur ein Handlanger, der besonders flexibel und vor allem belastbar sein soll, gesucht. So wie von der Einzelhandelskette, bei der ich – als ~12 Jährigen – damals die Pfandflaschen in Kisten sortierte und doch glatt 2 DM die Stunde bekam. War für mich sehr viel Geld damals – und für die Filialleiterin ein sehr gutes Geschäft! Denn sonst hätte diese Arbeit eine vollbezahlte Kraft machen müssen.

Die Relationen des CDU-Innenpolitikers Holger Stahlknecht

Es gibt Politiker, deren Amtsbefähigung man aus Ihren Aussagen ableiten kann. CDU-Innenpolitiker Holger Stahlknecht möchte ich als heutiges Beispiel nehmen. Nachdem Stahlknecht schon durch die Erkenntnis von „kriegsähnlichen Zuständen“ bei Demonstrationen auf sich aufmerksam machte, legt es jetzt über die Volksstimme noch einmal eine kräftige Kelle nach:

„Zwischen der theoretischen Betrachtung von Sesselhockern und der Lebenswirklichkeit eines Bereitschaftspolizisten dürfte es allerdings einen meilenweiten Unterschied geben.“ Er appellierte an die Vorgesetzten, bei der Aufklärung der Vorfälle die „Verdienste der Bereitschaftspolizisten nicht zu vergessen und bei der Ahndung die Verhältnismäßigkeit zu wahren“.

Meint er die Verhältnismässigkeit nach der sein Parteikollege Sauerland aus Duisburg nach der Mitschuld an 21 Toten, 500 Verletzten und ungezählten Traumatisierten noch einen Pensionsanspruch von geschätzten 2,25 Millionen Euro ersitzt? Oder meint er die Verhältnismässigkeit, nach der Polizeibeamte die sich einer weitaus schwereren Tat schuldig gemacht haben (vorsätzliche, schwere Körperverletzung), mit der Einstellung des Verfahrens rechnen dürfen?

Ja, nach DER Verhältnismässigkeit kriegen DIESE Randale-Polizisten bestimmt sogar noch eine Belobigung, schliesslich haben Sie das Hotel nicht komplett eingerissen.

Sollte ich mal irgendwann massiv den Ruf meines Arbeitgebers schädigen und diejenigen Beleidigen, die mein Gehalt bezahlen, werde ich mich gern an die wohlwollenden Worte von Herrn Stahlknecht erinnern. Auch die Sekretärinnen, Altenpflegerinnen und Kassiererinnen , die sich wegen des Genusses einer Frikadelle, eines Stück Backwaren oder eines „verschwundenen“ Pfandbons  vor dem Arbeitsgericht wiederfanden, werden die moralische Unterstützung des CDU-Politikers zu schätzen wissen.

Und ich bin mal wieder kotzen.

Wie Armut Menschen verändern kann

Es gibt Dinge, die passieren einfach – man nimmt sie für sich als selbstverständlich hin. Dennoch sollte man stets auch das eigene Handeln mal ein wenig überdenken, teilweise sind die Erkenntnisse hochgradig interessant.

Ich bin süchtig, Raucher. Gerade in der Hartz-IV-Zeit war der Tabakkonsum (und der Erwerb der Rauchwaren) ein massives kostentechnisches Problem. Dankenswerter Weise sind Zigarillos aufgrund der reduzierten Tabaksteuer preiswerter zu erwerben und ich fand die preiswerte Marke Tourbillion bei meinem Minimal-Markt (jetzt Rewe). Diese Zigarillomarke hatte eine zeitlang ein Produktionsproblem: Es klebten immer zwei Schachteln zusammen und so ergab es sich, das des öfteren meine beiden Schachteln von der Kassiererin als eine Schachtel gescannt wurde. Damals (ich gebe es ungern zu, will aber ehrlich bleiben) freute ich mich über die Ersparniss.

Ich will euch nicht mit einer Beichte langweilen, sondern komme auf obige Bewandnis, da sich mein Verhalten heute geändert hat. Vor 2 Wochen wollte ich eine Stange Zigaretten  „Big-Box“ erwerben (Stangenpreis 40€), bekam aber zu diesem Preis irrtümlich eine Stange Maxi-Pack (Stangenpreis 48€) ausgehändigt. Erst Zuhause stellte ich fest, dass diese Schachteln irgendwie grösser waren. Am nächsten Tag besuchte ich den Tabakhändler und erklärte ihm, dass er sich vergriffen hätte und er noch acht Euro von mir bekommt.

Was haben diese beiden Erlebnisse/Verhaltensweisen miteinander zu tun?

  1. Es macht sicher einen Unterschied, ob der Geschäftspartner ein anonymes Großunternehmen oder ein kleiner Einzelhändler ist, aber
  2. Wenn man es sich erlauben kann, ist man gern ehrlich. Es bereitet Freude.(Gieriges Managergesocks einmal ausgenommen *gg*)
  3. Mit begrenzten Mitteln fällt es deutlich schwieriger sich den Luxus zu erlauben ehrlich zu sein.
  4. Wer mit knappen Mitteln in diesen Situationen besteht verdient Respekt.
  5. Wer mit ausreichenden Mitteln in diesen Situationen versagt, verdient Schlaflosigkeit und tagelangen Dünnpfiff!

Ich mit sicherlich kein Engeln und weit davon entfernt vom Papst seelig oder gar heilig gesprochen zu werden. Aber es ist doch sehr interessant, wie unterschiedlich der mensch in unterschiedlichen Situationen und unter unterschiedlichen Bedingungen sein Verhalten ändert.