Ist das Internet kostenlos?

Man liest so viel vom Anspruchsdenken der Internetbenutzer, und dass es ein Fehler war, dass das Internet jemals kostenfrei war.

Als jemand, der sich schon sehr lange im Internet bewegt (sowohl als Verbraucher, als auch als Anbieter) kenne ich keine Kostenloszeit – hat es nie gegeben. Sicherlich habe ich mit dem zur Verfügung stellen von Informationen kein Geld verdient, allerdings hat mich das Anbieten von Informationen immer Geld gekostet. Nur weil der Verbraucher nichts zahlt, heisst es nicht, dass die Informationen kostenfrei sind. Ich habe sehr wohl die Hardware, den Internetzugang als auch die Pflege (Arbeit) stets als „Last“ erkannt und eben getragen.

Ich habe die Kosten getragen, weil Informationen, EDV und die damit verbundene Technik mein Hobby ist. Es ist vor allem die Medienbranche, die über „Kostenloskultur“ jammert. Aber haben nicht die Printmedien überschlagen, als es darum ging „online“ zu gehen? Wurde nicht ohne Ende Geld in teilweise obskure Projekte investiert? Wer erinnert sich nicht noch an die unsagbar schlechten, unleserlichen Webseiten, die von Print-„Fuzzi“ erstellt waren?

Ich kann mich nicht hinstellen und den Nachbarskindern jahrelang erklären, dass sie gern die Äpfel und Birnen von meinen Bäumen pflücken dürfen und ich froh bin über jedes Kind, dass bei mir über die Hecke steigt, um dann nach Jahren einen Zaun zu ziehen und eine Registrierkasse aufzustellen. Die Kids haben ein gefühltes Gewohnheitsrecht auf mein Obst. Genau so ergeht es jetzt den Printmedien, die es einfach nicht schaffen ein tragfähiges Geschäftsmodell für Onlineinhalte zu präsentieren.

Auch die Musikindustrie erlebt gerade, dass sich ihr Geschäftsmodell überlebt hat. Nicht die Anwender machen den grossen Denkfehler, sondern die Anbieter. Niemand ist auf die Idee gekommen, den Pferdezüchtern ein „Ausfallgeld“ zu zahlen, als die ersten Kraftfahrzeuge auf den Strassen gesichtet wurden. Es ist ein Problem, dass wir erst seit dem 20sten Jahrhundert kennen, dass der Bürger für träge Konzerne, die die Zeichen der Zeit nicht sehen, eine Ausfallbürgschaft bei unternehmerischen Fehlentscheidungen zahlen soll. Dies trifft im Internet die Musik- und die Printbranche, in anderen Bereichen die Stromerzeuger, Versicherer und Banken. Stets soll die Allgemeinheit retten, was Manager versiebten.

Die Äpfel in Nachbars Garten, die waren kostenfrei. Das Internet noch nie. Entweder ich sehe die Betätigung als Hobby, oder ich muss mir zeitnah Gedanken machen, wie ich in einem neuen Umfeld mit neuen Geschäftsmodellen noch Ertrag erwirtschaften kann. Wenn ich das nicht schaffe: Abgang.

Aushilfe gesucht 18:00 – 24:00

Mal ehrlich, was sagt uns ein Aushang in einer Videothek auf dem zu lesen steht:

Aushilfe gesucht 18:00 – 24:00

  • Das (nur heute?) zwischen 18:00 und 24:00 jemand in diesem Laden anwesend ist, der eine Aushilfe sucht? Oder eher
  • Das für Arbeitszeiten in denen kaum ein Mensch mit einem Rest an sozialer Bindung gern arbeitet, auch noch ein Hungerlohn bezahlt werden soll?

Ich schätze ja mal, das das Zweitere der Fall ist: Da sucht der Betreiber der Videothek eine junge, hilflose Person die – typischerweise – für einen Hungerlohn die Arbeit macht. Bis 24:00 bedeutet auch „Bis Betriebsschluß“, was bedeuten kann (nicht muss), dass auch der Tagesabschluss gemacht werden muss, das Geld zur Bank gebracht wird und eventuell sogar noch „mal eben schnell durchgesaugt“ wird. Für all dies wird also eine „Aushilfe“ gesucht.

Wisst ihr, was das erbärmliche ist? Schon vor knapp 25 Jahren wurden in Videotheken nur Sklavenjobs vergeben. Selbst die – typischerweise lokal von den Ketten eingesetzten – „Geschäftsführer“ verdienen meist weniger als eine Kassiererin bei Aldi. Ich dufte da mal in die Szene reinriechen: Diese Branche war schon sehr früh sehr weit vorn in der Ausbeutung von hilflosen Menschen die einfach nur einen Job wollen und Geld verdienen müssen.

Oft wird, wo „Aushilfe gesucht“ angeschlagen steht, nur ein Handlanger, der besonders flexibel und vor allem belastbar sein soll, gesucht. So wie von der Einzelhandelskette, bei der ich – als ~12 Jährigen – damals die Pfandflaschen in Kisten sortierte und doch glatt 2 DM die Stunde bekam. War für mich sehr viel Geld damals – und für die Filialleiterin ein sehr gutes Geschäft! Denn sonst hätte diese Arbeit eine vollbezahlte Kraft machen müssen.

Dokumentationen: Behaltet euren Dreck, wir haben besseres verdient

Das Bilder und Videos „geschönt“ (um nicht zu sagen manipuliert) werden ist für den Menschen mit Restintelligenz  nichts besonderes. Auch dass es „sogenannte Dokumentationen“ gibt, in den Gerichts, Ermittlungs- und noch ganz andere Fälle nachgestellt werden sollte uns geläufig sein. Es ist halt einfacher etwas zu konstruieren, als das was man – quotenbringend – zeigen will in freier Wildbahn zu finden.

Der „optische Betrug“ macht auch vor Tierdokumentationen nicht halt:

„Wir haben ein totes Tier am Straßenrand gefunden und es an unseren Set gelegt“, sagte Palmer. Die Wölfe im Film seien außerdem keine Wildtiere gwesen, sondern extra für die Arbeit vor der Kamera trainiert worden. Die Höhle, in der sie angeblich lebten, sei nachgebaut worden. „Die Wolfsmutter verhält sich so, als wäre sie in einem echten Bau. Das könnte man so im Prinzip auch in freier Wildbahn beobachten“, sagt Palmer. „Aber unsere Wölfin ist an die laute Kamera und den Kameramann gewöhnt.“ Fazit: Die Filmszenen seien „alle erfunden.“

Mit seinem Buch „Shooting in the Wild“ stellt der Regisseur die Dokumentarfilm-Branche bloß. „Wenn Sie in einem Film einen Bären sehen, der einen Rehkadaver verspeist“, schreibt Palmer darin laut „Washington Post“, „dann ist es höchstwahrscheinlich ein gezähmtes Tier, das nach Süßigkeiten sucht, die der Tierfilmer im Bauch des Rehs versteckt hat.“

Er selber habe für Filme außerdem Schicksalsgeschichten um Tiere erfunden, gibt Palmer zu. Als Beispiel nennt er die Wale aus einer erfolgreichen Dokumentation über die Wanderung der Meeressäugertiere von Hawaii nach Alaska. In dem Film legen Wal-Mutter „Misty“ und ihr Kalb „Echo“ die gesamte Strecke gemeinsam zurück – gefährliche Hindernisse inklusive. „Das haben wir uns ausgedacht“, gibt Palmer zu. „In Hawaii gibt es viele Wale, weil sie dort bevorzugt kalben. Mutter und Jungtier, die Alaska erreichen, sind aber nicht die selben wie beim Start ihrer Reise in Hawaii.“ Kurz: „Misty“ und „Echo“ gibt es nicht.

lese ich im Spiegel. Ist das nicht wunderbar?

Was kann man noch glauben? Was darf der Fernsehzuschauer noch von dem Begriff „Dokumentation“ erwarten?

Geht es nur noch um den Schein, hat das Reale keinerlei Wertigkeit mehr?

Ist der Satz von Michael Spreng „Um so mehr Politiker beteuern, sie würden keinen Wahlkampf berteiben, desto mehr tun sie dieses“? Auf alle unsere Lebensbereiche anwendbar? Ist umso größer Doku draufsteht, desto weniger Realität enthalten?

Wo soll das enden? Wollen wir das überhaupt wirklich, oder lassen wir uns von der Industrie das Hirn einweichen um unser eigenes Elend zu verdrängen? Warum lehnen wir uns nicht auf und erklären: Behaltet euren Dreck, wir haben besseres verdient?