„Vorn einsteigen“ oder „Der Deutsche ist zu Obrigkeitshörig“

Ich habe hier bereits thematisiert, dass bei mir in der Gegend der HVV (Hamburgischer Verkehrs Verbund“ unter dem Vorwand einer Studie die Leidensfähigkeit der Fahrgäste testet. Es geht darum nur vorn einzusteigen und beim Einsteigen die Fahrkarte vorzuzeigen.

Wie Obrigkeitshörig der Germanicus Vulgaris (saudämlicher Deutsche) ist, wurde mir heute von der Laienspieltruppe der Feierabendfahrgäste gezeigt.

Der Bus kommt, bremst und der Busfahrer steigt aus um einem Rollifahrer behilflich zu sein, der an dieser Haltestelle aussteigen wollte. Und was machen die ca. 30 potentiell zusteigenden Fahrgäste? Sie warten! Sie warten tatsächlich an der offenen Bustür darauf, dass der Busfahrer wieder seinen Platz einnimmt und Fahrkarten kontrollieren kann. Erst auf mein laut vernehmliches „Typisch deutsch, die warten bis sie sich kontrollieren lassen können“ bekam ich amüsierte Blicke zugeworfen und diese Vollhorsts (weiblich, mittelalt), die vorn als erstes standen, schlichen sich langsam in den Bus.

Verdammt. So wird das bei uns nie was. Es ist tatsächlich so, dass eine Revolution nicht stattfinden kann, weil das Betreten des Rasen verboten ist.

Liquidfeedback kann nur eine Entscheidungshilfe sein #LQFB

Umso mehr ich in den Foren der Piratenpartei stöbere und Menschen über die Revolution der Demokratie mittels LQFB (Liquidfeedback) reden und schreiben höre umso verwirrter werde ich.

Es ist großartig, dass die Piraten stets die Basisdemokratie fordern, das ist auch richtig und gut so. Aber die Auswüchse dieses Anspruchsdenkens (etwas anderes ist der Ruf nach Basisdemokratie nicht) schenken mir eine Lachsalve nach der anderen.

Bedeutet die Einführung und konsequente Umsetzung von LQFB, dass wir eine komplette Basisdemokratie auf die Beine stellen? Nein. Never, niemals, keineswegs, überhaupt nicht, unmöglich. Sorry ihr kleinen verwunschenen Demokratieträumer, es wird Zeit aufzuwachen.

Im Moment fordert die Parteibasis ein Mitspracherecht bei JEDER pobeligen Entscheidung jedweden Vorstandes. Egal ob Bundesvorstand oder Landesvorstand alle Gremien sollen vor jeder Entscheidung erstmal die Meinung des Volkes einholen.

Wisst ihr eigentlich was ihr da – in letzter Konsequenz einfordert? Muss jedes Vorstandsmitglied, vor jeder Entscheidung, eine umfassende Meinung einholen? Muss der Erwerb von Druckerkartuschen vorher mittels LQFB erlaubt werden? Aber halt: Der Lieferant wurde nicht von der Basis als zulässig erklärt!

Liquidfeedback kann nur ein Werkzeug sein, dass etwaigen Gremien bei der Entscheidungsfindung hilft. Mit LQFB hat der Vorstand den Vorteil auch ohne grosse Versammlungen ansatzweise kurzfristig ein Meinungsbild einzuholen. Mehr nicht!

Die Entscheidungen, sprich die Auswertungen und Umsetzungen der Wünsche der Basis bleibt den Gremien weiterhin vorbehalten. Denn sonst bräuchten wir diese gremien überhaupt nicht zu wählen. Organisationen (und auch Parteien sind diese, solche) brauchen  – das liegt in der Natur der Sache – „Vertreter der Masse“. Ansprechpartner für die Aussenwelt. Und diese Vertreter müssen in der Lage sein selbstständig Entscheidungen zu treffen. Wer den gewählten Vertretern dieses Recht abspricht hat etwas grundsätzliches nicht verstanden, oder ignoriert es bewusst.

Ihr – die Basis – habt die Möglichkeit jederzeit eure Meinung zu einzelnen Themen mitzuteilen. Das dieses wesentlich einfacher geht als durch stete Sitzungen und Versammlungen ist der einzige Vorteil, den LQFB bietet. Aber nur weil 80% einer „Abstimmung“ sich mittels LQFB für eine Steuerbefreiung aller Kiffer ausspricht, kann niemand erwarten, dass diese Steuerbefreiung auch ins Parteiprogramm aufgenommen wird. Bewerten und entscheiden müssen weiterhin, selbstständig und allein die gewählten Vertreter. Diese kann man wählen und abwählen, aber stets an ihnen rum zu mäckeln ist kontraproduktiv und hält die eigentliche Sache auf.

Ich habe fertig.

Leben wie ein intelligenter Bürger in Frankreich

Ja, die Franzosen hatten und haben es drauf. Heute müsste man als Deutscher wie folgt formulieren:

WIE KOMMT ES ZUR REVOLUTION

Deutschland war vor der Revolution in 3 Stände eingeteilt. (1.Stand Wirtschaft; 2.Stand Politik; 3.Stand Bürger)

Der 1. und 2.Stand unterdrückten die Bürger durch hohe Abgaben und Steuern. Auf alles mußte Steuergeld bezahlt werden. So gab es Steuern auf: Grund und Boden, Kopfsteuer, Luxussteuer, und die indirekte Steuer auf alles, während Politiker und Wirtschaft sich gegenseitig Steuern und Subventionen zukommen ließen.
So entstanden große Hungersnöte, da das Einkommen immer sank während die Preise stiegen.

Das Reizzentrum, ein kleines Blog, verbreitete eine Posting unter dem Titel:“Leben wie ein intelligenter Bürger in Frankreich“ Darin schrieb er, 200 000 Priviliegierte (Bevorechtigte) leben von der harten Arbeit der 80 Millionen des 3.Standes im Überfluß.

Frei nach einem Text von Unki. Aber genau das wird nicht passieren, wir Deutschen sind – trotz Stuttgart 21, Gesundheitsreform, Ausgrenzung der Arbeitslosen sowie Bildungsnotstand – immer noch viel zu brav.

Ein Blick zu den Franzosen (das sind die mit den stets kleinwüchsigen Anführern, wie Napoleon Bonaparte oder Sarkozy), zeigt uns wie man sich wirklich auflehnt:

Der Widerstand gegen die Rentenreform in Frankreich mit der Anhebung des Rentenalters von 60 auf 62 Jahre gewinnt an Schärfe. Mehrere Arbeitnehmervertretungen in den großen Staatsunternehmen haben für den kommenden Dienstag einen sogenannten „verlängerbaren Streik“ angekündigt, der zu einer mehrtägigen Kraftprobe mit Präsident Nicolas Sarkozy und seiner Regierung führen wird.

Quelle FAZ. Tja, die können nicht nur guten Wein produzieren und diesen bei leckerstem Essen zu sich nehmen, die wissen auch wie man die Großkopferten im Schach hält. Und wir? Und glaubt man nicht, dass die Franzosen keine „innere Sicherheit“ haben. Bei denen rennt das Militär mit Schnellfeuergewehren ausgestattet in Dreierstreifen über die Bahnhöfe(!). Und das nicht zu knapp. Dennoch sind die deutlich aufmüpfiger, als wir obrigkeitshörigen Deutschen.