Sachpolitik auf Basis von Kompetenz und Vernunft

Nun also soll die Piratenpartei daran schuld sein, dass nach der nächsten Bundestagswahl wohl Frau Merkel weiter Kanzlerin bleibt und wir von einer großen Koalition regiert werden „müssen“.

Aber wieso? Es gibt doch Alternativen:

  1. Die SPD (als ehemaliger Platzhirsch) könnte es versuchen über Inhalte wieder eine absolute Mehrheit oder zumindest eine ausreichende Menge an Stimmen für eine Koalition mit den Grünen zu erlangen
  2. Die Grünen könnten es schaffen eine ausrechende Menge an Wählern hinter sich zu bringen um (als Ersatz für die SPD) eine Koalition mit der CDU anzustreben

OK, ich gebe zu – das ist alles sehr unwahrscheinlich. Und meine Idee (Phantasie) ist sogar noch unwahrscheinlicher, erscheint mir aber der einzig sinnvolle Weg für das Land und die Bürger zu sein: Keine Koalitionen sondern Sachpolitik auf Basis von Kompetenz und Vernunft.

Warum sollte nicht ein z.B. 7% Partei den Kanzler/die Kanzlerin stellen? Warum sollte keine „Oppositionspartei“ auch Minister/innen stellen? Und warum müssen Abgeordnete entgegen ihrer eigenen Vernunft bei Abstimmungen Fraktionsmeinungen vertreten?

Das ursächliche Problem ist nicht, dass es keine Partei mehr die absolute Mehrheit erreicht. Das Problem sind persönliche Befindlichkeiten und Machtphantasien. Welche vernünftige Argument spricht dagegen, dass eine 7%-Partei den Kanzler/die Kanzlerin stellt? Wer definiert, dass die am stärksten vertretene Partei auch die fähigsten Personen für alle zu vergebenen Ämter in ihren Reihen hat? Die stärkste Partei stellt die meisten Abgeordneten – das ist ein Fakt und dies ist auch gut so. Aber warum müssen die Posten – per Dekret – innerhalb der Partei vergeben werden? An dieser Stelle geht es doch nur um die Macht (und das Geld) in den eigenen Reihen. Es geht nicht – und so sollte es doch sein – darum, dass die Aufgaben von den am besten befähigten Personen erledigt werden.

Und was ist mit den Abstimmungen? Wenn Abgeordnete sich an ihr Gewissen (und somit an den Auftrag der Wähler! – nicht der Sponsoren) halten, kann auch ein Politiker der „AKW-Ja-Partei“ sehr wohl gegen ein Atomkraftwerk im Nordseewatt stimmen. Es geht doch schlussendlich um vernünftige Lösungen für das Volk und das Land.

Vielleicht bin ich ein Phantast – aber ich hoffe, dass wir in ein paar Jahren von einer Regierung vertreten werden, die vernunftbetont und nicht auf Grund von Parteibuch und egozentrischen Motiven agiert.

Worte des neuen ersten Vorsitzenden #Piraten

Der ZEIT gab der neue Vorsitzende der Piratenpartei – Sebastian Nerz – ein Interview, in dem ich einige interessante Aussagen finde. Dazu möchte ich anmerken, dass die Zeit ein sehr ernst genommenes Medium ist und keine Schülerzeitung. Insofern sollte man folgende Aussagen auch kritisch hinterfragen dürfen, denn auch andere werden Nerzs Aussagen interpretieren.

ZEIT ONLINE: Sind Sie für das bedingungslose Grundeinkommen?

Nerz: Ich fände es schön, wenn es funktionieren würde. Aber ich glaube nicht, dass es in einer globalisierten Volkswirtschaft umsetzbar ist.

Wer nicht an die Umsetzbarkeit des bedingungslosen Grundeinkommen glaubt, wird wohl kaum diesbezügliche Anstrengungen der Partei unterstützen.

ZEIT ONLINE: Glauben Sie, dass Sie Politikverdrossenheit mit Liquid Feedback entgegenwirken können?

Nerz: Ich bin kein überzeugter Liquid-Feedback-Fan. Es ist ein interessantes Tool, um Meinung zu erheben, aber ich halte es nicht für sinnvoll, um Beschlüsse zu fassen. Man hat dort keine Möglichkeit, anonym abzustimmen. Es gibt also keine Möglichkeit, Meinungsfreiheit wirklich umzusetzen.

Nur am Rande: „Kein überzeugter Fan“? Gibt es auch unüberzeugte Fans? Aber egal. Soweit ich diesbezügliche Systeme kenne, kann es keine sicheren und wirklich anonymen Abstimmungen geben. Das gerade die Piraten, welche Toleranz gegenüber anderen Meinungen in der Fahne stehen haben sollten, Meinungsfreiheit an der 100%igen Anonymität festmachen sollten, entzieht sich meiner Sicht der Dinge. Aber vielleicht bin ich da auch ein wenig unterinformiert oder schräg.

ZEIT ONLINE: Sollte das nicht eigentlich Ihre Stärke sein: sich zu vernetzen, transparent zu sein, zu kommunizieren?

Nerz: Das stimmt. Aber viele Köche verderben den Brei. Wenn jeder von etwas viel Ahnung hat, gibt’s Missverständnisse, wie man’s am besten macht.

Viele Köche verderben also den (Meinungsfindungs)Brei? Das hört sich ein wenig nach Herrschaftsdenken an. Ich mag mich irren, aber wer ein Problem damit hat, dass alle Köche aktiv an der Zusammenstellung der Speisekarte beteiligt sind, verhindert, dass wegweisende Minderheitenmeinungen es an die Spitze schaffen.

Ich fürchte, die Piraten haben da gerade den Rückwärtsgang eingelegt. Ich lasse mich gern das Gegenteil beweisen. Time will tell.

Analyse der TAZ-Leser und der Grünen

Die TAZ macht eine Umfrage zum Rücktritt Guttenbergs und das Ergebnis ist – zumindest für mich – erschreckend:

Umfrage Guttenberg RücktrittNochmal für euch, falls das für euch genau so unbegreiflich ist wie für mich:

82,9% der TAZ-Leser sind der Meinung mit dem Rücktritt Guttenbergs hat die Politik ein grosses Talent verloren.

wobei die Tendenz derzeit rückläufig. Waren nicht überwiegend Wähler der Grünen als TAZ-Leser bekannt? So wächst zusammen, was zusammen gehört: Grüne (die für mich schon immer die Partei der besserverdienenden FDP-Wähler war) und die Blender des 21sten Jahrhunderts.

Es ist zwar definitiv nicht repräsentativ, aber ich erlaube mir die Behauptung, dass viele TAZ-Leser Wähler der Grünen sind, und sich mit dieser Abstimmung abzeichnet, welche Art Wähler sich diese ehemalige alternative Umweltschutzpartei rekrutiert. Jutta Ditfurth hat mehr als nur recht.