Welche oder wessen Freiheit ist eigentlich gemeint?

Anmerkung: Über diese Thematik habe ich eine Nacht geschlafen. Es ist nicht der „Schnellschuß aus der Hüfte“, sondern wohl überlegt.

Die Welt ist voller Freiheitskämpfer – seien es „digital natives“, Piraten, Freaks oder andere. Viele Menschen und Gruppierungen kämpfen für die Freiheit. Aber für wessen Freiheit wird da eigentlich gekämpft. Dies kann man wunderbar nachvollziehen, wenn man sich diese leidige Google-Streetview-Thematik anschaut. „Verpixeln oder nicht“ ist gelebte Basisdemokratie, jeder kann für sich bestimmen – ob es den anderen passt oder nicht.

Gestern machte diese Aktion in Twitter die Runde und wurde gefeiert wie dereinst der Sturm auf die Bastille.

Andere „Freiheitskämpfer“ wandern durch die Strassen um verpixelte Häuser zu fotografieren und diese dann nachträglich in Streetview einzustellen um „anarchistisch“ dem ausdrücklichen Wunsch (einzelner..)  Bewohner entgegen zu wirken.

Auch folgende Aktion wurde aus den Reihen der „Freiheitskämpfer“ mit höhnischem Applaus bedacht:

Mehrere Reihenhäuser in Bergerhausen sind in der Nacht aus Samstag mit Eiern beworfen worden. Das berichten Anwohner. An die Briefkästen der Häuser klebten die Täter Zettel mit der Aufschrift „Google’s cool“ („Google ist cool“). Offenbar suchten sie sich ausschließlich solche Häuser aus, die im Panorama-Dienst „Google Street View“ unkenntlich gemacht worden waren.

Quelle DerWesten.

Da fragt man sich doch unwillkürlich, ob diese „Freiheitskämpfer“ noch alle Latten am Zaun haben. Für wen und wessen Freiheit setzen sie sich ein? Nur für ihre eigene Freiheit? Oder für die Freiheit eines jeden Menschen sich so frei zu entfalten, wie es irgendwie so gerade eben möglich ist.

Es geht mir nicht um Fassaden, Uhrheber- oder was-weiss-ich für welche, festgeschriebenen Rechte. Es geht mir um den erklärten Wunsch einzelner Personen und Familien.

Fällt mir wirklich ein Zacken aus der Krone, wenn das Mehrfamilienhaus in dem ich wohne verpixelt ist? Was geht es mich an, wenn mein Nachbar sein Haus verpixeln lässt. Man hört so gern das Argument: Der Wiederverkaufswert der Immobilie sinkt, wenn das Haus verpixelt ist. Ja, das mag – für gewisse Menschen tatsächlich so sein, dass sie gern in einem Haus wohnen würden, dass bei Streetview zu sehen ist. Anderen widerstrebt diese Vorstellung – den meisten Menschen allerdings ist das eher total egal.

Es geht bei der Pixel-Frage auch nicht um technischen Fortschritt. Sollte der ein Argument sein, so müsste man sich für Gentechnik in allen Bereichen sein.

Es geht vielmehr um die Frage: „Muss man alles umsetzen und zulassen“, was

  1. Technisch möglich ist
  2. Sich Andere Wünschen

Bitte liebe Freiheitskämpfer: Lasst die Menschen für sich selbst entscheiden. Und wer den Menschen das Recht auf Verpixelung abspricht, soll mir nie wieder mit Basisdemokratie ankommen. Freiheit ist auch die Freiheit der anders denkenden.

PS: Mein Wohnhaus ist nicht verpixelt und ich diskutiere nicht über „andere werten aber auch aus“. Diese Ebene ist mir zu kindisch.

Liquidfeedback kann nur eine Entscheidungshilfe sein #LQFB

Umso mehr ich in den Foren der Piratenpartei stöbere und Menschen über die Revolution der Demokratie mittels LQFB (Liquidfeedback) reden und schreiben höre umso verwirrter werde ich.

Es ist großartig, dass die Piraten stets die Basisdemokratie fordern, das ist auch richtig und gut so. Aber die Auswüchse dieses Anspruchsdenkens (etwas anderes ist der Ruf nach Basisdemokratie nicht) schenken mir eine Lachsalve nach der anderen.

Bedeutet die Einführung und konsequente Umsetzung von LQFB, dass wir eine komplette Basisdemokratie auf die Beine stellen? Nein. Never, niemals, keineswegs, überhaupt nicht, unmöglich. Sorry ihr kleinen verwunschenen Demokratieträumer, es wird Zeit aufzuwachen.

Im Moment fordert die Parteibasis ein Mitspracherecht bei JEDER pobeligen Entscheidung jedweden Vorstandes. Egal ob Bundesvorstand oder Landesvorstand alle Gremien sollen vor jeder Entscheidung erstmal die Meinung des Volkes einholen.

Wisst ihr eigentlich was ihr da – in letzter Konsequenz einfordert? Muss jedes Vorstandsmitglied, vor jeder Entscheidung, eine umfassende Meinung einholen? Muss der Erwerb von Druckerkartuschen vorher mittels LQFB erlaubt werden? Aber halt: Der Lieferant wurde nicht von der Basis als zulässig erklärt!

Liquidfeedback kann nur ein Werkzeug sein, dass etwaigen Gremien bei der Entscheidungsfindung hilft. Mit LQFB hat der Vorstand den Vorteil auch ohne grosse Versammlungen ansatzweise kurzfristig ein Meinungsbild einzuholen. Mehr nicht!

Die Entscheidungen, sprich die Auswertungen und Umsetzungen der Wünsche der Basis bleibt den Gremien weiterhin vorbehalten. Denn sonst bräuchten wir diese gremien überhaupt nicht zu wählen. Organisationen (und auch Parteien sind diese, solche) brauchen  – das liegt in der Natur der Sache – „Vertreter der Masse“. Ansprechpartner für die Aussenwelt. Und diese Vertreter müssen in der Lage sein selbstständig Entscheidungen zu treffen. Wer den gewählten Vertretern dieses Recht abspricht hat etwas grundsätzliches nicht verstanden, oder ignoriert es bewusst.

Ihr – die Basis – habt die Möglichkeit jederzeit eure Meinung zu einzelnen Themen mitzuteilen. Das dieses wesentlich einfacher geht als durch stete Sitzungen und Versammlungen ist der einzige Vorteil, den LQFB bietet. Aber nur weil 80% einer „Abstimmung“ sich mittels LQFB für eine Steuerbefreiung aller Kiffer ausspricht, kann niemand erwarten, dass diese Steuerbefreiung auch ins Parteiprogramm aufgenommen wird. Bewerten und entscheiden müssen weiterhin, selbstständig und allein die gewählten Vertreter. Diese kann man wählen und abwählen, aber stets an ihnen rum zu mäckeln ist kontraproduktiv und hält die eigentliche Sache auf.

Ich habe fertig.

Die Piraten machen sich in Sachen Basisdemokratie lächerlich #bpt10

Auf dem heutigen Bundesparteitag beweisen Versammlungsleiter und Anwesende, wie innerhalb der Piratenpartei mit der Basisdemokratie wirklich umgegangen wird: Sie wird ignoriert.

Die Piratenpartei hat vor dem Bundesparteitag ein Tool im Internet installiert um die Reihenfolge von Satzungsanträgen und Änderungsanträgen vorab nach Wichtigkeit der Abstimmenden zu sortieren. Dieses Tool wurde vor dem Parteitag fleissig benutzt und das Ergebnis der basisdemokratischen Abstimmung liegt öffentlich als PDF vor.

An Punkt 18 steht Abstimmung über die Einführung von Liquid-Feedback. Liquid-Feedback soll das Meinungsbild der Basis aufnehmen um dann als Piratenmeinung angewendet zu werden.

Wenn nun als erste Amtshandlung im Bereich „Änderungsanträge“ die Willensbildung der Basis durch Abstimmung der Anwesenden ausgehebelt wird, zeigen die Anwesenden und der Versammlungsleiter, dass die Meinung der Basis uninteressant ist. Die Anwesenden machen einfach – über der Kopf der Basis hinweg – ihre eigene Reihenfolge. Es wird also über ein Tool gesprochen, dass innerhalb der Piraten gar keine Bedeutung hat.

Ich fühle mich als Nichtteilnehmer verarscht und ignoriert. Ja, ich bin stinksauer über den Umgang mit dem Ergebnis der Internet-Abstimmung. Aber ich bin dankbar, dass die Piratenpartei Nonstop-Nonsens adelt und den gespielten Witz wieder einführt.