Über die Schwierigkeiten politischer Entscheidungen

Die Energiewirtschaft (wie andere Wirtschaftszweige auch) ist schon seit längerem sehr eng mit der Bundesregierung verbandelt. Erhalten doch z.B. Ex-Kanzler Schröder sowie Ex-Aussenminister Fischer ihre Wirtschaftsrente von Energieunternehmen.

Derzeit wird es zwischen Politikern und Lobbyisten massiv rumoren, steht doch die Verlässlichkeit der Politikeraussagen in Sachen Wirtschaft auf dem Prüfstand. Wahlkampflügen in Richtung Wahlvolk sind eine Seite der Medaille, mit den Parteispendern und potentiellen Arbeitgebern, nach der parlamentarischen Zeit, traut man es sich aber nicht zu verscherzen.

Der Umweltminister Röttgen z.B. gilt seit gestern Abend als „In der Energiewirtschaft schwer vermittelbar, nachdem er bei Anne Will erklärte:

Nach langem Lavieren sprach Röttgen endlich offen aus, dass es jetzt an der Zeit sei, „möglichst schnell aus dieser Kernenergie herauszukommen“.

Quelle Süddeutsche. Raus aus der Kernenergie? Wenn das man so einfach wäre. Die Verlässlichkeit der Regierung in Richtung Wirtschaft – ähh, Lobbyisten und Zahlern – steht auf dem Spiel. Wenn CDU/CSU und FDP jetzt in Sachen Laufzeitverlängerung zurück rudern, wird es eng mit Posten im Aufsichtsrat. Da werden auch Parteispender aus anderen Wirtschaftsbereichen überdenken, ob diese Parteien das die überwiesenen Gelder noch wert sind.

Wie viel einfacher wäre das Leben eines Politikers doch, wäre man nur seinem Gewissen und nicht der Wirtschaft verpflichtet.

Kann man eigentlich noch guten Gewissens in den Urlaub fahren?

Ich beabsichtige mich dieses Wochenende für 3 Wochenende ins benachbarte, europäische Urlaub abzusetzen. Aber mir kommen Zweifel. Soll ich das tatsächlich tun? Das Land verlassen? Was wird in den drei Wochen passieren?

In Stuttgart formiert sich der Widerstand immer deutlicher während die Regierung Merkel immer deutlicher macht, dass sie eigentlich schon lange ein, von der Wirtschaft gekauftes, Marionettentheater ist.

Doch ein Bericht zum radioaktiven Inventar bringt jetzt neue Erkenntnisse ans Tageslicht, die eine Bergung des Atommülls möglicherweise erschweren könnte: Dem Bericht des Helmholtz Zentrums München zufolge ist in die marode Asse gut zehnmal mehr mittelradioaktiver Müll eingelagert worden als jahrzehntelang von den Betreibern angegeben.

schreibt der Spiegel und das gerade nachdem – durch den „Atomkompromiss“ die Energieerzeuger vertraglich von den Kosten der Asse-Problematik erlöst sind. Komisches Timing, oder?

Der armselige Vertrag ist übrigens auf den Seiten der „Bundesregierung“ verfügbar. Ein elektronisch erstelltes Dokument wurde ausgedruckt und eingescannt um es dann als PDF verfügbar zu machen. Internetausdrucker wohin man schaut bei diesen Dilletanten.

Apropos Vertrag mit Energieversorgern. Dazu hat der Spiegel auch noch was:

Doch auf Dauer soll das nicht so bleiben. Schließlich schwankt der Strompreis stark – und damit auch die Marge der Energiekonzerne. Also werde die Ökoabgabe ab 2017 angepasst, steht im Abkommen. Und zwar auf Basis eines Index‘ an der Strombörse EEX: des „German Baseload Future“. Noch genauer: auf der Basis von dessen volumengewichteten 12-Monats-Durchschnitt.

Das Problem: Es gibt an der EEX gar keinen solchen Index. „Der Begriff ist unpräzise“, sagt eine Sprecherin der Strombörse.

Die sind einfach zu blöd um gerade aus dem Bus zu schaun. Ich unterstelle mal, dass dieser Passus von einem Auszubildenden der Energiewirtschaft dort eingefädelt wurde damit er sich in seiner  Berufsschulklasse beweisen kann. Hat geklappt.

Und dann gründet sich noch eine neue Partei – nein (noch?) nicht mit unserem Hugenotten, sondern mit anderen Verfechtern der Meinungsfreiheit: Stefan „Aaron“ König, der Mann der mit seinen rechten Ansichten bislang dafür verantwortlich war innerhalb der Piratenpartei für Missstimmung zu sorgen. Dazu der ex-CDUler René Stadtkewitz der bislang ähnlich islamophob auftrat wie Stefan König. Auch der dritte im Bunde, ebenfalls ein Ex-CDUler, Marc Doll hat massgeblich durch paranoide Reden bezüglich des Islam von sich reden gemacht. Alles in allem scheint sich da eine pi-Partei zu etablieren. Na bravo. Schön finde ich die offenen Worte von Doll:

Doll betonte: „Wir haben mit anderen rechtsextremen Parteien nichts zu tun.“ (Hervorhebung von mir)

Quelle MW. Wenigstens ist er ehrlich.

Was also wird in Deutschland los sein, wenn ich Anfang Oktober wieder einreise? Werden die rechten Socken die Macht ergriffen haben? Wird es einen Aufstand des Proletariats gegeben haben und den Marionetten wurden die Fäden abgeschnitten? Oder bleibt alles beim alten und es wurden nur weitere Steuermilliarden an die Wirtschaft verschenkt?

Ich lasse mich einfach überraschen, werde versuchen Nachrichten weitestgehend zu ignorieren um wirklich abzuschalten und mich entspannen zu können.

Passt auf euch auf und geht zu den Demos. Man liest voneinander. Später – viel später, mein kleiner Beschleuniger.

Noch nie so deutlich: Merkel ist nur Marionette der Wirtschaft

Wer ähnlich politisch interessiert und wirtschaftskritisch ist wie ich, wird die Sache mit der Atomsteuer mit Interesse verfolgt haben.

Die Bundesrepublik Deutschland hatte(vollendete Vergangenheit/past perfect!) einen Atomaustieg beschlossen. Von diesem soll nun abgewichen werden, was die Energiekonzerne zu Champagnerpartys motiviert. Bedeutet doch jeder Tag, den ein Atommeiler länger am Netz bleiben kann, einen Ertrag von einer Million Euro. Das heisst, wenn 10 Meiler einhundert Tage länger am Netz hängen, macht dass eine Milliarde Euro Ertrag. Dieser Ertrag sollte teilweise (nicht einmal gänzlich) steuerlich abgeschöpft werden, wenn die Atommeiler – entgegen dem Atomausteig – länger am Netz bleiben dürfen.

Für solche Summen, weicht die deutsche Wirtschaft auch mal von dem versteckten Lobbyismus ab und sucht das offene Gefecht:

Deutschland könne auf Kohle und Kernenergie nicht verzichten, schreiben mehr als 40 Vorstandschefs und Politiker in einem „energiepolitischen Appell“. Ein vorzeitiger Ausstieg würde Milliarden vernichten. Ackermann, Bierhoff, Großmann: FAZ.NET zeigt die Unterzeichner.

schreibt die FAZ. Und es wundert nicht, dass Herr Ackermann mal wieder an erster Stelle steht. Sind es doch Menschen wie Du und ich, die sich dort zu Wort melden:

Zu den Unterzeichnern zählen neben dem Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann einige Vertreter stromintensiver Industrien wie Ekkehard Schulz (Thyssen- Krupp), Werner Wenning (Bayer) oder Jürgen Hambrecht (BASF). Unterschrieben hat auch der Manager der Fußballnationalmannschaft und Sohn eines früheren RWE-Vorstands, Oliver Bierhoff.

Ach, „stromintensiver Industrien“? Ob es da ein paar Vergünstigungen zu erwarten gibt, wenn die Regierung die Meiler länger laufen lässt? Die Liste ist wahrlich interessant.

Ein paar Stunden später schreibt die Tagesschau:

Im Vorfeld der Entscheidungen über das Sparpaket und das Energiekonzept der Bundesregierung geht das Tauziehen um die Belastung der Atomindustrie weiter. Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ klarstellen, dass die Einnahmen aus einer möglichen Brennelementesteuer für die Etatsanierung verwendet werden sollen. Die Energiewirtschaft machte mit einem öffentlichen Appell Druck für längere Atomkraftwerks-Laufzeiten.

Tauziehen, da sind wir doch mal gespannt, wie das weitergeht. Die Bundesregierung wird sich wohl durchsetzen müssen, um nicht als Kasperletheater der deutschen Industrie enttarnt zu werden. Oder?

Die Antwort weiss der Spiegel ein paar Stunden später:

Geradezu beiläufig erklärte Kanzlerin Angela Merkel, wenn in der brisanten Atomfrage eine andere Form als die Brennelementesteuer gefunden werde, „ist es auch gut“. Diese „andere Form“ soll ein Vertrag mit den Konzernen sein.

Gewinner: Eine Liste von (mindestens) 40 Wirtschaftsbossen, die deutlich machten wer in diesem Land das sagen hat.

Verlierer: Die Demokratie, denn nicht Wahlen steuern dieses Land sondern rein wirtschaftliche Interessen einer kleinen Oberschicht.

Man fragt sich, warum das Parlament eigentlich noch von Steuern und nicht gleich direkt von den Lobbyisten bezahlt wird.