Klimawandel – da kann ich doch nichts tun

Vorwort

Des öfteren, wenn ich in meinem Bekanntenkreis über den Klimawandel spreche höre ich das Argument „Klimawandel – da kann ich doch nichts tun“. Stimmt das? Können wir wirklich nichts tun? Oder ist es nicht vielmehr so, dass, wenn wir alle ein bisschen etwas tun, es am Ende dann doch ein bemerkenswertes Ergebnis geben kann? Ich möchte in diesem Beitrag mal ein paar Anregungen geben. Die unten stehende Sammlung ist nach „wie es mir gerade in den Kopf kommt“ sortiert. Die Sortierung soll keineswegs eine Prioritätenliste darstellen. Gern dürft ihr die Anregungen in den Kommentaren diskutieren und auch SEHR gern weitere Ideen hinterlassen.

Sicherheitshinweise

Ich kann und will niemanden nötigen, sein Verhalten zu ändern. Zwang sollte stets das letzte Mittel sein, um menschliches Verhalten zu ändern. Allerdings fürchte ich, dass insbesondere im gewerblichen Bereich diverse gesetzliche Regelungen zwingend erforderlich sind. Denn leider zählt derzeit das Betriebsergebnis mehr als die Erhaltung der Umwelt. Was aber nützen uns Arbeitsplätze, wenn wir alle krank sind, oder gar unser Planet unbewohnbar wird? Alle Beteiligten müssen aus der Komfortzone raus. Wir haben – seit Beginn der industriellen Revolution – unseren Wohlstand gesichert, indem wir den Planeten Erde ausbeuten. Es wird Zeit, dass wir dies auf allen Ebenen sehr zeitnah ändern.

Auch ist mir natürlich bekannt, dass nicht jeder in der Lage ist, jedwede Möglichkeit zu nutzen. Wer einen weiten, „komplizierten“ Arbeitsweg hat, ist auf den PKW angewiesen. Nicht alle Menschen sind finanziell in der Lage Lebensmittel nach moralisch-ethischen Grundsätzen zu kaufen. Manchmal gibt es tatsächlich „Sachzwänge“ (wie ich dieses Wort hasse…). Es geht nicht zwingend darum, alles zwanghaft zu tun, aber – wie eingangs erwähnt: „Klimawandel – da kann ich doch nichts tun“ ist nicht valide.

Urlaub und Erholung

Urlaub muss sein – Entspannung und Tapetenwechsel braucht jeder von uns. Allerdings sollten wir in uns gehen und uns fragen: Was ist uns der Urlaub wert? Nicht nur in Form „Was kann und will ich bezahlen“, sondern auch „Was richte ich an“.

  • Ein langes Wochenende auf Malle? Für ein paar Euro Flug und Vollpension?
  • Auf einem Kreuzfahrtschiff eingepfercht dem Trubel der Großstadt entkommen?
  • Vier Wochen Thailand/Australien – wo auch immer, Hauptsache weit weg?

Es gibt auch in unserer Nähe sicherlich schöne Orte, die es wert sind, erkundet zu werden. Wart ihr schon mal im Harz, an der Ost- oder Nordsee? Im Allgäu soll es auch schön sein (mental note to self: Da war ich zuletzt als kleiner Junge, könnte ich mal wieder hin). Auch Frankreich, Italien, Dänemark, Polen, Österreich und all die anderen Länder um uns herum haben Gegenden die einen Besuch wert sind. Egal ob es euch nach Kultur, Natur – Ruhe oder Trubel zieht. Einfach mal in sich gehen und schauen und sich die Frage stellen: Klimawandel – da kann ich doch nichts tun? Oder doch?

Fortbewegung

Wie komme ich von A nach B? Die Zeit der Postkutschen ist vorbei und wir haben vielfältige Möglichkeiten der Fortbewegung. Auch gibt es unterschiedlichste Gründe sich fortzubewegen. Ich will beide Variablen hier kurz anreißen:

  • Zu Fuß, die wohl älteste Form sich zu bewegen
  • Das Fahrrad, um schnell innerorts oder auch in ländlichen Gebieten relativ kurze Strecken – auch mit Gepäck – zu überwinden
  • Pedelec, E-Scooter u-ä. sind ein Ersatz für Fahrrad oder den Turnschuh.
  • Öffentliche Verkehrsmittel. Bus, Bahn, Flugzeug aber auch Shared-Dienstleister wie Uber etc.pp.
  • Eigenes, motorbetriebenes Mittel, wie Motorrad und PKW

Bei dem Mittel der Fortbewegung sollten wir uns stets fragen: Geht es besser? Kann ich anstelle des Fliegers vielleicht auch die Bahn nutzen? Muss ich mit dem PKW einkaufen fahren, oder tut es auch das Fahrrad? Muss ich mein Kind zum Kindergarten fahren, oder geht es auch zu Fuß? Ist mein Kind groß genug, dass es schon selbstständig zur Schule gehen/mit dem Fahrrad fahren kann? Ich fand es früher richtig toll, wenn mein Vater mich mit dem Wagen in der Schule „vorbei brachte“, aber er tat dies nur, wenn es ohnehin auf seinem Weg lag. In meinem gesamten Schulleben vielleicht 3-5 mal.

Fliegen?

Ja, es ist natürlich – je nachdem wie weit man es zum Airport hat – schneller von Hamburg nach München zu fliegen, als die Bahn zu nutzen. Aber – abgesehen einmal von der bizarren Preissituation – ist die An/Abreise denn so zeitkritisch, dass es das Flugzeug sein muss? Kann man auf dem Hin- und Rückweg vielleicht – dem Klima zu liebe – mal ein paar Mehrstunden opfern?

Pedelec und E-Scooter

Dem Thema E-Scooter habe ich bereits an anderer Stelle einen Artikel gegönnt, auf den ich hier schlicht verweisen möchte. Gleiches gilt – in Maßen – auch für die Pedelecs. Natürlich streben wir alle danach, uns das Leben angenehm zu gestalten. Aber dieses Verhalten hat eben auch Folgen: Wir verbrauchen Energie und diese muss 1) Hergestellt werden und 2) fehlt sie eventuell an anderer Stelle.

ÖPNV

Zum ÖPNV ist zu sagen, dass er – insbesondere in Deutschland – wohl deutlich nutzerfreundlicher gestaltet werden könnte. Auch wäre es wünschenswert, wenn die Nutzung stärker als bislang über Umlagen finanziert werden würde. Hier z.B. wäre eine CO2-Steuer gut investiert. Auch mehr Park&Ride-Möglichkeiten für Menschen, die von außerhalb der Großstädte zu ihrem innerstädtischen Arbeitsplatz müssen, wären sinnvoll. etc.pp.

Wenn es denn ein PKW sein muss

Die Deutschen lieben ihr Auto. Seit den Nazis (sorry, aber der Volkswagen sollte doch das Volk ruhig stellen) ist der eigene PKW des Deutschen liebstes Kind. Es gibt viele Menschen in meinem Umfeld, die der festen Meinung sind „Ein Auto muss man haben“. Aber ist dem so? Ist dies ein – vor allem von den deutschen Autoherstellern (und deren Aktionären) – in die Welt gesetztes Ammenmärchen? Ja, es gibt Menschen die wäre ohne PKW echt übel dran. Mein Bruder z.B. hat – mit PKW – einen Arbeitsweg von ca. 15 Minuten. Mit ÖPNV wäre es über eine Stunde. Es sind nicht die berechtigten Sonderfälle die es sich anzuschauen gilt.

Wie viele Menschen fahren denn jeden Tag als Solofahrer in die Großstädte hinein? Hamburg-Süd: Elbbrücken. Jeden Tag der normale Stau. Tausende von PKW quälen sich täglich über die Elbbrücken rein und raus. In (fast) jedem PKW sitzt nur eine Person. Müssen wir wirklich mit „affenartiger“(vielleicht hier sogar sehr treffend der Begriff..) Geschwindigkeit über die Autobahn heizen? So viele Fragen, so wenig Antworten – oder?

Wer es sich – infolge von vorhandener Infrastruktur und finanziellen Möglichkeiten – erlauben kann, sollte natürlich auf alternative Antriebstechniken setzen. Ob es Wasserstoff oder das Elektrofahrzeug sein soll, kann ich nicht wirklich beurteilen. Damit habe ich mich noch nicht hinreichend beschäftigt. Aber gern könnt ihr – solltet ihr zu dem Thema beitragen können – dies in den Kommentaren vermerken.

Einkauf/Beschaffung/Ernährung

Das Thema Einkaufen/Beschaffung ist sicherlich ein derart umfangreicher Punkt, der einen eigenen Blockeintrag wert wäre. Angefangen mit der Auswahl der Lieferanten, über die Verpackung (muss das sein) bis hin zu dem bereits behandelten Thema Fleisch, vegetarisch oder gleich vegan.

Wo und was beschaffen

Wir lassen uns Ware von überall her senden. Besonders perfide: Wir sind auch Meister im Rücksenden. Involviert sind hier nicht nur unterbezahlte Auslieferungsfahrer welche die Straßen zuparken. Auch produzieren wie Berge von Verpackungsmüll und sorgen teilweise sogar dafür, dass unsere Rücksendung stumpf vernichtet wird: Für die Presse produziert. Ja, es ist praktisch, Dinge online zu bestellen. Ja, der Fachhandel verkommt vielerorts zu einem Clownsgesicht seiner selbst. Aber gewisse Dinge kaufe ich quasi zwanghaft „vor Ort“. Ich käme niemals auf die Idee Kleidung online zu kaufen. Ich will Dinge anprobieren. Ein weiterer Faktor ist, dass ich gewisse Bedürfnisse sofort befriedigen möchte. Und das geht halt nur mit „Jetzt aber los zum shoppen“. Auch kann man sich überlegen, mehr Second-Hand zu nutzen. Sowohl im Bereich Kleidung, als auch bei anderen Dingen ist der Gebrauchtmarkt eine tolle Sache um sich günstig und auch nachhaltig zu versorgen.

Verpackung

Angefangen von den dusseligen Plastikverpackungen, besonders für Artikel die von der Natur bereits super verpackt wurde, bis zu Dingen die man eigentlich nicht im Supermarkt kaufen müsste. Wasser mit und ohne Kohlensäure zum Beispiel. Wer nicht gerade in einem Gebiet wohnt, in dem das Leitungswasser wirklich übel schmeckt, ist gut beraten die Hände von den Plastik-(oder auch Glas-)flaschen zu lassen. Stiftung Warentest stellt fest „Keimbelastet, mineralstoffarm und teuer: Der Stiftung Warentest zufolge lohnt sich die Investition in stilles Mineralwasser nur selten. Leitungswasser enthält zum Teil sogar mehr Mineralstoffe.“. Wenn es Kohlensäure im Wasser sein muss: Ein Produkt wie Sodastream. Man spart Geld UND Volumen und Gewicht beim Einkauf.

Ganz heißer Scheiß sind auch Tupperdosen, die man leer mit zum Einkauf nimmt. (To Go Becher, Mittagessen in Tupperdosen) Bislang haben wir ausschließlich positives Feedback von den Verkaufsstellen gehabt. Und auch im persönlichen Umfeld kam die Idee gut an.

Think global – act local

Leute kauft regional, geht vielleicht auf den Wochenmarkt – so ihr einen erreichbar habt. Es müssen nicht unbedingt die Kiwis sein, die gerade im Angebot sind, oder Erdbeeren im Dezember. OK, der alte Spruch „Why do dogs lick their balls – because they can“ ist ja ganz lustig. Aber zum Schutz der Natur ist die Aussage „Weil ich es kann“ eher minder optimal. Denn es ist eher doof, wenn wir unsere Lebensmittel kreuz und quer über den Erdball transportieren. Und als Norddeutscher möchte ich anmerken, dass die leckeren Nordseekrabben stets einen Kurzbesuch in Marokko hatten: Denn dort werden sie zum pulen hin- und wieder zurück geflogen. Wenn ihr Krabben mögt: Pult doch selbst – und freut euch, dass ihr etwas Gutes tut. Es sind die vielen Kleinigkeiten, mit denen wir etwas erreichen können.

Haushalt und Energie

Wohlfühltemperatur

Im dem Moment in dem ich diesen Artikel schreibe wird wohl im deutschsprachigen Bereich niemand die Heizung nutzen. Dennoch möchte ich mich auch dem Thema Klimatisierung widmen. Denn bei dieser Hitze kommt ein anderer Faktor ins Spiel: Klimaanlagen. Es gibt Menschen, die im Winter die Heizung auf 30° („volle Pulle“) aufdrehen, damit sie auch bei -30° noch im T-Shirt vor dem Fernseher/Computer sitzen können. Wahrscheinlich ist es derselbe Personenkreis, der jetzt im Sommer die Klimaanlage auf 20° stellt. Ich frage mich: Warum? Warum nicht im Winter einen Pullover überziehen, oder im Sommer mal ein wenig mehr Wärme aushalten? Eine Bürotemperatur von 24°/25° ist völlig OK. Habe ich für euch getestet. Und ein Kollege von mir kommt in mein Büro um sich aufzuwärmen, weil sein Bürokumpel die Klimaanlage aus „Arktis“ einstellt.

Wir heizen durch Energiegewinnung die Atmosphäre auf, kühlen unsere Büros, wodurch wir die Atmosphäre weiter aufheizen. Wie unüberlegt können wir Menschen eigentlich sein?

Strom sparen

Jaja, dieser Punkt ist definitiv alt, dennoch muss ich ihn erwähnen: Schaltet Stand-By-Geräte GANZ ab. In Stand-By wird zwar nur relativ wenig Energie verbraucht, aber bei 40 Millionen Haushalten in Deutschland, die nur 1 Watt unnütz verbrauchen, kommt da eben auch eine ganze Menge zusammen. Meine Ecke für Fernseher etc. benötigt im Stand-by schlappe 35 Watt. Aus diesem Grunde habe ich an diversen Punkten Schaltsteckdosen installiert. Diese schalten zu definierten Uhrzeiten den Strom für Stand-By-Geräte stumpf komplett ab und später dann auch wieder an.

LED-Leuchtkörper sollten mittlerweile ohnehin Standard sein.

Special: Energie im Rechenzentrum

Kleiner Exkurs für diejenigen die in einem ähnlichen Bereich arbeiten wie ich: Auch in Rechenzentren und Serverräumen gibt es eine energetische Optimaltemperatur. Früher hat man Rechenzentren stumpf „kalt“ gemacht. Dies ist aber nicht der Weisheit letzter Schluss. Sicherlich kann nicht jeder Admin eines Serverraums eine Relation zwischen „Energiebedarf der Server“ und „Energiebedarf der Klimatechnik“ herstellen. Aber lasst es euch gesagt sein: Server können auch problemlos eine Raumtemperatur von deutlich mehr als 20° ab – sofern die Luftumwälzung stimmt, z.B. Kalt- und Warmgang. So spart ihr immens Energie für die Klimatechnik und tut etwas gegen den Klimawandel.

Schlusswort

Wie bereits Eingangs geschrieben: Nicht jeder kann sich komplett auf „Energie sparen/Umwelt schützen“ umstellen. Bei manchen gibt es „Sachzwänge“ bei anderen definieren die finanziellen Möglichkeiten die Grenzen.
Was aber jeder Mensch machen kann ist, dieses Thema im Bekanntenkreis diskutieren. Sich selbst informieren und sein Umfeld sensibilisieren. Dies klappt viel besser, als man auf dem ersten Blick glauben mag. Überlegt euch, ob ihr nicht bei Parents For Future mitmachen wollt. Wir müssen die Politik leider zwingen, tätig zu werden, um die wirklich dicken Bretter zu bohren, dies können wir Bürger nicht allein.

Eine persönliche Bitte: Solltet ihr noch Ideen, Ratschläge aber auch Kritik haben, so kommentiert und teilt den Eintrag bitte, denn „Klimawandel – da kann ich doch nichts tun“ ist Quatsch! 🙂

Bin ich links? Gedanken zu Hamburg und G20

Ich frage mich dieser Tage, ob ich eigentlich „Links“ bin. Bis letzte Woche oder so, war ich dies – glaube ich. Aufgewachsen in einem Sozi-Haushalt, in dem es quasi Plicht war, der Gewerkschaft beizutreten, in dem Moment in dem das eigene Geld verdient wurde. Erzogen in dem Gedanken, auch an andere zu denken und sozial zu agieren – eben kein Egoist zu sein (danke Mama – ja, und bei allem Stress auch dir Papa!).

Nach der Kindheit kam die Jugend und die Erkenntnis, dass die Sozen eben auch nicht mehr so sozial sind. Dass die Gewerkschaftsbosse die gleichen Autos fahren, wie die Arbeitgebervertreter und auch die gleichen Anzüge tragen. Vertreten die noch die Interessen der kleinen Leute? NEIN! Ich entschied mich sozialer agieren zu wollen, als diejenigen die sich „sozialdemokratisch“ nennen. Und ich wollte ein Demokrat sein, ein echter Demokrat, einer der sich auch mal selbst zurücknehmen kann, wenn er das Pech hat mit seiner Meinung eher allein zu stehen.

Und ich wollte für die Freiheit sein – die Freiheit aller Menschen! Diktaturen – egal welcher Ausrichtung fand ich schon immer scheiße. Egal ob man diese Diktatur faschistisch oder einen „diktatorischer Sozialismus“ nennt.

Ich versuche meine Mitmenschen zu verstehen, diskutiere viel und gerne. Liebe den kontroversen Diskurs. Stelle mich der Diskussion, um meine eigene Meinung selbst zu hinterfragen und hinterfragen zu lassen.

Ich schweife ab, OK. Worum geht es eigentlich? Es geht um Hamburg, um G20. um Gewalt von Seiten der Polizei und Gewalt von „Demonstranten“.

Es sind Tweets wie dieser hier, die mich nachdenklich machen, ob ich mich eigentlich noch Links nennen darf, oder ob ich mittlerweile so alt geworden bin, dass ich ins konservative Lager abgerutscht bin:

Wer sich heute über Sachbeschädigung aufregt, dabei die Polizeigewaltsorgie von gestern, heute & morgen vergisst, tschüss und block

Ist es „links“, wenn man die Fensterscheiben von Einzelhändlern einwirft?

Kaputte Fensterscheiben zwischen U-Bahn Lutterothstraße und Osterstraße. Fast alle Läden betroffen. Von der Bank bis zum Bäcker. Warum?

Ist es links, wenn man am Straßenrand geparkte, private Kleinwagen anzündet?

Ja, es gibt auch Bilder von Polizeigewalt. Definitiv. Ich will die Gewalt, die von der Polizei ausgeht keineswegs verneinen, es gab widerliche Bilder und ich habe auch diese wahr genommen:

Aber(jetzt kommt der Satz mit dem dicken „aber“): Ist Gewalt gegen das Eigentum Unbeteiligter ein probates Mittel sich gegen Polizeigewalt zu wehren? Treffe ich mit dem Abbrennen des PKWs den Staat? Oder vielleicht einen Studenten, der neben dem Studium nächtelang arbeitete um sich seinen Wagen finanzieren zu können? Wer zahlt die eingeschlagenen Scheiben? Ist es der Besitzer des Ladens, der die Kosten auf den Preis raufhauen muss, was dann wieder von unserem Studenten bezahlt wird? Oder zahlt es die Versicherung, bei der vielleicht auch unser Student sein Auto oder anderes versichert hat? Merkt ihr selbst, oder? Weder die Bonzen noch die Politiker leiden wirklich unter der Randale. Es ist eher der kleine Mann von der Strasse, der den ihr (vorgeblich links) behauptet zu vertreten.

Wisst ihr was: Wenn jeder, der mehr hat als andere ein Kapitalist ist, dann gibt es nur eine Personengruppe die eben keine Kapitalisten sind: Das sind Obdachlose! Denn im Vergleich zu denen seid auch ihr Randalierer – egal, ob ihr Werktags ein Lacoste-Poloshirt oder ein billiges Shirt vom Grabbeltisch tragt – Kapitalisten, denn ihr habt mehr als sie. Zumindest irgendein Dach über dem Kopf – wenn ihr nicht gerade vom Campingverbot betroffen seid.

Wenn also das, was ihr Randalierer da gerade in Hamburg veranstaltet „links“ ist, dann will ich kein Linker sein. Denn ich müsste mich schämen, wenn man mich als einen solchen bezeichnet.

Hat die „Orgie“ der Berliner Hundertschaften etwas Gutes?

Die Wellen schlagen hoch: Drei Berliner Hundertschaften haben in Bad Segeberg eine kleine Orgie gefeiert. Diese wurde dokumentiert was zur Folge hatte dass die Stadt Hamburg diese Hundertschaften wieder nach Berlin schickte. Schnell wird im Netz darauf hingewiesen, dass es wohl eine der harmlosesten Verfehlungen ist, die man der Hundertschaft einer Bereitschaftspolizei ankreiden kann. Dieses Argument ist nicht von der Hand zu weisen, haben doch einzelne Hundertschaften aus unterschiedlichen Bundesländern bereits in der Vergangenheit nicht nur durch Alkoholexzesse unangenehm auf sich aufmerksam gemacht. Ich will und kann hier nicht alles aufzählen, wer aufmerksam die Medien verfolgt konnte sich in der Vergangenheit sein eigenes Bild von Gewaltorgien bei Demonstrationen und anderen „Geht gar nicht“-Aktionen machen.

Also: Kann diese Aktion auch etwas Gutes haben? Ich hoffe ja – und die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Denn es ist wohl das erste mal – zumindest soweit ich mich entsinne – dass aus dem Korpsgeist der Polizei ausgebrochen wird. War es bislang so, dass Verfehlungen oftmals unter den Teppich gekehrt wurden, scheint es jetzt echte Folgen zu haben. Und die Aussagen der beiden Polizeipräsidenten aus Berlin und Hamburg sprechen eine deutliche Sprache. Als Folge könnte es nun dazu kommen, dass es unter den Hundertschaften der Polizei zu einem Quasi Wettkampf kommt. Als erstes werden wohl die Berliner Polizisten die Hamburger auf dem Kieker haben. Sollten sich die Hamburger daneben benehmen, wird es der Berlinern eine echte Freude sein, diese anzuschwärzen. Eventuell treten auch Hundertschaften aus anderen Bundesländern den Berliner Kollegen zur Seite und stellen ebenfalls die Hamburger unter verschärfte Beobachtung.

Am Ende könnte dieser Wettstreit tatsächlich Änderungen bewirken: Der Korpsgeist könnte dauerhaft aufgebrochen werden und eventuell schwappt dies sogar runter in die Dienststellen der Bundesländer. Hach, wäre das schön.

Polizist sein ist ein Scheißjob. Wie in anderen Bereichen sind es meist Einzelne, die den Ruf der ganzen Gruppe ramponieren. Seien es Flüchtlinge, Ausländer, Jugendliche, Männer oder in diesem Fall Polizisten: Stets wird von gewissen Kreisen von Einzelfällen auf die Gesamtheit geschlossen. Im Gegensatz zu den anderen benannten Gruppen war es in der Vergangenheit aber so, dass sich die Polizei stets gut selbst schützte und es kaum langfristige Konsequenzen gab. Anders bei z.B. Flüchtlingen, bei denen es einfach gestrickten Menschen leichter fällt, die einzelnen Deppen als Beispiel für die definierte Gruppe zu nehmen.

Sollte als langfristige Folge aus dem Bild des prügelnden Polizisten wieder der Schutzmann werden, so wäre es doch hervorragend. Für alle Beteiligten.