Wulffs Rede – meine Gedanken

Den Text der Originalrede habe ich dem Onlineangebot der Tagesschau entnommen

„Guten Tag, meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie alle wissen, dass in den vergangenen zehn Tagen über Vorgänge aus meinem Privatleben breit berichtet worden ist. Sie betreffen die Zeit vor meiner Amtszeit als Bundespräsident und haben eine sehr kritische Kommentierung gefunden. Ich habe das Bedürfnis, mich auch persönlich zu diesen Vorgängen zu äußern.

Ja, da habe ich schon eine Frage: Warum der Satz “ Sie betreffen die Zeit vor meiner Amtszeit als Bundespräsident und“? Warum die Auslassung der damaligen Tätigkeit? Damals war Christian Wulff Ministerpräsident des Landes Niedersachsen. Durch „Nichtnennung/Auslassung“ entsteht ein verharmlosender Eindruck „damals war das ja noch nicht so schlimm“. Da die Rede sicherlich von einem Profi geschrieben wurde, ist dies sicherlich beabsichtigt.

Alle Fragen zu den Vorgängen nehme ich sehr ernst und habe deshalb für volle Offenheit im Hinblick auf die Finanzierung unseres Einfamilienhauses gesorgt.

Das aber auch nur eher nach und nach, oder Herr Wulff. In dieser Phase waren sie – mit Verlaub – eher stockend bei der Beantwortung der Fragen und haben sich stets von Erklärung zu Erklärung (typischerweise durch ihre Rechtsanwälte) gehangelt. Warum erst nachdem der Druck zu hoch wurde? Naja, das werden Sie sicher unten noch beantworten. Oder die Frage wird von der Presse gestellt werden

Sowohl, was den Privatkredit anbelangt, als auch, was alle Verträge und alle Konditionen der Geldmarktkredite bei der BW-Bank anbelangt. Alle Auskünfte sind erteilt worden, auch zu Konditionen. Vom Bankgeheimnis ist umfassend befreit worden.

Die noch nicht offene Frage – die auch nur sehr „bemerkenswert“ durch die betreffende Bank beantwortet wurde: Wieso war der Kredit so günstig? Ohne Sicherheiten, ohne Hypothek aber mit einer deutlichen Überfinanzierung, die einem normalen Häuslebauer ganz sicher nicht gewährt wird. Weshalb wurde Ihnen diese Sonderbehandlung zuteil und dazu noch nicht bei Ihrer Hausbank?  Der erste Gedanke bei einem Kredit ist: Hausbank. Sie aber gehen aufgrund (und mit) einer persönlichen Empfehlung eines „Freund des Hauses“, der ihnen zufällig auch den Ursprungskredit gewährte, zu einer fremden Bank in einem entfernten Bundesland. Auch zu dem Timing der Umschuldung werden Sie sich sicherlich noch äussern. Denn am 10. 02.2010 wurden Sie nach Verbindungen zwischen sich und Herrn Geerken/seinen Firmen befragt, worauf Sie dann am 18.02.2010 mit der Antwort „keine geschäftlichen Verbindungen zwischen Ihnen und Herrn Geerken Stellung nahmen. Am 18.03.2010  – also etwas über einen Monat nach der Anfrage (Oha, was machen wir jetzt) – zeichnen sie den ersten Vertrag mit der BW Bank. Wie lange braucht man ca. um einen Kredit über 500.000€ vorzubereiten, wenn das Geldinstitut 600km von meinem Wohnort entfernt ist?  Sind ca. 4 Wochen angemessen? Dieses zeitliche Zusammenhang ist sicherlich sehr zufällig. Aber auf den werden Sie sicher noch eingehen. Oder die Journalisten werden Ihnen die Frage stellen.

Außerdem habe ich die Ferienaufenthalte bei Freunden offengelegt, die Dokumente liegen seit Montag bei einer dazu beauftragten Rechtsanwaltskanzlei aus. Und es ist ja gelegentlich auch Einsicht genommen worden.

Ja? Und? Sie haben offen gelegt, was ohnehin mittlerweile – auch dank der Medien – ohnehin schon Allgemeinwissen. Aber wie stehen Sie dazu? Aber vielleicht später – oder die Journalisten …..

Bis heute habe ich über 250 Einzelfragen jedweder Art nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet. Davon viele, die Einzelheiten aus meinem Privat- und Familienleben betreffen.

Ihr Privatleben – da bin ich ehrlich und das können Sie mir glauben – interessiert mich wirklich nicht. Privatsphäre ist mir heilig. Wenn Sie allerdings im Verdacht stehen „ihrem Amt (auch als Ministerpräsident des Landes Niedersachen) geschadet zu haben, so besteht schon ein öffentliches Interesse und es ist öffentliches Leben. Dieses war ihnen – und sollte auch ihrer Frau – klar gewesen sein.

Ich weiß und finde es richtig, dass die Presse- und Informationsfreiheit ein hohes Gut ist in unserer freiheitlichen Gesellschaft. Das bedeutet gerade für Amtsträger, jederzeit die Wahrnehmung ihrer Aufgaben vor der Öffentlichkeit zu erläutern und gerade auch im Grenzbereich zwischen Dienstlichem und Privatem, zwischen Amt und privat, die erforderliche Transparenz herzustellen. Das ist, wie viele von Ihnen auch wissen, nicht immer leicht, gerade, wenn man an den Schutz betroffener Familienangehöriger und Freunde denkt.

Solange die Medien die Wahrheit schreiben, und wenn es auch Dinge sind deren man sich schämt, so haben diese aber keineswegs die Aufgabe ihre Angehörige und Freunde zu schützen. Medien haben (wahrheitsgemäß) aufzuklären. Für die unangenehmen Wahrheiten(!) ist in ihrem Fall nur eine einzige Person verantwortlich: Sie selbst. Ich habe noch teilweise von meiner Mutter den Satz gehört „Was soll XY nur denken?“ – diese Frage sollte man sich stellen, bevor man etwas „weniger schlaues“ tut.

Aber es ist eben notwendig, denn es geht um Vertrauen in mich und meine Amtsführung.

Das war es auch schon, als Sie noch „nur“ Ministerpräsident waren.

Mir ist klar geworden, wie irritierend die private Finanzierung unseres Einfamilienhauses in der Öffentlichkeit gewirkt hat. Das hätte ich vermeiden können und müssen. Ich hätte auch den Privatkredit dem niedersächsischen Landtag damalig offenlegen sollen. Das war nicht gradlinig, und das tut mir leid. Ich sehe ein, nicht alles, was juristisch rechtens ist, ist auch richtig.

An der Stelle, habe ich so etwas wie Einsicht gespürt. Aber nur sehr sachte – es sind noch zu viele Frage von oben offen. Aber der Satz „nicht alles, was juristisch rechtens ist, ist auch richtig“ ist ein Satz, den ich von einem Bundespräsidenten erwarte. Aber ich gehe weiter und fordere, dass dieser Satz nicht gesagt und geschrieben, sondern umgesetzt wird.

Ich sage aber auch deutlich, zu keinem Zeitpunkt habe ich in einem meiner öffentlichen Ämter jemandem einen unberechtigten Vorteil gewährt. Persönliche Freundschaften sind mir, gerade auch menschlich, wichtig. Sie haben aber meine Amtsführung nicht beeinflusst. Dafür stehe ich.

Ich will nicht kleinlich klingen, aber auf welcher Grundlage begleitete Herr Geerken sie mehrfach bei offiziellen Auslandsreisen? War das rein freundschaftlich? War das berechtigt wirtschaftlich? Wenn ja, welche monetären Vorteile hatte Herr Geerkens, dadurch dass er sie begleiten durfte? Das schlimme mit Freunden ist – und da bin ich ganz ehrlich – ist, dass diese typischerweise bei beruflichen Handlungen vernachlässigt werden – zumindest wenn man selbst „nur“ Angestellter ist. Die kriegen keinen Sonderrabatt und werden auch mit beruflichen Werbegeschenken eher kleiner ausgestattet. Man will sich ja nichts nachsagen lassen. Ach, BTW: Sie waren sowohl als Ministerpräsident als auch als Präsident der Bundesrepublik Deutschland ein Angestellter. Ein Angestellter aller deutschen Bundesbürger. Und als Cheff sollte der Bürger eben auch stets genau hinsehen – machen Sie bestimmt auch mit ihren Angestellten…

Ich bedauere, dass ich mich von meinem Sprecher Olaf Glaeseker trennen musste, und danke ihm an dieser Stelle für seinen großartigen Einsatz an meiner Seite. Ich habe ihm viel zu verdanken und wünsche ihm für weitere berufliche Herausforderungen alles erdenklich Gute.

Ich lass vorhin (unter anderem), dass Herr Glaeseker den Rücktritt eingereicht hat. So wie sie es formulieren „ich musste mich trennen“ bedeutet es aber: Ich habe die Initiative ergriffen, ich habe ihn rausgeschmissen. Und wenn dem so war – darf man fragen warum? Aber sicherlich nachher, Journalisten…

Meine Damen und Herren, ich weiß um meine Verantwortung als Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland.

Ich möchte nicht frech klingen: Aber seit wann tun sie das? Seitdem Sie im Amt sind? Seitdem sie die Unterlagen über ihren Kredit bei ihrem Anwalt auslegten? Seitdem sie zugeben mussten, dass Herr Geerkens doch massgeblich an der Kreditvergabe beteiligt war? Ich möchte ihnen gern vertrauen – wirklich. Aber ich möchte auch vollumfanglich auf das vertrauen was Sie und andere Politiker und Amtsinhaber sagen und tun.

Ich werde das Amt auch in Zukunft gewissenhaft und mit ganzer Kraft ausfüllen.

„auch in Zukunft“? Das heisst, dass eine „vorauseilende“ Transparenz nicht zu erwarten ist? Ein geläuterter Mensch würde an der Stelle eher formuliert haben „Ich werde versuchen das Amt in Zukunft gewissenhafter..“ Daraus könnte man ein gewisses „Potential“ ableiten. Sie aber sagen: Es bleibt alles so wie es ist.

Denn wir stehen vor großen Aufgaben in unserem Land, in Europa und in der Welt. Und ich will und werde meinen Beitrag dazu leisten, die anstehenden Herausforderungen zu bewältigen.

Eine der grössten Herausforderungen in unserem Land – aber nicht nur hier – ist es, das Geflecht aus Wirtschaft und Politik zu entflechten und wieder mehr ehrlichen und vertrauenswürdigen Menschen in der Politik das Rückgrat zu stärken und jedwede Form der Verteilsnahme und -gabe zu unterbinden.

Dafür bitte ich die Bürgerinnen und Bürger auch zukünftig um ihr Vertrauen.

Sie haben – zumindest bei mir – erstmal sehr viel wieder gut zu machen. Sorry, dass ich ehrlich bin.

Ich danke Ihnen und wünsche Ihnen unabhängig von dieser Erklärung ein gesegnetes Weihnachtsfest, ein gutes Jahr 2012. Wir werden auch in diesem Jahr 2012 weiterhin gut zusammenarbeiten. So hoffe ich doch. Vielen Dank.“

So, und wo sind nun die offenen Fragen beantwortet? Und diese Journalisten haben nicht eine weitere Frage gehabt? Ach so, sie haben gar keine Fragen beantwortet. Das erinnert mich ein wenig an die Rede des ehemaligen Verteidungsministers von Guttenberg vom  18.02.2011. Diese  Rede zeichnete sich ebenfalls durch viele Worte, vor allem gute gewählte, aber keinen wahren Inhalten.

Schade Herr Bundespräsident Christian Wulff. Das hätten sie besser können müssen. Aber das sind – wie erwähnt – nur meine Gedanken.

#Digiges auf Zensursulas Pfaden?

„Wer ein Datenleck verursacht, muss beweisen, dass es nicht sein Leck war das zu Missbrauch geführt hat“, heißt es in einer Mitteilung. Und da für den Einzelnen der Nachweis kaum möglich sei, dass Betrugsfälle beispielsweise mit gestohlenen Kreditkartendaten aus dem Pool der betroffenen Firma stammen, müssten dann diese Unternehmen nachweisen, dass dies nicht der Fall sei.

Lese ich als eine der Forderungen der „Digitalen Gesellschaft“(Digiges), eine Lobbyvereinigung die – so wie Sie auftritt – vorgibt die Interessen der „Bürger im digitalen Zeitalter“ zu vertreten, aber mit der Ahnungslosigkeit des Ältestenrates des CDU-Kreisverbandes Hintertupfingen auftritt.

Harte Worte, oder? Aber als jemand, der sich seit Jahren mit Daten- und Systemsicherheit auseinander setzt, möchte ich mal die Frage stellen, wie ein Unternehmen denn den Nachweis antreten soll, dass es nicht schuld ist, dass meine Daten bei einem Drittunternehmen missbraucht werden.

Die Verteilung unserer Daten

Wieviele Unternehmen haben z.B. meine Bank/Kreditkartendaten? Bestelldienste im Internet wie Amazon, Ottoversand, Paypal etc.. Wo habe ich mit Kreditkarte bezahlt? Wo mit einem Verrechnungscheck/Überweisung? Es gibt „Unendlich minus 1“ Möglichkeiten, wo meine Bankdaten rumliegen können. Sollen nun all diese Unternehmen erstmal unter Generalverdacht stehen, wenn irgendwo meine Kreditkartendaten auftauchen? Und wie soll ein Unternehmen nachweisen, dass es nicht schuld daran schuld ist, dass meine Daten in fremde Hände gelangt sind?

Der Beweis der Unschuld

Die Blogger-Profis um Beckedahl herum, sollen mir mal beweisen, dass niemand auf dem Server von netzpolitk unberechtigten Zugriff hat. Weder durch Weitergabe von privilegierten Zugriffsdaten, noch durch Softwarefehler, noch durch physikalischen Zugriff auf dem Server. Desweiteren sollen mir die Möchtegernprofis der digitalen Gesellschaft einmal aufzeigen, wie ich nachweise, dass niemand Zugriff hatte:

  • Auswerten der Logdateien? Die werden vom Hacker als erstes gelöscht, das können sogar Klicki-Bunti Rootkits
  • Logdateien auf separat gesicherten Severn? Und wenn die auch gehackt werden?
  • Gar kein externen Zugriff? Dann habe ich (wie meist) das Problem inhouse – obiges bleibt bestehen.

Jeder Nutzer, der von dem SONY-Debakel betroffen ist, könnte sich nun hinstellen und bei etwaigen Unstimmigkeiten der Kreditkartenabrechnung SONY in die Pflicht nehmen. Ob die Daten durch die Lücke bei SONY den Weg in die Freiheit genommen haben, oder bei dem Internethändler „Billig und Geil“ in Palermo, bei dem ich vor 2 Monaten per Kreditkarte zahlte, oder der Keylogger oder oder oder. Laut der Forderung der Digitalen Gesellschaft muss SONY nachweisen, dass der Betrüger die Daten nicht aus deren Datenbestand hat. Wie soll das funktionieren?

Nachwort

In meinen Augen haben sich die Leute der Digitalen Gesellschaft mit dieser Forderung auf das Niveau einer Frau von der Leyen begeben: Forderungen stellen ohne sich vorher eingehend mit der Materie auseinander gesetzt zu haben, mal mit einem gesprochen zu haben, der etwas davon versteht(SCNR).

Abgesehen von dem – in meinen Augen – Blödsinn, den die Digiges hier verzapft, gibt es natürlich Handlungsbedarf in Sachen Datenschutz und Datensicherheit. Allerdings muss man hier sehr genau darauf achten was man fordert und welche Lösungen man vorschlägt, da man sich sonst schnell in Abseits manövriert.

U-Haft für dumme Qualitätsjournalisten?

Wann wird ein Richter für einen Tatverdächtigen eine Untersuchungshaft (U-Haft) anordnen, d.h. ihm bevor seine Schuld einwandfrei (durch Richterspruch nach einer ordentlichen Verhandlung!) festgestellt  die Freiheit nehmen, sich frei zu bewegen? Wohl nur in drei Fällen:

  1. Fluchtgefahr
  2. Gefahr der Wiederholung
  3. Verdunkelungsgefahr

Wenn keiner der drei Punkte konkret zutrifft, so wäre die Anordnung der U-Haft ebenfalls eine Straftat: Freiheitsberaubung.

Der Strafverteidiger Carsten R. Hoenig berichtet über eine Pressemitteilung der Vereinigung Berliner Strafverteidiger e.V., die sich genötigt fühlt, die Berichterstattung des Berliner Presseerzeugnisses „B.Z.“ zu „kritisch zu begleiten“:

Die insoweit ablehnenden und teilweise populistisch überspitzten Kommentare in der Tagespresse verkennen die rein verfahrenssichernde Funktion von Untersuchungshaft. Befremdlich erscheinen in diesem Zusammenhang vor allem die teilweise direkt gegen den zuständigen Ermittlungsrichter gerichteten Angriffe bestimmter Presseorgane (z.B. „Das ist der Richter, der den Schläger freiließ“ – BZ vom 27. April 2011, Titelseite), wobei in einem Fall sogar ein großformatiges Foto des Ermittlungsrichters abgedruckt wurde. Eine solche tendenziöse und auf die Person eines Richters abzielende (negative) Berichterstattung negiert den Verfassungsgrundsatz der richterlichen Unabhängigkeit und widerspricht dem rechtsstaatlichen Verständnis, dem auch die Presse verpflichtet sein sollte.

Hoenig schreibt dazu in seinem Blog:

Daß die Journaille – wie jene BZ – versucht, auf diese Weise quasi eine Lynchjustiz wieder hoffähig zu machen, ist widerwärtig, aber bei dem Ausbildungsstand der sich auf diesem Niveau prostituierenden Schmierfinken nicht anders zu erwarten.

Und ich bin geneigt mich dieser Meinung vollumfanglich anzuschliessen. SO wird Meinung gemacht und das Prinzip des Rechtsstaates mit den Füssen getreten.