U-Haft für dumme Qualitätsjournalisten?

Wann wird ein Richter für einen Tatverdächtigen eine Untersuchungshaft (U-Haft) anordnen, d.h. ihm bevor seine Schuld einwandfrei (durch Richterspruch nach einer ordentlichen Verhandlung!) festgestellt  die Freiheit nehmen, sich frei zu bewegen? Wohl nur in drei Fällen:

  1. Fluchtgefahr
  2. Gefahr der Wiederholung
  3. Verdunkelungsgefahr

Wenn keiner der drei Punkte konkret zutrifft, so wäre die Anordnung der U-Haft ebenfalls eine Straftat: Freiheitsberaubung.

Der Strafverteidiger Carsten R. Hoenig berichtet über eine Pressemitteilung der Vereinigung Berliner Strafverteidiger e.V., die sich genötigt fühlt, die Berichterstattung des Berliner Presseerzeugnisses „B.Z.“ zu „kritisch zu begleiten“:

Die insoweit ablehnenden und teilweise populistisch überspitzten Kommentare in der Tagespresse verkennen die rein verfahrenssichernde Funktion von Untersuchungshaft. Befremdlich erscheinen in diesem Zusammenhang vor allem die teilweise direkt gegen den zuständigen Ermittlungsrichter gerichteten Angriffe bestimmter Presseorgane (z.B. „Das ist der Richter, der den Schläger freiließ“ – BZ vom 27. April 2011, Titelseite), wobei in einem Fall sogar ein großformatiges Foto des Ermittlungsrichters abgedruckt wurde. Eine solche tendenziöse und auf die Person eines Richters abzielende (negative) Berichterstattung negiert den Verfassungsgrundsatz der richterlichen Unabhängigkeit und widerspricht dem rechtsstaatlichen Verständnis, dem auch die Presse verpflichtet sein sollte.

Hoenig schreibt dazu in seinem Blog:

Daß die Journaille – wie jene BZ – versucht, auf diese Weise quasi eine Lynchjustiz wieder hoffähig zu machen, ist widerwärtig, aber bei dem Ausbildungsstand der sich auf diesem Niveau prostituierenden Schmierfinken nicht anders zu erwarten.

Und ich bin geneigt mich dieser Meinung vollumfanglich anzuschliessen. SO wird Meinung gemacht und das Prinzip des Rechtsstaates mit den Füssen getreten.

Gedanken über Gebete und Geheimdienste

Wenn der Innenminister (noch!) keine konkrete Terrorangst schüren kann, so greift er auf altbewährtes zurück: RAF ist das Mittel der Wahl. Konkret geht es um Verena Becker, die gestern in berlin festgenommen und in Untersuchungshaft verbracht wurde.

In den Notizen führt Becker, die in der Hauptstadt als Heilpraktikerin firmiert, eine Art Gespräch mit sich selbst: Unter anderem stellt sie die Frage, ob sie für den von einem RAF-Kommando 1977 erschossenen damaligen Generalbundesanwalt Siegfried Buback beten und wie sie sich mit dem Thema Schuld auseinandersetzen solle.

schreibt der Spiegel. Wir halten fest: Verena Becker war – zumindest indirekt – in den Mordfall „Siegfried Buback“ verwickelt. Sie kannte den oder die Mörder persönlich. Dies ist in Deutschland NOCH kein Grund für eine anklage oder Haft. Wenn nun aber ein Mensch überlegt, ob er für ein Opfer eines Mordes beten soll und ob er vielleicht seine Bekannten von dem Mord hätte abbringen können (auch dann würde man sich die „Schuldfrage“ stellen) so wird man inhaftiert. Ich frage mich mit welcher Begründung diese Untersuchungshaft angeordnet wurde. Fluchtgefahr? Die Ermittlungen gegen Verena Becker sind seit Wochen von den Medien begleitet worden. Es ist davon auszugehen, dass Verena Becker längst versucht hätte sich abzusetzen, wenn sie davon ausgehen müsste, dass die Ermittlungsbehörden ernsthaftes Beweismaterial gegen sie hätten. Das Frau Becker nicht in den Untergrund ging, ist ein Indiz für eine nicht gegebene Fluchtgefahr sowie eine anzunehmende Unschuldsvermutung in Sachen Mord.

Warum also fühlte sich Verena Becker sicher? Sollte Michael Buback – der Sohn des ermordeten Bundesstaatsanwaltes – am Ende Recht behalten, wenn er behauptet, dass Becker eine Informatin der staatlichen Dienste war? Und dass eben diese staatlichen Stellen Frau Becker jetzt fallen lassen, bevor die Geheimdienste selbst in die Mitte der Ermittlungen rücken? Es würde unserem Innenminister GANZ sicher nicht gefallen, mit dem ehemaligen Niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht (dem Vater unserer „Zensursula“ von der Leyen) in einem Satz genannt zu werden. Albrecht hat die Affaire um das „Celler Loch“ mit zu verantworten. Eine andere Affaire in der Geheimdienste und Regierung Täter und Vertuscher zugleich waren.