Auch Bundeskanzlerin Merkel tritt Menschenrechte und Grundgesetz mit Füssen

Manchmal habe ich das Gefühl, das unsere Politiker in gewissen Situationen nicht in der Lage sind weiter zu denken als von der Wand zur Tapete.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, dieser Erfolg, den Sie beschreiben, war offenkundig eine gezielte Tötung; vieles spricht dafür. Sollten auch deutsche Sicherheitskräfte in der Lage sein, auf diese Weise gegen Terrorhäupter vorzugehen?

BK´in Merkel: Ich bin heute erst einmal hier, um zu sagen: Ich freue mich darüber, dass es gelungen ist, bin Laden zu töten. Ich glaube, dass es vor allen Dingen für die Menschen in Amerika, aber auch für uns in Deutschland eine Nachricht ist, dass einer der Köpfe des internationalen Terrorismus, der so viele Menschen schon das Leben gekostet hat, gefasst bzw. getötet wurde und damit auch nicht mehr weiter tätig sein kann. Das ist das, was jetzt für mich zählt.

Quelle: Bundesregierung. Unsere Bundeskanzlerin freut sich während einer offiziellen Pressekonferenz darüber, dass ein wahrscheinlicher (gab es ein Strafverfahren?) Krimineller und Schuldiger an tausendfachem Tod, getötet wurde. Keine Verhandlung, keine Verteidigung – einfach Kopfschuss und gut.

The U.S. special forces team that hunted down Osama bin Laden was under orders to kill the al Qaeda mastermind, not capture him, a U.S. national security official told Reuters.

Quelle Reuters. Die US-amerikanischen Offiziellen versuchen nicht mal den Tod bin Ladens als „Unfall“ hinzustellen.

Frau Merkel: Haben Sie das Grundgesetz – auf das Sie einen Amtseid geleistet haben – irgendwann einmal gelesen?

Artikel 1

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Ausserdem empfehle ich die Lektüre der Artikel 101 – 105 des GG

Frau Merkel, es bereitet mir massive Übelkeit einen Menschen an der Spitze des deutschen Volkes zu wissen, der die Grundrechte von Menschen derart ignoriert. Das die Springerpresse nach ihren eigenen Regeln schreibt, daran habe ich mich gewöhnt. Das aber die Bundeskanzlerin den Boden der Rechtsstaatlichkeit verlässt und dies für normal zu halten scheint, drängt mir einen anderen Passus des Grundgesetzes in Erinnerung:

Artikel 20
[Staatsstrukturprinzipien; Widerstandsrecht]
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Können Sie noch ruhig schlafen Frau Merkel? Ich empfehle Ihnen einen Kurs an der Volkshochschule: Staatsbürgerkunde.

Anmerkung: Ich bin stolz auf das System der rechtsstaatlichen Grundlagen in dem wir leben – vielleicht bin ich am Ende gar kein Linker, sondern ein Konservativer. Oder gar ein konservativer Linker? Oder linker Konservativer? Egal, ich kann es nur nicht ertragen, wenn das was unsere Vorväter aufbauten derart ignoriert und mit den Füssen getreten wird.

Gerechtigkeit für den „Radfahrer“?

Es ist schon über ein Jahr her, dass „der Radfahrer“ (unter der Bezeichnung wurde das Opfer von Polizeigewalt bekannt) anlässlich der Demonstration „Freiheit statt Angst“ am 12 Sept. 2009  in Berlin von Polizisten zusammen geschlagen wurde.

Auch wenn kaum noch jemand auf ein Verfahren zu hoffen wagte, so erfolgt nun endlich die Anklage gegen die beiden direkt beteiligten Polizisten. Warum nicht gegen umstehende Polizisten wegen unterlassener Hilfeleistung ermittelt wird, entzieht sich meiner Kenntnis.

Bisher schweigt die Berliner Staatsanwaltschaft zu der Anklageerhebung. Zuletzt teilte sie nur mit, dass die Ermittlungen kurz vorm Abschluss stünden. Ein Schreiben des zuständigen Staatsanwalts vom 17. November, das der taz vorliegt, hält nun fest, dass gegen die beiden Polizisten „hinsichtlich des Vorwurfs der (gemeinschaftlichen) Körperverletzung im Amt […] Anklage erhoben“ wurde. Konstatiert werden „Körperverletzungshandlungen“ gegen den Geschädigten, bei denen dieser „nicht unerheblich verletzt wurde“.

TAZ

Einigkeit und Recht und Freiheit

Kaum wieder in Hamburg, war ich vorhin  zur Mahnwache gegen S21 am Hamburger Hauptbahnhof (welche Miia dankenswerter Weise organisiert hatte).

Gestern twitterte ich noch

In Berlin wird die Einheit gefeiert, während Stuttgart die unüberwindliche Trennung manifestiert. Hurra Deutschland

während ich mich heute mit anderen Teilnehmern der Mahnwache über den Begriff „Gerechtigkeit“ unterhielt.

Alles in allem ist der Tag der Deutschen Einheit vielleicht ein schöner Moment sich einmal Gedanken über die Begriffe und die Bedeutung  Einheit und Einigkeit zu machen. Was bedeutet Einheit heute? Vor 1989 bedeutete Einheit für uns Deutsche die Wiedervereinigung Deutschlands. Und heute? Leben wir in der Einheit? „Einigkeit und Recht und Freiheit“. Welch grosse Worte, aber füllen wir diese mit Leben? Sind wir einig? Können wir überhaupt einig sein? Und wer überhaupt ist sich einig? Es gibt zwei grosse Konfliktfelder im Bereich Einigkeit/Einheit:

  • Grossverdiener und Hartz-IV Aufstocker
  • Politik und Gesellschaft

Ost/West gehört (so wie ich das interpretiere) interessanter Weise nicht mehr zu den grossen Konflikten. Ebenfalls interessant scheint mir, dass die Polizei immer zwischen den Fronten steht. Die Besitztümer der Reichen werden im Zweifelsfall genau so geschützt, wie die Polizei als Durchsetzungsmittel bei Argumentverlust der Politik herhalten muss.

Aber zurück zur Einheit/Einigkeit. Ehemals wurden Sozialgesetze eingeführt um die „Mächtigeren“ dadurch zu schützen, dass man die Unterschiede zwischen Arm und Reich versucht einzudämmen. Man wusste, dass zu große soziale Unterschiede zu Unruhen führen würden – die Geschichte lehrte dieses. Eine gewisse Grundeinheit war also als zwingend vorausgesetzt. Remember Bastille?

Heute scheinen die Mächtigen aus Wirtschaft und Politik diese alten Regeln auszublenden. Wie mittelalterliche Despoten tun sie alles um ihre Macht zu mehren und den Abstand zwischen sich und dem Pöbel in jeglicher Hinsicht zu vergrössern. Die Frage ist: Kann dieses langfristig gut gehen? Oder wäre es sinnvoller und auch preiswerter, den Besitzstand gerechter aufzuteilen. Wäre es gerechter und förderlich auch den einfachen Bürger in Entscheidungsfindungen zu involvieren?

Was gibt der Staat Jahr für Jahr für „innere Sicherheit“ aus? Welcher Investitionsanteil ist proaktiv um zukünftige Gefahrenlagen im Griff zu haben und was wird benötigt um Demonstrationen zu begleiten und zu zerschlagen?

Deutschland ist nicht einig und auch kleine Einheit. Es wäre Aufgabe der Politik diese Einheit aller Bewohner unseres Landes (nicht nur der Deutschen!) zu ermöglichen, aber es ist einfacher sich von Atom- und Pharmalobby am Nasenring durch den Reichstag führen zu lassen, als sich der gesellschaftlichen Entwicklung zu widmen. Dieses sind die Themen des Bullterriers von der Leyen und der ewigen Studentin Köhler. Leider scheinen beide völlig überfordert zu sein. Das Thema Einheit muss Chefsache werden, aber wir haben keinen Chef – auch keine Chefin. Nur Anzug- und Befindlichkeitsträger. Seit Kohl ist es egal ob SPD oder CDU die Spitze der Regierung stellt: Es sind immer moralisch-ethische Versager.

Liebe Regierung: Macht endlich eure Arbeit. Arbeit FÜR das Volk. Auch das Volk sollte etwas tun um Einigkeit und Einheit zu erreichen. Dies ist etwas, an dem jeder Einzelne einen kleinen Teil mittragen kann. Ost und West sind in gleichem Masse zusammen gewachsen, wie sich Oben und Unten voneinander distanzierten.

Und – solltest Du das lesen: Auf der Mahnwache unterhielt ich mich mit einem jungen Mann (Name ist egal …) der für 1.100€ BRUTTO arbeiten geht. Ihm gilt mein Respekt, auch wenn wir kontrovers diskutierten, aber ich ziehe den Hut.