Meine Einstellung in Sachen Piratenpartei vs. Stefan „Aaron“ König

Ich habe zu diversen Institutionen und Gesellschaften ein kritisches Verhältnis.

An den Gewerkschaften stört mich z.B. dass niemand bei einem Treffen zwischen Gewerkschaftsfunktionären und Arbeitgebervertretern in der Lage ist  die ankommenden Herrschaften anhand ihrer Fahrzeuge zu unterscheiden. Ich erwarte nicht, dass ein Gewerkschaftsboss in einem Trabant vorfährt, bin allerdings irritiert wenn er im Zweifelsfall sich aus der selben Luxusklasse bedient, wie die Bosse der Konzerne. Wie will so ein Mensch die Bedürfnisse der Personen vertreten, für die er steht? Kennt er das Fallbeil namens „Kurzarbeit“? Weiss er wie es ist bereits am Anfang des Monats mit SEHR spitzem Bleistift auszurechnen, wie man die Familie ernähren kann? Dies ist der Grund, warum ich keiner Gewerkschaft angehöre.

„Die da oben“ vertreten mit Worten und Taten diejenigen, die sie in ihr Amt gebracht haben. Dieses gilt noch verschärfter für Parteien – denn dort werden die Vertreter gewählt, man spricht den Amtsinhaber ein Vertrauen aus. Und es ist wichtig, dass man seinen Stellvertretern vertrauen kann. Wenn das Vertrauen schwindet, gibt es keinerlei Grundlage der Zusammenarbeit resp. der Vertretung. Wobei man zwischen unterschiedlichen Eskalationsstufen unterscheiden muss: Es gibt die Möglichkeit „Ach, so toll ist der nicht – das war eine fehlerhafte Entscheidung meinserseits, die werde ich bei der nächsten Wahl korrigieren – ICH werde es besser machen, anders wählen. Mit diesem Endloskreis laborieren wir Deutschen schon seit vielen Jahren an unserer Regierung herum. Die andere Möglichkeit ist ein:“Oh mein Gott, was haben wir getan – das gehört schnellstmöglich beendet“. Die ist eine „Gefahr im Verzuge“-Stituation, in der sofort gehandelt werden muss. Geschieht dies nicht läuft etwas massiv schief und ich für meinen Teil muss mich distanzieren.

Kommen wir nun zu der Piratenpartei und speziell zu ihrem Umgang mit Aaron König (Stefan König), der die Piraten im Vorstand vertritt. Stefan König ist bereits in der Vergangenheit diverse Male durch krude Ansichten/Äusserungen aufgefallen. Äusserungen, die sich in meinen Augen nicht mit Meinungsfreiheit oder kreativem Umgang mit Ansichten beschönigen lassen. Für mich spielt Stefan „Aaron“ König an der Stelle in der gleichen Liga wie der unsägliche Thilo Sarrazin. Ein Bodo Thiessen (der KEIN Bundes- oder Landesamtsinhaber war!) wurde von den Piraten deutlich härter angegangen, als es nun der Fall in Sachen König ist. Wobei ich die Äusserungen von Bodo eher(!) mit der Meinungsfreiheit erklären kann, als die wiederholten Ausfälle eines Mitgliedes des Bundesvorstandes.

Ich habe schon des öfteren seltsame Tendenzen innerhalb der Piraten beobachten müssen. Dieses waren/sind allerdings Versuche von Einzelpersonen ohne Amt gewesen, die sonderbare Ansichten in die Piraten hereintragen wollten. Solch Vorfälle gibt es überall. Sei es im Taubenzüchter- oder Kleingartenverein, in Parteien, Gewerkschaften oder anderen formellen Zusammenschlüssen. Deutlich kritisch wird es in meinen Augen wenn Amtsinhaber sich so massiv von dem verabschieden, was ich persönlich für vertretbar halte. Dieses gilt für Gewerkschaftsbosse wie für Parteivorstände: Wenn gewisse Meinungen/Forderungen auftauchen, habe ich mit der Veranstaltung nicht mehr gemeinsam.

Gestern gab es auch auf Bundesebene ein Forum, wo auch das Thema Aaron ein Top war. Ich hoffte (leider vergeblich) dass innerhalb dieses Rahmen eine deutlichste Distanzierung, inklusive konkrete Massnahmen beschlossen würden. Dieses war nicht der Fall, und ich hatte es fast erwartet. Es wird geredet und es werden Meinungsbilder aufgenommen – aber es nichts getan. Und genau DAS ist der Punkt, an dem ich sagen muss: Ich bin piratig – im herkömmlichen Sinne. Aber was da derzeit bei den Piraten in Sachen Stefan König passiert ist mir so viel zu wenig, dass ich mich von diese Linie und von der Piratenpartei deutlich distanzieren muss. Die Meinungsfreiheit schätze ich sehr,sehr hoch. ich will keinem das Wort verbieten. Wer aber zu militärischen Angriffen gegen einen autonomen Staat aufruft, hat JEDES Recht verloren mich zu vertreten. Es ist zwar „nur“ eine persönliche Meinung, aber die Meinung eines Menschen der in Zweifelsfall durch seine Meinung mich vertreten soll. Und dieses geht gar nicht!

Es gibt viele Piraten, die ich sehr schätze und deren Meinungen und Vorstellungen ich zu 100% teile. Einem Hanno, einem Eckes, eines Nils und einem Alex (sowie einige andere, die ich hier nicht alle erwähnen kann …) werde ich mein Vertrauen nur schwerlich entziehen können – zu viel verbindet uns im Geiste, auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind. Ich bin und bleibe „piratig“ und hoffe dass diese Distanzierung in Zukunft wieder aufgehoben werden kann. Wie schrieb mir  eine Hamburger Piratin gestern so lieb:

Man muss ja schliesslich kein Mitglied sein, um Mailinglisten zu beziehen, man muss kein Mitglied sein, um zu Stammtischen zu gehen etc.

Wenn Du meinen solltest, dass die Piratenpartei etwas erwachsener ist und Du wieder Mitglied sein willst, dann biste immer willkommen und wenn nicht dann bist Du trotzdem willkommen ätsch!

Worte über die ich mich sehr freute und die piratiger sind, als es ein Aaron König wahrscheinlich jemals sein wird. Danke dafür!

Nachrichten die mir wirklich Hoffung geben

Es wird ja immer schwerer Nachrichten zu finden, über die man sagen kann „Das freut mich wirklich, weil es mir Hoffnung gibt“. Mit diesen Nachrichten meine ich nicht die schnöde Gehaltserhöhung oder die freudige Botschaft, dass sich Nachwuchs einstellt. Ich meine Meldungen wie:

Die israelischen Stadt Rosh-Haayin und Dachau gehen eine Kooperation ein – als Vorstufe zu einer Städtepartnerschaft. Das Angebot kam aus Israel, Dachau stimmte zu. Es ist die erste Zusammenarbeit dieser Art mit einer deutschen Stadt, in der die Nazis ein KZ eingerichtet hatten.

welche der BR vermeldete. Diesen – vorerst zwar zarten, aber dennoch wahrnehmbaren – Schritt werte ich als ein Zeichen von echter Versöhnung. Dahinter steht für mich sowohl Versöhnung als auch das Zuschütten von alten Gräben. Ich freue mich darüber.

Betrachtungen zur Wahl: Und nun?

Tja, als erstes sollte man nicht vergessen, das die Zahlen des Wahlergebnis realistisch zu sehen. Abgesehen davon scheinen uns ein paar Veränderungen ins bundesdeutsche Haus zu stehen.

Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang ein Blick auf Aktienkurse. Denn hier sitzen die Lobbyisten am Rohr und werden dafür eintreten, dass die bezahlten Schmiergelder Wahlunterstützungen sich auch remonetarisieren. Eine Investition muss sich ja lohnen.

Die Tigerente wird wahrscheinlich die Atom-Meiler länger am Netz lassen. „Manche Branche hofft auf Zusatzgewinne, zum Beispiel die Energieversorger wie RWE und Eon“ (Tagesschau). Strahlend gehen wir also in die Zukunft, während erneuerbare Energien auch direkt vom Wähler abgestraft werden. Schon gestern während der Wahlberichterstattung wurde die Forderung nach „mehr Wachstum“ laut. Wachstum im Geldbeutel der Hartz-IV Empfänger ist dabei nicht gemeint. Ergo bedeutet dies sehr wahrscheinlich eine Schwächung der Arbeiter und Angestellten in Form von Aufweichung des Kündigungsschutzes und kein weiterer Ausbau des Mindestlohnes. Eine stärkere Besteuerung der „Mehrverdiener“ – welche der einzige Weg ist die Schwere zwischen Arm und Reich zu mindern – wird es mit dieser Regierung wohl auch nicht geben können.

Aber es gibt – da keimt ein Fitzelchen Optimismus auf – auch eine Chance für die Bürger dieses Landes. Diese Chance sehe ich daran, dass das „linke Spektrum“ der Parteienlandschaft sich zusammenrafft und anhand der gemeinsamen Kritikpunkte an der Arbeit der Tigerenten seine Gemeinsamkeiten feststellt. Bislang haben diese Parteien sich eher gegenseitig anhand von Gegensätzlichkeiten voneinander abgegrenzt, nun ist eine Möglichkeit der Besinnung auf gemeinsame Werte angezeigt.

Gerade die SPD hat hier schweren Nachholbedarf. Sie ist – auch aufgrund der Zusammenarbeit mit der CDU – weit von ihren Stammwerten abgedriftet. Aber schon unter dem VW-Kanzler Schröder hat die SPD ihre grösste (gewerkschaftsnahe) Stammwählerschaft oft genug vergessen.

Die Linke und die Grünen sollten ihre Wahlerfolge (die sie hatten) nicht schlechtreden lassen. Ich las vorhin, dass die Grünen sich als ewige Oppositionspartei etablieren. Das empfinde ich als deutlich übertrieben. Wenn man die Grünen (trotz Moorburg – DAS kann ich euch nicht vergessen!) als Teil der fortschrittszugewandten Parteien ansieht, so hat und behalten sie ihre Daseinsberechtigung.

Das ich die Piraten – auch wenn Sie „nur“ 2% – extra betrachte, hat persönliche Gründe :). Diese 2% sind ein GRANDIOSER Erfolg. Diese – noch – sehr kleine Partei hat in den letzten Monaten intern eine massive Zuwanderungsrate verarbeiten müssen. Diese neuen Mitglieder bedeuten nicht nur Wählerstimmen, sondern auch interne Diskussionen. Kräfte werden wieder und wieder gebunden, um intern eine einigermassen klare Linie zu erarbeiten und definieren, die nach draussen getragen werden kann. Ich erwähnte bereits, dass ein Ergebnis oberhalb von 4,999~% der Partei in meinen Augen nicht gut getan hätte. NUN haben die Piraten im Bereich Bundestagswahl vier Jahre Zeit sich zu etablieren, Kräfte zu sammeln, Strukturen aufzubauen sowie Profil aufzubauen und zu kommunizieren. Auch wenn dem Wähler aus einigen Ecken versucht wurde zu erklären, dass jede Stimme für die Piraten die Tigerenten unterstützt, so wage ich zu sagen: Diese Stimmen geben den Piraten Kraft zum weiter machen.Sie zeigen, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist und man diesen konsequent weiter beschreiten sollte.