Betrachtungen zur Wahl: Und nun?

Tja, als erstes sollte man nicht vergessen, das die Zahlen des Wahlergebnis realistisch zu sehen. Abgesehen davon scheinen uns ein paar Veränderungen ins bundesdeutsche Haus zu stehen.

Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang ein Blick auf Aktienkurse. Denn hier sitzen die Lobbyisten am Rohr und werden dafür eintreten, dass die bezahlten Schmiergelder Wahlunterstützungen sich auch remonetarisieren. Eine Investition muss sich ja lohnen.

Die Tigerente wird wahrscheinlich die Atom-Meiler länger am Netz lassen. „Manche Branche hofft auf Zusatzgewinne, zum Beispiel die Energieversorger wie RWE und Eon“ (Tagesschau). Strahlend gehen wir also in die Zukunft, während erneuerbare Energien auch direkt vom Wähler abgestraft werden. Schon gestern während der Wahlberichterstattung wurde die Forderung nach „mehr Wachstum“ laut. Wachstum im Geldbeutel der Hartz-IV Empfänger ist dabei nicht gemeint. Ergo bedeutet dies sehr wahrscheinlich eine Schwächung der Arbeiter und Angestellten in Form von Aufweichung des Kündigungsschutzes und kein weiterer Ausbau des Mindestlohnes. Eine stärkere Besteuerung der „Mehrverdiener“ – welche der einzige Weg ist die Schwere zwischen Arm und Reich zu mindern – wird es mit dieser Regierung wohl auch nicht geben können.

Aber es gibt – da keimt ein Fitzelchen Optimismus auf – auch eine Chance für die Bürger dieses Landes. Diese Chance sehe ich daran, dass das „linke Spektrum“ der Parteienlandschaft sich zusammenrafft und anhand der gemeinsamen Kritikpunkte an der Arbeit der Tigerenten seine Gemeinsamkeiten feststellt. Bislang haben diese Parteien sich eher gegenseitig anhand von Gegensätzlichkeiten voneinander abgegrenzt, nun ist eine Möglichkeit der Besinnung auf gemeinsame Werte angezeigt.

Gerade die SPD hat hier schweren Nachholbedarf. Sie ist – auch aufgrund der Zusammenarbeit mit der CDU – weit von ihren Stammwerten abgedriftet. Aber schon unter dem VW-Kanzler Schröder hat die SPD ihre grösste (gewerkschaftsnahe) Stammwählerschaft oft genug vergessen.

Die Linke und die Grünen sollten ihre Wahlerfolge (die sie hatten) nicht schlechtreden lassen. Ich las vorhin, dass die Grünen sich als ewige Oppositionspartei etablieren. Das empfinde ich als deutlich übertrieben. Wenn man die Grünen (trotz Moorburg – DAS kann ich euch nicht vergessen!) als Teil der fortschrittszugewandten Parteien ansieht, so hat und behalten sie ihre Daseinsberechtigung.

Das ich die Piraten – auch wenn Sie „nur“ 2% – extra betrachte, hat persönliche Gründe :). Diese 2% sind ein GRANDIOSER Erfolg. Diese – noch – sehr kleine Partei hat in den letzten Monaten intern eine massive Zuwanderungsrate verarbeiten müssen. Diese neuen Mitglieder bedeuten nicht nur Wählerstimmen, sondern auch interne Diskussionen. Kräfte werden wieder und wieder gebunden, um intern eine einigermassen klare Linie zu erarbeiten und definieren, die nach draussen getragen werden kann. Ich erwähnte bereits, dass ein Ergebnis oberhalb von 4,999~% der Partei in meinen Augen nicht gut getan hätte. NUN haben die Piraten im Bereich Bundestagswahl vier Jahre Zeit sich zu etablieren, Kräfte zu sammeln, Strukturen aufzubauen sowie Profil aufzubauen und zu kommunizieren. Auch wenn dem Wähler aus einigen Ecken versucht wurde zu erklären, dass jede Stimme für die Piraten die Tigerenten unterstützt, so wage ich zu sagen: Diese Stimmen geben den Piraten Kraft zum weiter machen.Sie zeigen, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist und man diesen konsequent weiter beschreiten sollte.

Rom wurde nicht an einem Tag erbaut

Einen Tag nachdem die etablierten Parteien sich für ihre Wahlerfolge in Thüringen, Sachsen und dem Saarland feiern, ist es auch Zeit die wenigen Ergebnisse der Piraten einmal genauer anzuschauen.

Ich weiss, dass die Onlineumfragen (bei XING dümpeln die Piraten stets überhalb der 80%) kein Maßstab für echte, amtliche Wahlergebnisse sein können. Denn die Piraten rekrutieren sich zu 99% aus den Aktiven der Onlinewelt. Eben die Menschen, die das Internet nicht nur als ein Konsum- sondern eher als ein Mitmachmedium verstehen. Das diese Personengruppe eher bereit ist Kommentare und Blogeinträge zu schreiben und an Onlineabstimmungen teilzunehmen, ergibt sich aus deren Persönlichkeitsprofil. Insofern sind die Piraten eine Partei, die es schaffen wird wahlmüde Wähler zu aktivieren, sofern diese (die Wähler) sich kritisch mit der tagesaktuellen Politik und den Rechten der Menschen in der BRD und dem Netz auseinandersetzen.

Aber wieviele Menschen sind dies denn tatsächlich? Wieviel Prozent der Bundesbürger kennen noch ihre Rechte, wie sie im Grundgesetz (der immer noch legitimierten Ersatz einer Verfassung) festgeschrieben sind? Wieviele Wahlberechtigte Menschen erkennen den Wert, den Sie als Individuum besitzen? Wieviele Menschen sind noch stolz darauf eine eigene Meinung zu besitzen und plappern keine vorgefertigten, manipulativen Meinungsbilder a’la Springerpresse nach?

Es sind zu wenige!

Isotopp stellte fest, dass die Piraten es in Aachen und Münster geschafft haben mit jeweils einem Sitz in die Rathäuser einzuziehen. In den Wahlkreisen, in denen die Piraten aufgestellt waren, haben Sie wohl zwischen 6 und 10% der Stimmen erhalten. Dies ist ein Achtungserfolg, den man nicht kleinreden kann und soll. Nun liegen Münster und Aachen aber nicht in im tiefsten Bayern. Insofern muss man die Zahlen – will man diese für die Bundestagswahl hochrechnen – leider etwas korrigieren. Für mich ist ein Piratenergebniss bei der Bundestagswahl oberhalb der 2% ein Erfolg. Aber bitte: Überrascht mich. Holt mehr als 5% und ich werde feiern, wie ich lange kein politisches Wahlergebnis gefeiert habe.