Lobby gegen Kirchhoff und die Steuerreform

Eines vorne weg: Eine Steuerreform tut Not. Das Geflecht der Steuergesetzgebung ist in den letzten Jahrzehnten so unübersichtlich geworden, dass derjenige der in Beratungsdienstleistungen investieren kann (alles eine Frage des Einkommens), seine Steuerschuld bis ins Minus runter rechnen kann. So kommt es, dass Großverdiener mitunter weniger Steuern zahlen, als ihre Putzfrau.

Warum findet sich keine Lobby für eine richtige Steuerreform? Die Gegner einer solchen Reform sitzen an diversen Stellen:

  • Die oben erwähnten monetär Begünstigten der derzeitigen Steuerregelungen. Sie wären doch blöd, würden sie sich nicht dagegen wehren, gerechte und überschaubare Steuergesetze zu verwirklichen. Nur im Morast kann man etwas verstecken.
  • Die Angestellten der Bundesfinanzverwaltung und der Finanzämter, inkl. des Finanzministers. Desto aufwendiger Steuerprüfungen sind, umso mehr Personal braucht man. Sollte eine durchschnittliche Steuererklärung in der hälfte der Zeit abgearbeitet werden können, würden ca. 30% der beteiligten Mitarbeiter freigesetzt werden können. Und Steuergesetze gehen ausschliesslich über die Finanzverwaltung …
  • Die Bande der Steuerberater. Wer braucht denn noch einen Steuerberater, wenn es nichts mehr zu tricksen gibt? Wird ein Steuerberater noch zur einkommensstarken Schicht gehören, wenn er dem Unternehmen keine Millionen mehr sparen kann?

Den oben genannten drei Personengruppen haben wir es zu verdanken, dass (nicht nur) die deutschen Steuergesetze zum einen ungerecht als auch unsozial sind. Und jeder Versuch diese Kluft zu sprengen muss zwangsläufig zur virtuellen Beerdigung desjenigen führen, der gute Ideen auf den Tisch legt.

Freie Kultur? Kulturflatrate? Befindlichkeiten und Standpunkte

Nachdem gestern die Streamingplattform kino.to durch die Generalstaatsanwaltschaft Sachsen „aufgelöst“ wurde, ist das Thema „Finanzierung der Kulturschaffenden“ wieder in vielen Mündern. Dabei tuen sich Gräben auf, die den Mariannengraben in Tiefe nicht nachstehen.

Ich habe ja selbst ein gespaltenes Verhältnis zu dem Thema, einerseits stinkt mir die Macht der Medienindustrie ausserordentlich, andererseits habe ich auch Künstler in meinem Umfeld die froh wären von ihrer Kunst leben zu können.

Wenn man über Kulturflatrates, freiem Zugang zur Kultur und dem gesamten Problemkreis spricht, darf man nicht vergessen, dass der Bereich „Erwerb durch künstlerische Kreativität ein weites Feld ist.

  • Filmproduktionen, die mittels Fernsehgebühren – oder Werbung – bereits voll (quer..)finanziert sind, sollten für den Endverbraucher frei verfügbar sein.  Jedwedes „Wegschliessen“ ist dem „Verbraucher“ (der bereits für dieses Werk zahlte) argumentativ nur schwer zu vermitteln
  • Lokal agierende, musikalische Kleinkünstler profitieren teilweise davon, dass ihre Musik „unter der Hand“ weiter verteilt wird, da ihre Auftritte besser besucht und die Engagements besser bezahlt werde (auch der Hut wird besser gefüllt).
  • Die schreibende Zunft ist, wenn das Werk erst einmal frei verfügbar ist, pauschal beim Thema gekniffen. Ist doch die typische Einnahmequelle, der Buchverkauf, meist mit deutlichen Abstrichen versehen.
  • Aufwändige Spielfilme sind nicht finanzierbar, wenn nicht sichergestellt ist, dass der Film kostendeckend aufgeführt werden kann.

Die geniale Truppe „Monty Python“ stellt Teile ihrer Videos kostenfrei zur Verfügung (Youtube) und erklärt:

For 3 years you YouTubers have been ripping us off, taking tens of thousands of our videos and putting them on YouTube. Now the tables are turned. It’s time for us to take matters into our own hands.

No more of those crap quality videos you’ve been posting. We’re giving you the real thing – HQ videos delivered straight from our vault.

What’s more, we’re taking our most viewed clips and uploading brand new HQ versions. And what’s even more, we’re letting you see absolutely everything for free. So there!

But we want something in return.

None of your driveling, mindless comments. Instead, we want you to click on the links, buy our movies & TV shows and soften our pain and disgust at being ripped off all these years.

Nun kann man sagen: Hey, die Mannen haben es geschafft, die schlafen alle mit dem goldenen Löffelchen ein. Dennoch bleibt die Frage offen: Warum tun die das? Warum werfen sie die besten, meist angesehenen Videoclips in HD-Qualität frei auf den Markt?

Die Antwort ist so banal, wie auch einfach: Weil es sich für sie – monetär – rechnet. Nachdem Monty Python die Videos auf Youtube stellte, vervielfältigte sich der Umsatz der DVDs bei Amazon. Denn der echte Fan wird – nachdem er von dem Werk überzeugt ist – dieses gern im ganzen und vor allem in DVD-Qualität – auf dem heimischen Fernseher sehen wollen.

Wie erwähnt: Monty Python haben es finanziell nicht wirklich nötig, wie geht man mit dem „kleinen Musiker oder Schriftsteller von Nebenan“ um? Haben die nicht auch das recht auf eine Chance? Die Chance mit ihrer Kunst den Lebensunterhalt zu bestreiten?

Und exakt hier kommt das Problem ins Spiel: Die Rechteverwerter!  Wer schon mal einen begabten Musiker, der eine fertige CD auf dem Markt platzieren wollte, auf dem Weg durch die Instanzen begleitete, kennt die Irrwege. Wie überwältigend ist der Jubel, wenn nach einem Jahr endlich ein Label gefunden wurde. Und wie gross ist die Trauer, wenn dann festgestellt wird, dass die Einnahmen überwiegend in den Taschen des Labels (und anderer „Verdiener“) versacken und unser Musiker weiterhin in einer Kneipe hinterm Tresen stehen muss.

Ich glaube auch nicht an das Gelingen einer Kulturflatrate. Denn diese würde von den bereits etablierten Gewinnern der Kulturbranche eingesaugt werden, und kein Newcomer würde wirklich davon profitieren.

Man bräuchte eine – mit der Flatrate verbundene – monetäre Lösung, die vor allem die Arbeit und nur nachrangig den Erfolg der Künstler honoriert.

Ein (spinnerter, das weiss ich selbst) Ansatz könnte sein, dass jeder Kulturschaffende sein Werk erstmal monolitisch frei zur Verfügung stellt. Erst nachdem das Werk (flach gewürfeltes Beispiel) von 1000 unabhängigen Benutzer (ja, wie kontrolliert man dies?) geladen wurde, ist ein allgemeines Interesse festgestellt und dem Künstler steht ein Gehalt für das erschaffen des Werkes zu.

Parallel dazu hat jeder Mensch die Möglichkeit, an dem Werk des Künstlers finanziell zu partizipieren. Zum Beispiel dadurch, dass ein Buch gedruckt, oder eine CD gepresst wird. 50% des Ertrages (nach Abzug aller Kosten, NICHT der Gehälter, Aktiendividenden o.ä.!) dieses Vertriebsweges stehen dem Künstler als Honorar zu.

Wir brauchen Lösungsansätze wie Kleinkünstler sowohl die Möglichkeit erhalten ein Einkommen zu erhalten, als auch vor den Interessen der Großkonzerne geschützt werden.

Wer sagt den Weg? Vielleicht braucht man mehrere parallel installierte Konzepte, um allen Interessenten Recht zu tun. So wie wir derzeit aufgestellt sind, verdienen nur die grössten der Branche und vor allem viel zu viel administrativer Wasserkopf und Kontrolleure ..

Eins noch: Auch wenn die Filmindustrie sich stets beschwert, dass doch so viel Verlust gemacht wird: Warum werden dann noch episch-teure Produktionen wie z.B. Avatar fertig gestellt? Es wird – mit den „Krachern“ noch genügend Ertrag erwirtschaftet. Verlierer sind nur die Kleinen!

Freiherr, Freifrau und Frau Kauffrau

Der Adel ist in Deutschland abgeschafft – seit dem 23. Juni 1920 gibt es keinen Adel mehr. Schon mit der Weimarer Reichsverfassung von 1919 wurde die Verleihung von Adelstiteln eingestellt.

Der Adelstitel wurde zum Namensbestandteil, dieses „Freiherr von Ützelbritz“ hat also keine andere Bedeutung als z.B. Semmelhuber. Weil das Adelspack aber über die Jahrhunderte eine Sonderbehandlung gewohnt war, liess man eine Restsonderbehandlung zu, die den Abgeschafften weiterhin das Gefühl gibt etwas besonders zu sein. Der Reichsgerichtshof hat im Jahre 1926 das Deklinieren von Adeltstitel (die es nicht mehr gab – aber das sind halt Details) erlaubt.

Nur so kann sich die Pornosteffi als Stefanie „Freifrau von Guttenberg“ bezeichnen, im Normalfall (wenn Freiherr tatsächlich nur Namensbestandteil wäre), würde Pornosteffi sich nämlich Stefanie „Freiherr von Guttenberg“ nennen.

Wenn nun in Deutschland eine Gleichbehandlung einklagbar ist, kann die Frau von Herrn Kaufmann – die Beate Kaufmann – auch mit Beate Kauffrau unterschreiben?

BTW: Wer Guttenberg als „Hochadel“ bezeichnet, nennt Hartz IVer auch Großverdiener. Denn von den 16 Adelsrängen ist der Freiherr an 13ter Stelle – unter ihm kommen nur noch Ritter, Edle und Junker. Der Freiherr ist also eher dem Bodensatz des Adelwesens zuzuordnen, denn dem „Hochadel“.