Lobby gegen Kirchhoff und die Steuerreform

Eines vorne weg: Eine Steuerreform tut Not. Das Geflecht der Steuergesetzgebung ist in den letzten Jahrzehnten so unübersichtlich geworden, dass derjenige der in Beratungsdienstleistungen investieren kann (alles eine Frage des Einkommens), seine Steuerschuld bis ins Minus runter rechnen kann. So kommt es, dass Großverdiener mitunter weniger Steuern zahlen, als ihre Putzfrau.

Warum findet sich keine Lobby für eine richtige Steuerreform? Die Gegner einer solchen Reform sitzen an diversen Stellen:

  • Die oben erwähnten monetär Begünstigten der derzeitigen Steuerregelungen. Sie wären doch blöd, würden sie sich nicht dagegen wehren, gerechte und überschaubare Steuergesetze zu verwirklichen. Nur im Morast kann man etwas verstecken.
  • Die Angestellten der Bundesfinanzverwaltung und der Finanzämter, inkl. des Finanzministers. Desto aufwendiger Steuerprüfungen sind, umso mehr Personal braucht man. Sollte eine durchschnittliche Steuererklärung in der hälfte der Zeit abgearbeitet werden können, würden ca. 30% der beteiligten Mitarbeiter freigesetzt werden können. Und Steuergesetze gehen ausschliesslich über die Finanzverwaltung …
  • Die Bande der Steuerberater. Wer braucht denn noch einen Steuerberater, wenn es nichts mehr zu tricksen gibt? Wird ein Steuerberater noch zur einkommensstarken Schicht gehören, wenn er dem Unternehmen keine Millionen mehr sparen kann?

Den oben genannten drei Personengruppen haben wir es zu verdanken, dass (nicht nur) die deutschen Steuergesetze zum einen ungerecht als auch unsozial sind. Und jeder Versuch diese Kluft zu sprengen muss zwangsläufig zur virtuellen Beerdigung desjenigen führen, der gute Ideen auf den Tisch legt.

Wie (nicht nur) die FDP ihre Wähler kauft und den Staat verkauft

Die Statistiken zu den Steuerschätzungen sind da. Und nicht besonders überraschend sind die Zahlen: Es wird weniger Steuereinnahmen geben als erhofft. Interessant ist aber, was so nebenbei mitgeteilt wird:

Dies ergibt sich aus einem Minus von 6,0 Milliarden Euro durch neue Steuergesetze, dem ein Plus von 4,8 Milliarden Euro vor allem durch die bessere konjunkturelle Entwicklung gegenübersteht. (Donaukurier)

Das heisst (wenn man etwaige Fremdeinflüsse auf die Wirtschaft einmal ignoriert), dass wir es uns 6 Milliarden kosten lassen, dass wir 4,8 Milliarden Steuern einnehmen? Wird die FDP das Wachstumsbeschleunigungsgesetz nun in Verschuldungsbeschleunigungsgesetz umbenennen?

Welcher Politiker, welche Partei hat denn bitte mal den Arsch in der Hose uns reinen Wein einzuschenken? Wer trifft harte, aber längst überfällige Entscheidungen um die Schuldenspirale endlich zu stoppen? Griechenland ist dabei NICHT unser Problem. Unsere Probleme liegen in einem Ungleichgewicht der Besteuerung. Bis 1989 hatten wir einen Spitzensteuersatz von 56 %! Dieser wurde so ganz langsam auf 42(45)% gesenkt. Der Spitzensteuersatz ist so niedrig wie er noch nie zuvor in der Bundesrepublik war. Die Einkommensteuer insgesamt ist so niedrig wie nie – und damit sind die Einnahmen auch niedrig wie nie. Erbschaften werden „günstiger“. Überall wirft der Staat Geld aus dem Fenster – und wundert sich über Staatsschulden?

Aber auch bei anderen Steuern versucht jedweder Steuerpflichtige bloß den eigenen Vorteil zu sehen. Kenn ihr Norderfriedrichskoog? Nee? Norderfriedrichskoog hat 44 Einwohner – und hatte bis 2004 Firmen wie Deutsche Bank, E.ON, Commerzbank, Lufthansa, Siemens, Lidl, Merck beheimatet. Warum? Weil Norderfriedrichskoog bis 2004 keine Gewerbesteuer erhob und diese Firmen durch ihre Briefkastenfirmen sehr viel Gewerbesteuer sparen konnten. (Quelle Wikipedia). Ja, SO schafft es (nicht nur) die Deutsche Bank das dicke Geld zu machen – durch ausnutzen von Lücken im System. Und wir dummen, kleinen Idioten (und wieder muss ich an Trigema denken) zahlen und zahlen.

Zeigt jemand den Bundesinnenminister an?

Wenn Alvar Freude in seinem Blog berichtet, dass das Innenministerium das BKA auffordert geltende Gesetze NICHT einzuhalten, dann frage ich mich welche Macht in diesem Staate mich dann noch zur Gesetzestreue erziehen soll?

Mir liegt der finale Entwurf des Erlasses (PDF; 2,4 MB) vor, mit dem das BKA angewiesen wird, das Zugangserschwerungsgesetz nicht umzusetzen. (Alvar)

Die Aufgabe des Bundesinnenministeriums:

Die wichtigste Aufgabe des Bundesinnenministers ist die Gewährleistung der Sicherheit unseres Landes. Der Schutz des Einzelnen vor Gewalt, sei es krimineller oder terroristischer Art, ist eine Voraussetzung für die freie Entfaltung seiner Möglichkeiten. (Quelle)

Wird die Sicherheit nicht durch Einhaltung von Gesetzen aufrecht erhalten? Darf ich jetzt auch die Steuergesetze nicht einhalten? Oder anders gefragt: Nach welchen Voraussetzungen wird definiert, wann sich wer über welche Gesetze hinweg setzen darf?

Die Regierung und deren Erfüllungsgehilfen machen sich ein ums andere Mal lächerlich.