Teeren und Federn ist so 80er

Wenn früher ein Scharlatan ins Dorf kam und mit irgendwelchen Taschenspielertricks einen bemerkenswerten Teil der Dorfgemeinschaft betrog wusste man, was zu tun ist: Der Teer wurde angerührt, ein paar Hühner und Gänse mussten nackich ins Bett und dann wurde getan was immer getan wurde:

Der Betrüger wurde geteert, gefedert und unter Hohn und Spott aus dem Dorf gejagt

Heute wird das wie folgt praktiziert:

Die Bundeswehr verabschiedet den zurückgetretenen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) heute in Berlin mit einem „großen Zapfenstreich“. Guttenberg war am 1. März wegen der Plagiatsaffäre um seine in Teilen abgeschriebene Doktorarbeit zurückgetreten. Deswegen laufen gegen den CSU-Politiker auch strafrechtliche Ermittlungen.

Quelle AFP. Ich empfinde dies als Schande für all die – zumindest ansatzweise – ehrenhaft mittel grossem Zapfenstreich verabschiedeten Persönlichkeiten.

 

Der von Steuergeldern finanzierte schwarze Block #S21

Dass die Ordnungshüter – allgemeine und spezielle Polizeibehörden –  auf Demonstrationen teilweise in Zivilkleidern versuchen angeheizte Situationen erst entstehen zu lassen, ist ein altes „Wissen“, dass niemals bestätigt wurde. Wer Behauptungen in diese Richtung äusserte, wurde gern als Verfolgungstheoretiker belächelt.

Nun wird so manchem Steuerzahler sein Lächeln im Gesicht einfrieren müssen, denn von unseren Steuergeldern wurden tatsächlich – jetzt auch durch Polizeibeamte bestätigt – Angriffe gegen die Polizeikollegen initiiert:

„Ich weiß, dass wir bei brisanten Großdemos verdeckt agierende Beamte, die als taktische Provokateure, als vermummte Steinewerfer fungieren, unter die Demonstranten schleusen. Sie werfen auf Befehl Steine oder Flaschen in Richtung der Polizei, damit die dann mit der Räumung beginnen kann. Ich jedenfalls bin nicht Polizist geworden, um Demonstranten von irgendwelchen Straßen zu räumen oder von Bäumen runterzuholen. Ich will Gangster hinter Gitter bringen“, erklärt er, wohl wissend, dass Karrieren junger Polizisten nur durch die Einsatzhundertschaften gehen, die auch er durchlaufen muss.

berichtet ein Polizeibeamter im – zum Spingerkonzern gehörenden – Hamburger Abendblatt. Ja, da werden unsere Steuergelder ausgegeben, damit der Staat sich selbst einen Grund verschafft sich prügelnd und wasserwerfend auf seine Bürger zu stürzen.

Den Verdacht zu haben, ist schon ein seltsames Gefühl. Die Gewissheit, macht mich wütend und verursacht ein beklemmendes Gefühl von Hilflosigkeit. Hilflosigkeit gegenüber einem System, dass ich mit meinen Steuergeldern zu finanzieren habe, dass andererseits aber alles unternimmt um etwaige Kritik mit allen Mitteln im Keim zu ersticken.

Ein anderer Polizist berichtet in dem Artikel:

„Wenn man scharfe Kampfhunde, ich meine die Polizei-Spezialeinheiten, mit zu einer Demonstration nimmt und sie dann auch noch ohne ersichtlichen Grund von der Leine und räumen lässt, dann beißen sie ohne Erbarmen zu. Dafür wurden sie gedrillt und ausgebildet. Das wussten die, die für den Einsatz verantwortlich waren, ganz genau. Sie mussten das Okay von oben haben. Von ganz oben. Mindestens vom Innenministerium.“

Kampfhunde beissen zu – dafür sind sie ausgebildet. Diesen Satz von einem Polizeibeamten über andere Polizeibeamte zu lesen und das ganze in einem eher als konservativ einzuschätzendem Blatt. Polizisten werden also auch ausgebildet um wild auf die Menge einzudreschen. Darf man sich hier an die Aufgaben und Auftreten der Sturmabteilung erinnert fühlen?

Wenn der Staat den Bürgern – durch Lug, Betrug und blanke Gewalt – seine verfassungsmässigen Grundrechte (Demonstrationsfreiheit) nimmt, wird massiver Widerstand zur Pflicht.

Nachsatz: Auch die TAZ berichtet.

Nachsatz 2: Dies ist der Beweis, dass die Bundesrepublik Deutschland leider zu einem echten Polizeistaat verkommen ist.

Selektive Erinnerungen – am Beispiel Lufthansa

Erinnert ihr euch noch an den Kindergarten, die Schulzeit, den Wehrdienst? War schön, oder? Früher war immer alles besser, denn das menschliche Gedächtnis neigt dazu den Mantel des seligen Vergessens über alles Negative zu legen.

Eben sah ich auf Arte eine sehr interessante, aber auch nachdenklich stimmende, Dokumentation über die Geschichte der Lufthansa. Und diese Geschichte ist tatsächlich spannend.

Die Geschichte des heutigen Luftfahrtunternehmens Deutsche Lufthansa AG wird rechtlich unzutreffend gemeinhin als Entwicklung von der anfänglichen Linienfluggesellschaft 1926 bis zum heutigen Großkonzern dargestellt. Da es sich bei der heutigen Deutschen Lufthansa AG nicht um eine Rechtsnachfolgerin der „alten“ Deutschen Lufthansa AG handelt, ist zum einen zwischen dem Zeitraum von der Gründung der namensgleichen Vorgängergesellschaft Deutsche Lufthansa AG – anfangs unter dem Namen Deutsche Luft Hansa Aktiengesellschaft – am 6. Januar 1926 (Betriebsaufnahme am 6. April 1926) bis zum Ende des Dritten Reiches 1945 (im juristischen Sinne bis zur Liquidation im Jahr 1951) und zum anderen dem Zeitraum seit Gründung der „Aktiengesellschaft für Luftverkehrsbedarf“ (LUFTAG) 1953 zu unterscheiden.

kann man Wikipedia entnehmen. Und die Lufthansa scheint allen Grund zu haben, sich von der Lufthansa zu distanzieren, die damals Hitler so freundlich unter die Arme griff und Göring massgeblich bei seinem Luftkrieg unterstützte. Auch der Einsatz von Zwangsarbeitern macht den Namen „Lufthansa“ nicht unbedingt zu einem Quell an Menschenfreundlichkeit.

Aber ist dem wirklich so, dass die jetzige Lufthansa nichts mit der „Hitler-Lufthansa“ zu tun hat?

Erst 1954 wurde die LUFTAG im Anschluss an den Erwerb der Rechte am traditionsreichen Firmennamen Lufthansa in Deutsche Lufthansa AG umbenannt.

entnimmt man ebenfalls Wikipedia. Warum nutze ich den Firmennamen, gebe Geld dafür aus, wenn ich mit dem Unternehmen nichts zu tun haben will? Aber es gibt weitere Indizien, die eine direkte Verquickung – quasi einen Taschenspielertrick –  vermuten lassen. An anderer Stelle kann man z.B. Wikipedia entnehmen:

Wie schon 1926 war am Aufbau Kurt Weigelt von der Deutschen Bank maßgeblich beteiligt.

Auch die Tatsache, dass die Deutsche Bank an der Gründung beteiligt war, ist den beiden Lufthansen gemein.

Vielleicht waren die alten Lufthansa-Verantwortlichen einfach schlauer als die ihre Kollegen der IG Farben. Einfach einschlafen lassen und bloss kein offizieller Rechtsnachfolger sein. Was man aber – natürlich gern – macht ist, sich mit dem „Schönen“ der alten Lufthansa zu schmücken. Z.B. mit der Ju 52, welche restauriert als Image-Flieger im Auftrag der Lufthansa unterwegs ist. Auch schmückt sich die „Deutsche Lufthansa Berlin-Stiftung, Hamburg“ mit einer Messerschmitt BF108:

Sie wurde 1940 in Regensburg gebaut und von der Luftwaffe als Kurier und Trainingsflugzeug eingesetzt

Nur über den Teil der Zusammenarbeit mit Adolf Hitler und Göring schweigt sich die neue Lufthansa lieber aus. Dass der Aufsichtsratsvorsitzende und Präsident der „alten“ Lufthansa Erhard Milch bei Wikipedia wie folgt beschrieben wird:

Am 19. Juli 1940 wurde er zum Generalfeldmarschall ernannt und ab 1941 wurde er als Generalluftzeugmeister der eigentliche Leiter der technischen Entwicklung und der Rüstungsproduktion der Luftwaffe. In dieser Funktion war er auch verantwortlich für die im Konzentrationslager Dachau durchgeführten Menschenversuche der Luftwaffe.

wurde vor 2 Tagen (70ster Jahrestag der Beförderung zum Generalfeldmarschall) bestimmt auch nicht bei der neuen Lufthansa mit einem Festakt begangen.

Ganz schön pfiffig, einfach eine neue Firma zu gründen. Der Mitbegründer beider Lufthansen – Kurt Weigelt – kannte sich ja aus, er wusste wie gefährlich das alles war. Wieder Wikipedia:

Außerdem blieb Weigelt bis zum Zweiten Weltkrieg Besitzer einer Bananenplantage in Kamerun und war Leiter der Gruppe Deutscher Kolonialwirtschafts-Unternehmungen. Während der Zeit des Nationalsozialismus war er ein führender Kopf für die wirtschaftlichen Planungen einer neuen Kolonialpolitik. Seit 1934 war er förderndes Mitglied der SS und seit 1937 Mitglied der NSDAP.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges stand sein Name zunächst auf einer Liste mit 42 Personen der Industrie, die als Kriegsverbrecher gesucht wurden. Er wurde festgenommen und zu einer zweijährigen Gefängnisstrafe und einer Geldstrafe verurteilt. Danach war er zunächst mit der Liquidation der alten Lufthansa beschäftigt. Später trat er wieder in das Bankfach ein und war seit 1952 Mitglied des Beirates der Deutschen Bank.

Lufthansa und Deutsche Bank und noch sehr viele andere Firmen: Wir haben viel zu viele Schuldige durchgefüttert und leiden sicherlich – unbewusst – immer noch darunter.

Leider irrte Adenauer als er – bezüglich der Ausstattung des Verfassungsschutzes mit Altnazis – sagte „Sie können schmutziges Wasser nicht wegschütten, wenn sie noch kein frisches haben“. Doch, man hätte es wegschütten müssen.