Über das parlamentarische System #S21

Wenn unser Wirtschaftsminister Brüderle von der Tagesschau wie folgt zitiert wird:

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle besteht darauf, dass das umstrittene Bahnprojekt „Stuttgart 21“ verwirklicht wird. Wenn getroffene Entscheidungen nicht umgesetzt würden, werde das parlamentarische System beschädigt, sagte der FDP-Politiker dem „Hamburger Abendblatt“. „Deswegen muss Stuttgart 21 auch gebaut werden.“

frage ich mich, was denn das parlamentarische System ausmacht? Ist etwas das gemeint, was Abgeordnetenwatch zum Thema Hamburg und Roland Berger beschreibt?

Man fragt sich allerdings, warum das überhaupt erforderlich ist, denn die Kontakte von Roland Berger zu Eliten in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in der Hansestadt sind bereits jetzt exzellent:

Ist es der Kernpunkt des parlamentarischen Systems, den Konzernen verlässlich Aufträge zuzuschanzen und die Konzerne – wenn man sie schon nicht mehr offen subventionieren kann – mit irren Aufträgen dick und fett zu machen? Natürlich müssen sich Politiker bei Unternehmen beliebt machen. Gut dotierte Berater und Vorstandsposten bekommt nicht jeder daher gelaufene Depp. Nur wer sich in das parlamentarische System eingeschmiegt hat, der darf auch auf eine hohe Betriebsrente hoffen.

Dieses System wird auch im Blog des ZDF beschrieben:

Dabei verhalten sich solche Manager ganz rational: Schließlich hat ihnen die Politik in den vergangenen Jahren jede Menge Möglichkeiten eröffnet, Arbeitnehmer niedrig zu entlohnen – durch Leiharbeit, durch Minijobs. Durch den Druck, den Hartz IV auf das Lohngefüge entfaltet hat. Nirgends in Europa wächst der Niedriglohnsektor so stark wie in Deutschland, vor allem im Bereich unterhalb von 5 bis 6 Euro Stundenlohn.

Dass solche Löhne zum Leben nicht reichen, muss Arbeitgeber nicht zu denken geben. Denn schließlich kommt dann der Staat ins Spiel, stockt die Löhne auf. Arbeitnehmer gehen massenhaft auf die Ämter, um Zuschuss zu beantragen. Der Arbeitswissenschaftler Gerhard Bosch sagt dem ZDF-Magazin Frontal21: „Der Staat wird richtig ausgebeutet und die schlechtesten Unternehmer werden von uns noch mit unseren Beitrags- und Steuergeldern subventioniert. Das kostet im Jahr fast zehn Milliarden Euro und die Summe steigt.“

Ja, das funktionierende parlamentarische System lässt den Staat ausbluten. Aber das ist OK, solange die Konzerne die Politiker an den Erträgen teilhaben lassen.

Nochmal Grundgesetz Art 20?

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

..

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

WIR sind das Volk! Web 2.0 ist das „Mitmach-Internet“ – wir brauchen jetzt (wieder) Politik 2.0.

Zusammenbruch des Pflege- und Betreuungswesens aufgeschoben!

Tja, nun wird es ernst. Die Lobbyisten von Krankenhäusern, Pflegediensten, Kindergärten und ähnlichen Betreuungsdiensten haben sich aber dann zum Schluss doch noch durchgesetzt:

Rückt das Ende der jahrzehntelangen Wehrpflicht näher? Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) will einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge künftig nur noch freiwillige Rekruten einziehen lassen. Die Wehrpflicht soll demnach zwar im Grundgesetz erhalten bleiben, würde aber praktisch ausgesetzt.

schreibt der Spiegel. Aber warum so lieblos mein Freiherr und Selbstverteidigungsminister? Warum nicht gleich das Grundgesetz ändern und Nägel mit Köpfen machen? Dieses Vorgehen riecht doch schwerstens nach versteckter Subvention. Der einzige Grund warum in solch liebloser Weise an der Wehrpflicht festgehalten wird ist doch der Ersatz- oder Zivildienst. Ohne Wehrpflicht haben diverse Institutionen keinen Zulauf mehr an diesen billigen Hilfskräften!

Wie durchsichtig so manches wird, wenn man 1 und 1 zusammen zählt …

Schuld vs. Ehre, definiert durch die CDU

Ich finde es erschreckend ehrlich, wenn der der frühere CDU-Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus Klaus-Rüdiger Landowsky und Ex-Chef der Berlin Hyp sich in der Welt wie folgt äussert:

„Ich bin sehr zufrieden. Ich habe um meine Ehre gekämpft, das Verfassungsgericht hat sie mir zurückgegeben“, sagte Landowsky.

Ich muss an dieser Stelle Herrn Landowsky anscheinend aufklären – er könnte zwar mein Vater sein, aber manchmal trifft die Weisheit halt nicht ins Schwarze: Ein Gericht entscheidet nicht über Ehre und Moral – es bewertet Schuld und Strafmaß nach vorliegenden Sachverhalten. Daraus ergibt sich, dass man auch als äusserst unehrenhaftes Arschloch vor Gericht frei gesprochen werden kann, oder auch als sehr ehrenwerte Persönlichkeit vor Gericht schuldig gesprochen wird.

Das ein CDU-Politiker allerdings seine Ehre ausschliesslich an Verurteilungen festmachen mag, deckt sich mit meinem Weltbild.

BTW: Das Verfassungsgericht urteilte:

Es sei nicht in ausreichend gesicherter Weise festgestellt worden, dass der Bank tatsächlich ein Schaden entstanden sei, erklärten die Bundesrichter. Daher verstoße die Verurteilung gegen das im Grundgesetz festgelegte Gebot der Bestimmtheit von Strafgesetzen

(Hervorhebung von mir).