[Update] Wessen Not wird nicht vergrössert? Oder: Warum ich gern wohlhabend wäre

Nur zwei Überschriften der letzten Tage:

Weniger Arbeitslosengeld für Ältere und Familien (Welt v. 03.06.2010)

Lehrer wollen Eltern von Dicken Hartz IV kürzen (Welt vom 04.06.2010

Wann kommen  Magersüchtige, Wassertrinker oder einfach nur Männer und Frauen dran, denen Arbeitslosengeld und Hartz-IV gekürzt werden soll? Der Lehrerverband erdreistet sich tatsächlich zu fordern:

Um Übergewicht von Kindern zu bekämpfen, fordert ein Lehrerverband Gewichtskontrollen für Schüler und Pflichtberatungen für deren Eltern.

Hallo? Darf ich im Gegenzug auch fordern, dass Lehrer verpflichtet werden sogenannte Freistunden (Lehrersprech: Vorbereitungsstunden) dafür zu nutzen nachweislich tätig zu sein, und sei es nur als Hilfe des Hausmeisters bei der Gartenpflege oder bei der Entlastung des Reinigungspersonals?

Zur Klarstellung: Ich kenne Lehrer die zu recht als Pädagogen und sogar als fleissig bezeichnet werden dürfen. Aber ich fürchte, dass gerade diejenigen Personen aus der Lehrerschaft die obige Forderungen stellen ihre Zeit eher in Meetings verbringen und deren Aufgabe es eher ist die Verbandsinteressen zu vertreten, denn sich um das Wohl und die Bildung unserer Kinder zu kümmern.

Das zu der ersten Überschrift folgendes Zitat gehört wundert aber auch niemanden mehr:

Die Arbeitgeber wollen sechs Milliarden Euro bei Arbeitslosen sparen. Sie fordern die Regierung auf, den Rotstift anzusetzen.

Wenn die Arbeitgeber intern die Gewinne nicht weiter steigern können – durch Optimierung der Prozesse oder durch Einsparungen bei den Löhnen und Gehältern, dann muss eben der Staat aushelfen. Wie verdammt perfide ist das denn bitte? Die Unternehmen setzen Arbeitskräfte frei um intern Kosten zu sparen (was ja sogar legitim ist) und fordern dann die ehemaligen Mitarbeiter zu knechten. Nur um letztendlich davon abzulenken, dass man die eingesparten Kosten sonst eventuell über höhere Abgaben selbst zu tragen habe. WIDERLICHES PACK!

[UPDATE] Karim brachte mich in seinem Kommentar eben auf folgende Idee, um BEIDE Forderungen der Lehrerschaft zu erfüllen 1) Schlankere, gesündere Kinder und 2) Weniger Hartz-IV

Der Hartz-IV Satz für Schul- oder Kindergartenkinder wird um einen zu definierenden Betrag gesenkt, WENN folgende Bedingungen als erfüllt gelten:

  • Warmer Mittagstisch, ausgewogen und gesund zubereitet für Schul- und Kindergartenkinder. Nach Möglichkeit ist auch ein zentrales Frühstück zu organisieren
  • Qualifizierter und erweiterter Sportuntericht sowie Sportmöglichkeiten in Schulen und Kindergärten
  • Schwimmuntericht für alle Schulkinder
  • Kostenfreie Aufnahme in Sportvereine für Kinder von Arbeitlosengeld- und Hartz-IV Beziehern (evtl. für ALLE Kinder)
  • Kostenfreie Koch- und Ernährungskurse für alle Bezieher von Arbeitlosengeld und Hartz-IV

Generell bin ich ein absoluter Gegner von staatlicher Einmischung in die elterliche Aufgabe der Erziehung – aber ab und an kann man ja mal eine Ausnahme machen.

Wie man mit Fragestellungen Umfragen manipuliert #notmypresident

Wenn ich in den Blätterwald (auch den digitalen) und das Fernsehen schaue, erscheinen immer wieder vier Namen als Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten:

  • Ursula von der Leyen
  • Norbert Lammert
  • Wolfgang Schäuble
  • Christian Wolff

zwischen diesen soll abgestimmt werden. Wenn ich nun eine Umfrage nach dem beliebtesten Urlaubsort mache und als Vorschläge

  • Moskitoverseuchtes Sumpfgebiet
  • Minenfeld in Afghanistan
  • Rückseite des Mondes – ohne Sauerstoffversorgung
  • Im Erdenkern

vorgebe, wirkt das Sumpfgebiet doch recht passabel. Warum nicht. Besser als der Erdenkern ist das wohl allemal. Der Spiegel hat die Auswahl mal ein wenig erweitert und auch andere Personen zur Auswahl gestellt:

  • Joschka Fischer (21,61)
  • Margot Käßmann (21,08)
  • Norbert Lammert (9,67)
  • Ursula von der Leyen 8,08)
  • Klaus Töpfer (7,66)

In Klammern jeweils die abgegebenen Stimmen. Da haben Joschka Fischer und Margot Käßmann stumpf JEWEILS 2,5x soviele Befürworter wie der Rest, nach dem aber schlauer Weise oftmals nicht gefragt wird. Man will ja die Antwort vorherbestimmt. Es kommt eben auch darauf an wie man fragt und welche Antworten man zulässt. Der Vorteil ist: Wer manipulativ fragt, kann hinterher behaupten: Wir haben den gewählt den das Volk wollte.

Warum ich gegen Frau von der Leyen als Bundespräsidentin bin

Eines vorweg: Ich finde die Idee eine Frau als Staatsoberhaupt einzusetzen äusserst charmant. Sollte Margot Käßmann eine Chance haben: Ich stände hinter ihr – absolut. Aber zurück zu der derzeitigen Arbeits- und ehemaligen Familienministerin.

Besonders auffällig zeigte Frau von der Leyen ihren Arbeitsstil als sie UNBEDINGT Internetsperren in Deutschland etablieren wollte. Ein Ansinnen, dass eine Petition mit einer noch nie da gewesenen Anzahl von Mitzeichnern auf den Weg brachte. Frau von der Leyen hatz um dieses Ziel zu erreichen das Parlament und die Bürger belogen, wollen wir einen Bundespräsidenten der noch letztes Jahr das berechtigte Ziel von Kritik allzu vieler Fachleute war? Können wir uns einen Bundespräsidenten erlauben, für den Stimmung wichtiger ist als Sachverstand?

Ich unterstelle Frau von der Leyen, dass sie (vielleicht nicht ausschliesslich) die Internetsperren auch aufgrund einer extrenen Motivation durch den damaligen Innenminister Wolfgang Schäuble sowie den Präsidenten des BKA Jörg Zierke versuchte voranzutreiben. Sollte dieser Verdacht auch nur die Spur von Substanz haben, so wäre Ursula von der Leyen als Bundespräsidentin absolut untragbar, denn ein Staatsoberhaupt darf nicht fernsteuerbar sein.

Das Argument „Ursula von der Leyen“ sei eine erfahrene Politikerin darf NICHT gelten gelassen werden. Frau von der Leyen ist erst seit 2001 in der Politik aktiv. Sie ist zwar schon länger in der CDU aktiv, aber nur weil ihr Vater früher niedersächsischer Ministerpräsident war, darf ihr keine Sonderbehandlung gewährt werden. Mein Favorit, Margot Käßmann, ist durch ihre Lebenserfahrung an der Stelle deutlich besser geeignet, auch wenn ihr Leumund nicht gänzlich frei  von Tadel ist. Aber eine Alkoholfahrt hat einen gänzlich anderen moralischen Stellenwert (zumindest in meinen Augen) als die Manipulation eines ganzen Volkes durch Lügen und Halbwahrheiten. Ob Frau von der Leyen aus Unwissenheit oder wider besseren Wissens handelte ist dabei – in meinen Augen – sekundär. Der Bundespräsident soll die Regierung auch mal zur Ordnung rufen – kann dies von Frau von der Leyen erwartet werden? Oder steht eher zu befürchten, dass sie als Mensch durch die Regierenden formbar ist? Würde Sie Gesetze, die Schwarz-Gelb ersinnen wirklich kritisch prüfen? Oder steht zu befürchten, dass das Bundesverfassungsgericht noch öfter angerufen werden muss?

Ja, Frau von der Leyen hat einen ausgezeichneten Bekanntheitsgrad. Das mag für sie sprechen, aber in Sachen Bekanntheitsgrad hat z.B. BP (die früher British Petroleum genannten, nicht der BundesPräsident) die letzten Wochen auch massiv zugelegt.

Ich bin GEGEN Frau von der Leyen als Bundespräsidentin. Ich würde sogar soweit gehen die Ernennung von Frau von der Leyen als Bundespräsidentin würde dem Amt Schaden zufügen. Das sage ich als ein Bürger der weiss was er an unserer Demokratie und unserem Grundgesetz hat: Beides ist sehr wertvoll. Deshalb müssen wir beides schützen – mit aller Kraft und Macht.