de Maizière möchte Bücher aus Esspapier

Unser Bundesinnenminister Thomas de Maizière möchte die Daten im Internet so gern mit einem Verfallsdatum versehen. Finde ich gut – und Bücher werden dann auf Esspapier gedruckt.

Im Grundsatz hat die Idee ja einen gewissen Charme, aber eben nur im Grundsatz. Wie bitte soll ein Satz, ein Zitat – bestehend aus elektrischen Zuständen – mit einem Verfallsdatum ausgestattet werden? Gilt dieses Verfallsdatum sowohl für Onlinekommentare, wie auch für Ausdrucke, welche auf Abgeordneten- oder BKA-Schreibtischen liegen? Was wäre aus Churchills „Sport kills“ geworden, wenn es dieses elektronische Esspapier damals schon gegeben hätte?

Natürlich hat das Ministerium der Wahrheit aka Innenministerium ein Interesse daran Informationen flexibel zu halten. Wie sonst sollte man die Vergangenheit anpassen können?

Exkurs zum Datenschutz: Wusstet ihr, dass etwaige Löschvorschriften für personenbezogene Daten NICHT für die Daten gilt, die sich auf Backups befinden? Der Staat hat sich da ein prima Schlupfloch gelassen – aber unsere Informationen sollen sich in Dunst auflösen. Was draussen ist ist draussen. Auch wenn das Ministerium der Wahrheit zu gern an den Parametern rumdrehen würde.

Hilferuf aus Brüssel: Die Banken unterdrücken die Demokratie

Mit einem außergewöhnlichen Aufruf haben sich am Montag EuropaparlamentarierInnen verschiedener Fraktionen an die Öffentlichkeit und die EU-Kommission gewandt. Die 22 FinanzpolitikerInnen aus dem EU-Parlament in Brüssel warnen vor einer „Gefahr für die Demokratie“ und erklären, dass zivilgesellschaftliche Gruppen dringend eine „Gegenmacht“ formieren müssten, um der Lobby des Banken- und Finanzsektors zur Regulierung der Finanzmärkte in Brüssel Einhalt zu gebieten. Das Besondere an dem Vorstoß: Getragen wird er von PolitikerInnen aller großen Fraktionen – von Linken, Grünen, Sozialdemokraten, Christdemokraten und Liberalen.

kann man heute in der TAZ lesen. RP-Online schreibt:

Das EU-Parlament leidet unter Ohnmachtsgefühlen gegenüber der Finanzmarktlobby und ruft die Gesellschaft um Hilfe.

Und die Zeit zitiert den CDU-Parlamentarier Burkhard Balz mit den Worten

Demgegenüber seien die Hedgefonds- und Private-Equaty-Manager „geballt nach Brüssel“ gefahren, um mit Abgeordneten zu sprechen. „Das war die reinste Überflutung an Terminwünschen“, erzählt Balz aus seinem Politiker-Alltag. „Manche Lobbyisten wollten mich sogar am Wochenende zu Hause besuchen.“

Es scheint tatsächlich so zu sein, als wenn die EU-Parlamentarier mit dem Rücken zur Wand stehen und sich kaum gegen die Finanz-Lobbyisten wehren können. Aber sie versuchen es – sie sind aktiv. Ein Detail, dass einem Wähler wie mir tatsächlich Respekt abringt. Die EU-Politiker haben sogar eine „Hilfeseite“ im Internet installiert auf der sie mitteilen:

Wir, die für die Regulierung des Finanz- und Bankensektors verantwortlichen Abgeordneten, rufen daher die Zivilgesellschaft (NRO, Gewerkschaften, Akademiker, Think-tanks…) auf, eine oder mehrere Nichtregierungsorganisationen zu bilden, um eine Gegenexpertise zu den auf den Finanzmärkten durch die wichtigsten Marktteilnehmer ausgelösten Vorgänge zu entwickeln (Banken, Versicherungsgesellschaften, Hedge Funds,…) und diese Erkenntnisse effizient über die Medien zu verbreiten.
Als Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlicher politischer Familien können wir durchaus unterschiedlicher Meinung sein, welche Maßnahmen zu ergreifen sind.
Wir sind uns jedoch über die Notwendigkeit einig, die Öffentlichkeit auf die Gefahren für die Demokratie aufmerksam zu machen.

Wenn Politiker das Volk um Hilfe bitten müssen, da sie sich nicht mehr allein wehren könne, ist wirklich etwas schwer im argen!

Familienministerium erhöht den Hartz-IV Satz @kristinakoehler

Während Frau von der Leyen (von Spöttern auch Zensursula genannt) als Familienministerin eine Spezialistin dafür war das Wegschauen zu propagieren, versucht unsere neue Familienministerin (Dr Kristina Schröder – aka kristinakoehler) eine neue Linie: „Schau hin!“ heisst es jetzt.

SCHAU HIN! ist eine Initiative vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Vodafone, ARD, ZDF und TV Spielfilm.

liest man im Impressum der zur Aktion gehörigen Webseite. Aha, „Schau hin“ also „Schau Fernsehen“ – spiele lieber nicht auf dem Rasen hinterm Haus, sondern schau hin – konsumiere Medien

Ob TV, Internet, Games oder Handy – die Initiative SCHAU HIN! bietet Informationen und praktische Tipps zu allen vier Medienarten

und weil Vodafone auch sponsort, fehlen natürlich Sätze wie dieser nicht:

Das Handy ist fester Bestandteil der Jugendkultur. Pädagogen raten allerdings erst ab neun Jahren zu einem eigenen Mobiltelefonen.  (Hervorhebung von mir)

WAAAS? Einem Drittklässler soll man schon ein Mobiltelefon in die Hand drücken, damit er sich schon früh als Kunde bindet? Klappt bei Banken ja auch: Frühe Bindung festigt die Geschäftsbeziehung ungemein.

Die Neiddebatte muss früh initiiert werden. Das Kind des Arbeitslosen muss mit neun schon begreifen, dass ein Mobiltelefon zwar zum Leben gehört, aber Arbeitslose eben kein Leben haben. Oder wird ein Betrag von ca. 10€ pro Kind pro Monat neuerdings für „mobile Telekommunikation“ auf den Hartz-IV Satz aufgeschlagen? Soweit ich das mitbekommen habe, wird doch gerade Hartz-IV gesenkt.

Aber das Familienministerium ist modern und stellt seinen Namen für diese perfiden Machenschaften zur Verfügung. Ich dachte immer weniger Technik und TV sei für die Kids gut. Ich weiss ja nicht was das Familienministerium (Ministerin? Referatsleiter?) da gestochen hat, sich für diese Verbrüderung her zu geben, ich hoffe aber es ist wenigsten genug Geld/sonstiger Profit geflossen.

BTW: Die Aktionswebseite liegt auf einer .info-Domain, weil die .de-Domain von jemand GANZ anderem belegt ist. Ein weiterer Beweis dafür, dass der Verantwortliche für diese Aktion eher wenig Überblick hat. Bei einer Marketingagentur die ihr Geld wert ist, gehört es dazu bei der Namensfindung auch zu schauen, ob die betreffenden Domainnamen verfügbar sind. Im Zweifelsfall registriert man eben diese auf Vorrat.

Und für diesen Schwachsinn wirbt die Familienministerin auch noch auf  Twitter. Sie ist zu jung, sie war noch nie Arbeitslos, sie hat keine Kinder, sie ist dafür verantwortlich. Sie weiss nicht was sie tut! Aber sie gehört eben zu Merkels letzter Reserve – unsere Kanzlerin nimmt, was noch verfügbar ist.