Cloud ersetzt kein Hirn

Es ist schon bemerkenswert, wie einfach (nicht nur) der Deutsche mit Verantwortung umgeht. Hiess es früher, wer Siemens oder Cisco kauft wird – auch wenn es nicht läuft – dafür niemals gefeuert. Denn es gibt Firmen und Begriffe, bei denen kann man nicht falsch machen (hahahahahahahahahaha).

Heute scheint es die die Weiterentwicklung der Virtualisierung, die Cloud, zu sein die als der Heilsbringer der Welt verkauft wird, zu sein die immer richtig ist. Oder sollte man sagen: Richtig war?

Heise befriedigte gestern Abend meine Schadenfreude:

Die Panne des Cloud-Service Amazon EC2 hat schwerwiegende Folgen. Beim Crash des Angebots vergangene Woche ging eine unbekannte Anzahl an Daten unwiederbringlich verloren. Das geht aus einer von Amazon an betroffene Kunden verschickten Mail hervor, welche das US-Magazin Business Insider veröffentlichte. Amazon räumt darin ein, Versuche zur manuellen Wiederherstellung der Kundendaten seien gescheitert.

Es ist eine alte Weisheit, dass auch ein RAID-System kein Grund ist weder Backups anzulegen noch eine (wie weitgehend auch immer) Redundanz vorzuhalten. Ausfallsichere Systeme erfordern Gehirnschmalz und Erfahrung und sind IMMER auch mit Verantwortung verbunden. Und eben diese Verantwortung ist nicht delegierbar, so gern das mancher IT-Verantwortliche auch hätte.

Da  der Ausfall nur amerikanische Kunden zu betreffen scheint, hoffe ich dass mein ehemaliger Kunde davon nicht betroffen ist. Er rechnete, dass ein Umzug zu Amazon ihm preiswerter kommt als ein komplett redundantes System, das mit gespiegelter Hardware in einem dedizierten Rechenzentrum steht. Mag er recht haben. Aber dass ihm gleich mehrere Hardware-Server komplett um die Ohren fliegen ist dann schon deutlich unwahrscheinlicher.

Ich mag ein wenig oldfashioned sein, aber mir ist ein Server lieber der vor mir steht und auch wenn darauf virtualisierte Systeme laufen, mag ich es wenn ich genau weiss, was gerade wo passiert. Nur dann kann ich mich der Verantwortung auch stellen, die ich für diese Vorgänge habe.

Merkel, Medien, Schäuble und das BKA: Es geht wieder los

Unsere Kanzlerin Merkel spricht offene Worte:

Vor allem junge Menschen informierten sich „ausschließlich über das Internet“ – „und das oft sehr punktuell“. Diese jungen Leute könne die Politik über Zeitungen oder Nachrichtensendungen von ARD und ZDF immer weniger erreichen. „Mit dieser Veränderung muss die Demokratie in Deutschland und in den anderen westlichen Ländern umgehen lernen.“

liest man in Heise. Selten hat sich ein Politiker so offen und ehrlich geäussert. Bislang gab es feststehende Kommunikationswege zwischen Wirtschaft, Politik, Medien und dem Pöbel (also Du und ich..). Der Spiegel deckt schon lange nichts mehr auf und die Kujau-Tagebücher waren die letzte „Stern-Stunde“. Heute ist es das Internet, in dem aufgedeckt wird, in dem kritische  Meinungen veröffentlicht werden.

„Mit dieser Veränderung muss die Demokratie in Deutschland und in den anderen westlichen Ländern umgehen lernen.“ sagt unsere Kanzlerin und ich denke an überwachte EMail (de-mail) und gesperrte, kritische Webseiten (unter dem Siegel des Kinderschutzes).

Heute fragt man sich, warum die Menschen sich nicht gegen den Aufstieg Hitlers aufgelehnt haben, sie hätten es doch kommen sehen müssen. Überlegt ihr euch schon mal, was ihr euren Enkeln erzählen werden. ICH habe Backups im Ausland 🙂

de Maizière möchte Bücher aus Esspapier

Unser Bundesinnenminister Thomas de Maizière möchte die Daten im Internet so gern mit einem Verfallsdatum versehen. Finde ich gut – und Bücher werden dann auf Esspapier gedruckt.

Im Grundsatz hat die Idee ja einen gewissen Charme, aber eben nur im Grundsatz. Wie bitte soll ein Satz, ein Zitat – bestehend aus elektrischen Zuständen – mit einem Verfallsdatum ausgestattet werden? Gilt dieses Verfallsdatum sowohl für Onlinekommentare, wie auch für Ausdrucke, welche auf Abgeordneten- oder BKA-Schreibtischen liegen? Was wäre aus Churchills „Sport kills“ geworden, wenn es dieses elektronische Esspapier damals schon gegeben hätte?

Natürlich hat das Ministerium der Wahrheit aka Innenministerium ein Interesse daran Informationen flexibel zu halten. Wie sonst sollte man die Vergangenheit anpassen können?

Exkurs zum Datenschutz: Wusstet ihr, dass etwaige Löschvorschriften für personenbezogene Daten NICHT für die Daten gilt, die sich auf Backups befinden? Der Staat hat sich da ein prima Schlupfloch gelassen – aber unsere Informationen sollen sich in Dunst auflösen. Was draussen ist ist draussen. Auch wenn das Ministerium der Wahrheit zu gern an den Parametern rumdrehen würde.