Was dem Chinesen sein Sack Reis ist, ist dem Hamburger der Karton Gurken #EHEC

Am besten wird gelogen und betrogen, wenn es um Geld geht. Nachdem nun wohl herausgefunden wurde, dass der Auslöser der EHEC-Erkrankungen Gurken aus Spanien waren, liest man:

Die mit dem Ehec-Erreger verseuchten Bio-Gurken aus Spanien sind nach Angaben des Herstellers Pepino Bio Frunet auf dem Weg von Spanien nach Deutschland verunreinigt worden. Ein Manager des Unternehmens, Javier Lopez, sagte der „Bild“-Zeitung: „Die Gurken wurden mit einem Lkw abgeholt und kamen am 15. Mai in Hamburg an. Am 16. bekamen wir eine E-Mail unseres Kunden, der uns mitteilte, dass die Gurken während des Transports heruntergefallen wären. Er teilte uns mit, dass er sie trotzdem auf dem Hamburger Großmarkt verkaufen wolle.

“Die Lieferung habe insgesamt aus 180 Boxen mit Gurken bestanden.

Quelle: Der Westen. Liebe Leserschaft: Auch wenn der Spanier Javier Lopez das Bild zeichnet, so ist es nicht so, dass wir hier in Hamburg knietief in Fäkalien waten.

Sicher kann es – beim Umladen – passieren, dass ein Karton Gurken von der Palette rutscht und die Gurken über den Fussboden kullern. Auch ist nicht auszuschliessen, dass diese Gurken wieder eingesammelt und in die Box gelegt werden um in den Verkauf zu gelangen. Wenn dann tatsächlich eine Untermenge an Gurken auf dem Boden des Händlers/Grossmarktes kontaminiert wurden, so muss ich an Hundekacke und „worst-case“ denken. Alles möglich. Aber dass Gurken aus dieser einen Box über ganz Deutschland verteilt wurden, das kann ich mir so gar nicht vorstellen.

So, und nun gehe ich in den Reinraum um mal einen Moment den Fäkaliengestank los zu werden, der uns Hamburger seit Monaten das Leben zur Hölle macht.

Wahlfreiheit, Wahlrecht und Wahlmöglichkeit

Man denkt immer, dass man „das Wahlrecht“ erst mit Vollendung des achtzehnten Lebensjahres erwirbt. Dies stimmt aber nur zum Teil, denn es geht mit 18 vor allem um das politische Wahlrecht. Mit dem Beginn der Geschäftsfähigkeit kann man anfangen zu wählen – und zwar wem man sein Geld gibt. Wir haben ab dem siebten Lebensjahr das recht zu entscheiden von welchen Geschäftspartnern wir welche Produkte kaufen.

Bei direkt erlebbaren Geschäften (direktes Feedback) setzen wir dieses Wahlrecht meist direkt um. Ein Restaurant, in dem das Essen nicht schmeckt, werden wir nicht wieder aufsuchen, eine schlampiger Handwerker wird von uns kein zweites Mal beauftragt. Der Wirtschaftler spricht hier von der „Selbstreinigungskraft de Marktes“.

Bei indirekt erlebbaren Geschäften (kein direktes Feedback) sind wir als Endkunden da deutlich nachsichtiger (um nicht zu sagen dümmer). Wer hat nicht alles nach dem Reaktorunglück in Fukushima erklärt, er würde nun auf Ökostrom umsteigen? Und liebe Zielgruppe: Schon umgestiegen?

Wenn ein Lebensmittelhersteller in den Medien unangenehm auffällt, ändert dies unser Kaufverhalten wirklich? Merkt der Hersteller Wiesenhof auch nur mittelfristig eine Reaktion der Verbraucher? Hat „Müller Milch“ irgendwelche wirtschaftlichen Einbrüche hin zu nehmen? Sind die BP Tankstellen geschlossen worden, weil kein Autofahrer dort tankt? Wird SONY den Kursverlust von 10% nicht im Laufe von 3 Monaten wieder ausgeglichen haben?

All diese Nachrichten, die in der Lage wären ein Unternehmen vor massive Probleme zu stellen, ändern unser Kaufverhalten nicht – oder nur sehr kurzfristig. Die Erzeuger von Atomstrom ziehen die „Wir geben Geld für Marketing aus und wofür bezahlen wir unsere Lobbyisten“-Karte und werden sicher keine sehr deutlichen Ertragsverluste hinnehmen müssen. Sony, BP, Müllermilch und all die anderen warten schlicht ein paar Wochen und die Wogen werden sich glätten. Danach geht es weiter wie bisher, weil der Verbraucher von seinem Recht zu wählen schlicht keinen Gebrauch macht.

Mein ehemaliger Klassenlehrer (der aus der ehemaligen DDR geflüchtet war) erklärte uns Schülern (und den Schülerinnen natürlich auch *g*), dass jedes Recht auch eine Pflicht implizierte. Er meinte dies im Zusammenhang mit dem politischen Wahlrecht. Ist diese Pflicht zur Wahl aber nicht auch übertragbar auf die Verpflichtung des Verbrauchers durch sein Kaufverhalten den Markt zu regulieren. Kann sich der Verbraucher von seiner Pflicht freisprechen, seiner Verantwortung nachzukommen und nur „anständigen“ Geschäftspartnern das Überleben zu sichern? Warum werden „unanständige“ Geschäftspartner nicht einfach ausgehungert?

Leider ist diese Art von Wahlrecht nicht gleichzusetzen mit Wahlfreiheit. Denn manche Menschen (auch in Deutschland) können sich nicht aussuchen welche Produkte sie erwerben, sind sind in ihrer Wahl nicht frei. Hartz-IV-Empfänger beispielsweise haben nur schwer oder gar nicht die Möglichkeit den Mehrpreis für biologisch angebaute Lebensmittel, Strom aus regenerativer Energie oder ähnlich sinnvoll investierte Mehrkosten aufzubringen.

Lieber Verbraucher,
tue dir, deiner Umwelt, deinen Kindern und uns allen den Gefallen und mache von deinem Wahlrecht Gebrauch solange Du eine Wahlmöglichkeit und die Wahlfreiheit hast. Sei ein mündiger Verbraucher!  Gebe dein Geld den Geschäftspartner, die unser aller Vertrauen (und damit ihren Lebensunterhalt) mit ihrem Verhalten auch verdienen. Verantwortung muss nicht teuer sein. Mein persönlicher Wechsel von „irgendeinem“ Strom zu Strom aus regenerativer Erzeugung verursacht mir im Jahr Mehrkosten von 20€, dass sind weniger als 2€ im Monat. Sorry, aber DAS habe ich über. Dies sollte sogar für Hartz-IV Empfänger möglich sein.

Lernen Autobauer von Druckerherstellern?

Als ich heute Morgen nochmal schnell zum tanken fuhr (ich habe da derzeit einen Asbach-uralten Golf zur Verfügung) stellte ich zwei Dinge fest:

  1. Ein leerer Tank (Volltanken) stellt einen wirtschaftlichen Totalschaden dar und
  2. Wann agieren PKW-Hersteller wie die Hersteller von Druckern?

Wann wird es günstiger sein, sich ein neues Fahrzeug zuzulegen, als das vorhandene Fahrzeug voll zu tanken? So wie heute ein Satz Tinte/Toner (im Consumerbereich) teurer ist als ein neuer Drucker. Auch ist mir bekannt, dass in neuen Druckern das Verbrauchsmaterial nur „so gerade eben“ befüllt ist und NICHT mit vollen „Tanks“ ausgeliefert wird.

Sicher ist Mineralöle ein endlicher Energielieferant und der Preis für Benzin (in der jetzigen Form)  wird deshalb nie wieder niedriger sein können. Aber der Vergleich mit der Druckertinte ist einfach nicht von der Hand zu weisen – gerade deshalb.