Fraktionszwang/-disziplin – ein Verfassungsbruch

Abgeordnete sind – auch wenn sie einer Partei angehören – nur ihrem eigenen Gewissen verpflichtet. Unser Grundgesetz sagt dazu:

Artikel 38

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

Wie aber lässt sich das mit dem Phänomen vereinbaren, dass gerade derzeit durch unsere Medien taumelt und auf den Namen Fraktionszwang hört. „Die CDU stimmt so ab“ – Die FDP wird so abstimmen“. Mit welcher Arroganz ausgestattet und wie verfassungsfeindlich müssen Menschen/Politiker sein, die den Abgeordneten ihr Wahlverhalten versuchen nahezulegen oder gar vorzuschreiben.

In meinen Augen gilt es JEDEN Politiker, der sich anmasst eine Aussage über das Abstimmverhalten seiner Parteikollegen zu treffen, als Ziel des Verfassungsschutzes. Wenn gar Fraktions- oder Parteivorsitzender eine diesbezügliche Erklärung abgibt, sollte dieser ein Fall für eine Untersuchung durch den Verfassungsschutz sein. Eventuell könnte sich auch der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof, der für Landesverrat und Delikte gegen die innere Sicherheit zuständig ist, wegen einer perfiden „Nötigung zum Schaden der Demokratischen Grundordnung“ in die Sache einmischen.

KÖNNTE, MÜSSTE, SOLLTE. Weil es aber um unsere Grundordnung ohnehin schon deutlich übel steht, wird weiterhin die Fraktionsdisziplin eingefordert werden und die Lemminge mit Abgeordnetengehalt werden weiterhin mehrheitlich das tun, was ihnen ein „Vorbild mit Möglichkeit der Vorteilsnahme“ vorschlägt.

Verfassungsschutz = Straftäterschutz?

Wenn das Innenministerium das Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes in Gefahr sieht, so kann es auch meinen, dass ein vom Verfassungsschutz bezahlter Straftäter zu schützen ist.

Zumindest könnte man auf die Idee kommen, wenn man einen Artikel aus der FTD liest, aus dem ich hier zitieren möchte:

Die frühere RAF-Terroristin Verena Becker soll für eine Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz in den 80er-Jahren bezahlt worden sein. Das behauptet der ehemalige Verfassungsschutz-Beamte Winfried Ridder in einer ARD-Dokumentation über die Mörder des früheren Generalbundesanwalts Siegfried Buback.

und genau DIES könnte der Grund dafür sein, dass der Verfassungschutz sich so sehr sträubt, die Unterlagen bezüglich Frau Becker an die Bundesanwaltschaft auszuhändigen. Frau Becker soll 100.000 DM vom Verfassungsschutz gekommen haben. Genug Geld um Frau Becker zu schützen, denn eine so hoch bezahlte Agentin des Verfassungsschutz wäre sicher zur Zielscheibe ihrer „Kollegen“ der RAF geworden. Auch heute ist diese Information sicher als „sensibel“ zu bezeichnen. Wer weiss, ob Frau Becker nicht hier und dort durch Falschaussagen ihr Geld wert wurde. Oder war Sie am Ende gar auch als Agent Provocateur tätig? Trifft den Verfassungsschutz am Ende Einzeltaten eine Mitschuld?

Der Fall Becker bleibt interessant!

Gedanken über Gebete und Geheimdienste

Wenn der Innenminister (noch!) keine konkrete Terrorangst schüren kann, so greift er auf altbewährtes zurück: RAF ist das Mittel der Wahl. Konkret geht es um Verena Becker, die gestern in berlin festgenommen und in Untersuchungshaft verbracht wurde.

In den Notizen führt Becker, die in der Hauptstadt als Heilpraktikerin firmiert, eine Art Gespräch mit sich selbst: Unter anderem stellt sie die Frage, ob sie für den von einem RAF-Kommando 1977 erschossenen damaligen Generalbundesanwalt Siegfried Buback beten und wie sie sich mit dem Thema Schuld auseinandersetzen solle.

schreibt der Spiegel. Wir halten fest: Verena Becker war – zumindest indirekt – in den Mordfall „Siegfried Buback“ verwickelt. Sie kannte den oder die Mörder persönlich. Dies ist in Deutschland NOCH kein Grund für eine anklage oder Haft. Wenn nun aber ein Mensch überlegt, ob er für ein Opfer eines Mordes beten soll und ob er vielleicht seine Bekannten von dem Mord hätte abbringen können (auch dann würde man sich die „Schuldfrage“ stellen) so wird man inhaftiert. Ich frage mich mit welcher Begründung diese Untersuchungshaft angeordnet wurde. Fluchtgefahr? Die Ermittlungen gegen Verena Becker sind seit Wochen von den Medien begleitet worden. Es ist davon auszugehen, dass Verena Becker längst versucht hätte sich abzusetzen, wenn sie davon ausgehen müsste, dass die Ermittlungsbehörden ernsthaftes Beweismaterial gegen sie hätten. Das Frau Becker nicht in den Untergrund ging, ist ein Indiz für eine nicht gegebene Fluchtgefahr sowie eine anzunehmende Unschuldsvermutung in Sachen Mord.

Warum also fühlte sich Verena Becker sicher? Sollte Michael Buback – der Sohn des ermordeten Bundesstaatsanwaltes – am Ende Recht behalten, wenn er behauptet, dass Becker eine Informatin der staatlichen Dienste war? Und dass eben diese staatlichen Stellen Frau Becker jetzt fallen lassen, bevor die Geheimdienste selbst in die Mitte der Ermittlungen rücken? Es würde unserem Innenminister GANZ sicher nicht gefallen, mit dem ehemaligen Niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht (dem Vater unserer „Zensursula“ von der Leyen) in einem Satz genannt zu werden. Albrecht hat die Affaire um das „Celler Loch“ mit zu verantworten. Eine andere Affaire in der Geheimdienste und Regierung Täter und Vertuscher zugleich waren.