Die Piratenpartei fordert das bedingungslose Grundeinkommen

Dies ist die Meldung, die vom heute zu Ende gegangenen Bundesparteitag der Piratenpartei sicherlich viele konservative Menschen dazu verleiten wird: „Nun fordern die Piraten den Sozialismus“ zu denken.

Der FPD-Generalsekretär kommentiert dies bereits wie folgt:

 Zum bedingungslosen Grundeinkommen, das die Piraten an diesem Wochenende bei ihrem Parteitag in Offenbach beschlossen haben, sagte Lindner: “Wer soll das bezahlen? Rente ab Geburt funktioniert nicht.”

Beschlossen haben? Ja, der Herr Lindner sollte genauer hinschauen, bevor er die von anderen Parteien beschlossenen Forderungen kommentiert. Denn wer sich einmal anschaut, was denn genau beschlossen wurde, wird aus dem Antrag wohl eher herauslesen können, dass die Piraten die erste politische Partei in Deutschland ist, die einfordert sich Gedanken über die langfristige Entwicklung der Sozialpolitik und der Arbeitslage in der westlichen Welt zu machen. Denn was genau steht eigentlich in dem beschlossenen Antrag PA284? Ich werde hier nur die – in meinen Augen – wichtigsten Passagen einfügen. Ich empfehle aber jedem, den ganzen Text zu lesen.

Wir nehmen viele engagierte Menschen wahr, die sich seit Jahren in- und außerhalb von Parteien für ein bedingungsloses Grundeinkommen einsetzen. Wir wollen dieses Engagement auf die politische Bühne des Bundestages bringen und mit den dortigen Möglichkeiten eine breite und vor allem fundierte Diskussion in der Gesellschaft unterstützen.

Und auch ich nehme viele Menschen wahr, die dies tun. Z.B. Götz Werner, der Begründer der Drogeriekette DM, der  auf der Webseite seiner Aktion „Unternimm die Zukunft“ zitiert wird:

«Die Grundfrage lautet doch, ob unsere Gesellschaft einen so großen Überschuss an Gütern und Dienstleistungen produzieren kann, dass wir für 82 Millionen Menschen ein Grundeinkommen von ungefähr 1000 Euro gewährleisten können. Angesichts eines Bruttosozialproduktes von rund 2500 Milliarden und Konsumausgaben von rund 1800 Milliarden Euro beantworte ich das mit ja.»

Es gibt also sehr wohl auch Menschen ausserhalb der „Hartz-IV Szene“, die sich diesbezügliche Gedanken machen.

Aber wieder zu den Piraten und ihrem Antrag:

Dazu wollen wir eine Enquete-Kommission im Deutschen Bundestag gründen, deren Ziel die konkrete Ausarbeitung und Berechnung neuer sowie die Bewertung bestehender Grundeinkommens-Modelle sein soll. Für jedes Konzept sollen die voraussichtlichen Konsequenzen sowie Vor- und Nachteile aufgezeigt und der Öffentlichkeit transparent gemacht werden.

Was? Die wollen das Für und Wider der Argumente testen lassen? Das liest sich nicht nach „blindem Aktionismus“ sondern eher nach der bodenständigen Forderung einer Idee und diversen Konzepten überhaupt erstmal eine Chance zu geben. Nur soll dies nicht inkleinen Hinterzimmern, sondern offiziell auf der politischen Ebene geschehen. Das ist ein kleiner Unterschied zu „fordert Grundeinkommen“. Ist aber leider nicht so griffig als Schlagzeile.

Zeitgleich werden wir uns im Bundestag dafür einsetzen, dass noch vor Ende der Legislaturperiode die gesetzlichen Grundlagen für Volksabstimmungen auf Bundesebene geschaffen werden. Sie sollen den Bürgern ermöglichen, sowohl die in der Enquete-Kommission vorgestellten als auch andere Grundeinkommens-Modelle als Gesetzentwurf direkt zur Abstimmung zu stellen. Um dabei über eine Vielfalt an Konzepten gleichzeitig entscheiden zu können, sollen Volksabstimmungen auch mit Präferenzwahlverfahren durchgeführt werden können.

Das Volk soll also entscheiden? Hmm, hört sich nach dem Artikel 20 GG an:

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

Ist doch legitim, solch einschneidende Entscheidungen wie das Umkrumpeln des sozialen Selbstverständnisses vom Volk entscheiden zu lassen. Und auch verfassungskonformer, als so manche Entscheidung, welche die Bürger der BRD in der Vergangenheit hinnehmen mussten.

Bis zur Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens setzen sich die PIRATEN für einen bundesweiten gesetzlichen Mindestlohn ein.

Die Sahnehaube: Bis ein Fernziel erreicht oder sich als unerfüllbar herausstellt, definieren wir sofort einen Plan-B.

Dieser Antrag gibt für mich ein sehr gelungenes Bild, wie politisch interessierte Bürger selbst und eigenhändig (keine Delegierten!) Politik in die Hand nehmen, die sich sehen lassen kann. Und er ist ein Beispiel, dass man lesen muss, was genau beschrieben wird. Denn der Antrag sagt vor allem aus:

Die Piratenpartei fordert, sich politisch mit der sozialen Teilhabe sowie dem Bedingungslosen Grundeinkommen auseinander zu setzen.

Ist als Überschrift aber leider viel zu lang ….

Deutschland verteidigt Besitzstand mit Herzblut und Engagement

In der Süddeutschen warnt der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, davor, dass auch in Deutschland ähnliche Zustände wie derzeit in England möglich sind.

Seltsamerweise leidet auch Wendt unter der mangelnden Krankheitseinsicht, wenn er Ursache und Wirkung vermischt:

„Die Ausschreitungen sind das Ergebnis von krimineller Energie, Verachtung gegenüber dem Staat und sozialer Ausgrenzung einzelner Bevölkerungsschichten“,

Das kriminelle Energie – inbesondere bei den Plünderungen und dem Abfackeln von Wohnhäusern – mit im Spiel ist, wird sicher niemand bestreiten. Die eigentliche Ursache ist aber das Letztgenannte: Die soziale Ausgrenzung, welche erst der Nährboden für die Verachtung  gegenüber dem Staat zur Verfügung stellt.

Unser Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich stellt im selben Artikel fest:

„Solche gesellschaftlichen Spannungen wie aktuell in England oder in anderen europäischen Ländern haben wir glücklicherweise derzeit nicht“, sagte der Minister.

und ich wage zu behaupten, dass er massiv irrt. Vielmehr sind in Deutschland Politik und Medien sehr weit fortgeschritten in dem Bemühen den aus dem – immer dünner werdenden – sozialen Netz gefallenen Menschen mittels Hetzpropaganda und Polemik Duckmäuser zu machen. Bei Friedrich klingt dies dann so

Dafür hätten alle gesellschaftlichen Kräfte mit sehr viel Herzblut und Engagement gesorgt.

Ja, hier wird der Besitzstand und das Aushungern der Arbeitslosen tatsächlich mit sehr viel Herzblut und Engagement bewahrt. Da hat er sicherlich recht.

Damit die Aussage

Deutschland habe den Konsens erreicht, dass Gewalt gegen unbeteiligte Personen kein Mittel sei, mit dem man seine politischen oder sonstigen Ansichten durchsetze.

langfristig weiterhin Gültigkeit haben kann, muss man sich aber um die minderbemittelten kümmern. Man muss ihnen zuhören und dafür Sorge tragen, dass ihnen ein Leben in Würde ermöglicht wird.

Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hat keine Angst vor Unruhen:

Sollten in Berlin „ähnliche Krawalle wie in englischen Städten“ auftreten, könnte Berlin „in kürzester Zeit durch Unterstützung der Bereitschaftspolizeien der anderen Bundesländer und des Bundes eine hohe Polizeidichte erlangen“

Dann bin ich ja beruhigt. Im Zweifel noch den Bundeswehreinsatz im Innern. Jagdbomber über – und Panzer in – Berlin und Hamburg. Super! Und vor allem: Vorher die Überwachungsmassnahmen erhöhen – das ist billiger als dem Volk ein bisschen Würde zu schenken.

VISA & TGV-Online – wenn man unbedingt NICHT reisen will

Urlaubsplanungen, was kann es schöneres geben. Man ahnt noch nichts von lärmenden Kindern, dreckigen Stränden und dem Regenwetter, dass einen erwarten wird. Man ist schlicht voller Vorfreude. Bis…. ja, bis man anfängt Fahrkarten online mittels Kreditkarte zu bestellen.

Aber von Anfang an:

Das Ordern mehrerer Fahrkarten gestaltet sich bei TGV-Europe als etwas kompliziert, wenn man zu dritt reisen möchte. Denn es gibt Zweierabteile im Schlafwagen und wenn dann ein Pärchen mit Tochter fährt, muss man erstmal 2 Personen und anschliessend noch einmal eine Person nachträglich buchen. DIESES Problem liegt an dem Onlineauftritt der TGV-Blödies. Wenn man dann auch noch einen Aufenthalt in Paris wünscht, also die Reise zeitlich um ein paar Stunden unterbricht, wird dieser Buchungsvorgang schon abenteuerlicher. Aber alles machbar, man muss halt nur aufpassen dass diese insgesamt 4 Buchungen passen und alle Personen tatsächlich im selben Zug sitzen.

DANN geht es endlich zur Zahlung. Als Männchen von Welt greift man zur Brieftasche, zückt die VISA-Karte und gibt brav Kartennummer, Sicherheitscode und Ablaufdatum an. Nochmal die Eingaben kontrollieren und den Buttom BESTÄTIGEN drücken und ……. Verdammt: „Zahlung konnte nicht bearbeitet werden“ prangt als kleine unscheinbare Fehlermeldung auf dem Screen. Nochmal zum Warenkorb und nochmal die Kartennummer eingeben – und wieder: „Zahlung konnte nicht bearbeitet werden“. Man schaut sich um und erkennt an einer GANZ anderen Stelle auf dieser Webseite den Hinweis, dass bei Falscheingaben, die Karte für 24 Stunden von der TGV-Europe gesperrt wird. Ich habe nichts falsch eingegeben. Es muss etwas anderes sein.

Also mal bei VISA anrufen, ob die wissen was da schief geht. Verdammt – die Nummer von VISA hatte ich doch mal… Aber egal -> Auf die Webseite gehen. Dort ist keine Nummer für 24h-Support zu finden – nur eine Nummer für „Kartenverlust“. Egal – sollen die mir helfen. Also die dort angegebene Rufnummer angewählt:

In Deutschland wählen Sie – natürlich auch kostenlos – die Nummer: 0800 811 8440

Ab dafür – 0800 geht los. Aber MOMENT mal. Die Ansage dort erklärt mir, ich solle eine andere Nummer anrufen. GOTT sei Dank (Floskel, bin Atheist) sitze ich ja Zuhause am Rechner – Zettel und Schreiben immer griffbereit „Büroumgebung“ – denn die Automatenstimme feuert in einer Dieter-Thomas-Heck Geschwindigkeit eine „Wählen Sie bitte 49 69 79….“ Ja, ich werde angewiesen die Nummer 49 69 79xxxxx anzurufen. Meine Mutter hätte dies sicher getan, ich habe die Deppenfalle erkannt „49“ ist die internationale Vorwahl für Deutschland und die meisten Banken sitzen in Frankfurt, also wählte ich „069 79 xxxxx“ um dort…. GENAU! Eine Automatenstimme zu hören, die mich bat eine 01803-Nummer zu wählen.

An dieser Stelle hatte ich deutlich sichtbaren Puls an Schläfe und Hals. Wer auf Reisen ist, hat ganz sicher NICHT stets die Möglichkeit, sich Notizen zu machen, nur weil Webseiten und Automaten einem veraltete oder unspezifizierte Rufnummern angeben.

Aber ich bin ja hartnäckig und wähle also die 01803-Nummer, muss ca. 15 Minuten eine absolut schreckliche Dudelmusik hören, bis eine (wirklich freundliche) Frau den Anruf entgegen nimmt um mir zu erklären, warum meine Zahlung nicht getätigt wird:

  1. Meine Karte ist gültig
  2. Sie weist auch deutlich genügend Deckung auf
  3. Meine Eingabe (versuchte Buchung) ist für sie im System sichtbar und die Daten waren gültig
  4. Das verschissene Kreditkartensystem hat einen Sperrmechanismus, der bei zufällig hohen Summen bei bestimmten Zahlungsarten/Partner einfach manuell frei geschaltet werden muss. Es ist pauschal gesperrt.

Wer – wie ich – eine Bahnfahrkarten im Wert von etwas über 900€ bei der französischen Staatsbahn kaufen möchte, rennt gegen eine Mauer. Wahrscheinlich ist es unvorstellbar, dass jemand bei der französischen Bahn knapp 1000€ bezahlt. Das Limit bei der Bundesbahn dürfte ungleich höher liegen, mit 1000€ kommt man bei den Lümmeln ja nicht weit.

Die freundliche Dame entsperrte meine Karte für den Zeitraum für 72 Stunden und nun werde ich wohl morgen endlich die Karten buchen können, denn heute ist meine Karte noch für 24 Stunden bei der TGV-Europe gesperrt.

Ich habe vor 10 Jahren sehr oft und sehr viel mit Kreditkarte zahlen müssen, aber so eine Scheisse wie mir heute untergekommen ist, habe ich bislang noch nicht erlebt. Ich bin echt stinksauer – und ich ahne schon, dass ich morgen ca. 100€ mehr zahlen muss, weil „nur noch wenige Plätze verfügbar“ weg sind und ich normale Preise zahlen muss.

VISA – die Verarsche gönn ich mir.