Sicherungsverwahrung, die Bankrotterklärung der Gesellschaft

Gefängnisstrafe sollte eigentlich als eine Zeit zu werten sein, die ähnlich einem „ich gehe ins Kloster“ zu werten ist – aber eben nicht freiwillig. Die Strafe sollte dem Täter Möglichkeit der Besinnung geben. Eine Strafe, die allein aus Rache der Gesellschaft verhängt wird, oder die allein die Gesellschaft schützen soll, halte ich persönlich für äusserst fragwürdig.

Wie komme ich zu dieser Meinung?

1) Wer Freiheitsentzug als Schutz der Gesellschaft vor einem potentiellen Täter akzeptiert, sollte selbst schnell die Strafanstalt seiner Wahl aufsuchen. Denn potentiell können wir alle zu Tätern werden. Allein was emotionale Notlagen aus einem Menschen machen können ist beachtlich. Gefängnisstrafe als Prophylaxe halte ich für äusserst fragwürdig Ich wäre eher dafür potentiellen Täter die Möglichkeit zu geben, die Tat nicht auszuführen. Durch Stärkung des Selbstbewusstseins, durch Integration oder schlicht durch Aufzeigen von Perspektiven und Alternativen.

2) Rache ist immer ein schlechter Ratgeber. Was glaubt ihr, wie viele Menschen ich schon gekillt hätte, wenn ich jedwedem Aufflammens eines Rachegedankens nachgeben würde? Ich würde ja morgens meist nicht zur Arbeit kommen ohne ein Blutbad anzurichten. Rache ist eine Sache, die innerhalb zivilisierter Gesellschaften gänzlich ausgestorben sein sollte.

Was bleibt also über? Warum schliesst man Menschen weg? Es bleibt nur die Möglichkeit der Besinnung. Quasi wie „Stubenarrest für Grosse“: Du gehst jetzt in deine Zelle und erhälst Zeit über deine Tat nachzudenken.

Aber haben uns unsere Eltern bei jeder Verfehlung in unser Kinderzimmer gesperrt? Oder haben wir eher gelernt, dass unsere Eltern uns zur Seite nahmen und uns (meist sogar erfolgreich) vermittelten warum unsere Tat oder unser Verhalten von ihnen nicht gern gesehen wird? Wir alle bekommen (sollten…) von unseren Eltern vorgelebt bekommen, dass einige Dinge gesellschaftlich nicht akzeptabel sind. Unsere Eltern nehmen uns die Zeit uns zu erklären, warum wir keine Äpfel oder Schnittblumen klauen sollen. Warum wir andere Menschen nicht ärgern oder gar verprügeln sollen.

In dem Moment wo das Strafrecht zuschlägt ist alles anders. Da wird nicht mehr erklärt, da wird weggesperrt.

Ich frage mich: Ist es wirklich billiger Menschen einfach weg zu sperren, als ihnen „Berater“ zur Verfügung zu stellen, die sich ernsthaft mit ihnen beschäftigen? Ist es nicht gesellschaftlich erstrebenswerter, einem Menschen die Hand zu reichen um ihn wieder zu integrieren, als ihn im dunkelsten Verliess weg zu sperren und ihn zu vergessen?

Ein heute 27jähriger Mann hat vor 3 Jahren 2 Frauen getötet. Damals war er 24 Jahre alt. Ich schätze mal, der er immer noch feucht hinter den Ohren war. Und was macht unsere Gesellschaft mit ihm? Sie schliesst ihn Lebenslänglich (typischerweise bedeutet dies 15 Jahre) weg. Dies ist die Zeit die dieser Mensch von seinem neunten Lebensjahr bis zur Ausführung der Tat hatte. Der Mann ist krank – er ist schwer gestört. Aber warum wird ihm nicht geholfen? Der Richter stellt eine besonders schwere Schuld fest. Woran wird diese festgemacht? Ist es nicht eher eine besonders schweres krankhaftes Verhalten?

Ein damals 18Jähriger, hat 1993 (vor 18 Jahren!) aus nichtigem Grund einen Menschen getötet. In 18 Jahren hat es die Gesellschaft nicht geschafft Kontakt zu diesem Menschen aufzunehmen, nun wird verhandelt ob dieser Mensch den Rest seines Lebens mittels nachträglicher Sicherungsverwahrung weggesperrt werden soll.

Er habe sich nicht nur der psychiatrischen Exploration verweigert, sondern sei auch während der Haft wiederholt gewalttätig gegenüber dem Justizpersonal oder Mithäftlingen geworden. B. ist nach diesen Angaben in hohem Maße rückfallgefährdet, auch künftig bestehe die Gefahr von Gewalttaten.

Vielleicht bin ich ein Träumer, aber es fällt mir sehr schwer zu glauben, dass man überhaupt nicht an einen Menschen herankommen kann. Sicher mag es Menschen wie Hannibal Lector geben. Aber ich glaube nicht, dass es so viele sind wie uns Gesellschaft, Judikative und vor allem die Medien glauben machen wollen. Ich bin sogar davon überzeugt, dass man insbesondere bei jugendlichen Straftätern sehr gute Möglichkeiten hätte sie wieder zu integrieren. Man müsste es nur versuchen – etwas, dass unsere Gesellschaft nicht tut. Ausblenden und wegsperren scheint einfacher. Aus den Augen, aus dem Sinn.

Ich bin FÜR Sicherheitsverwahrung

Ja, ich bin tatsächlich für Sicherheitsverwahrung. Allerdings unter der Voraussetzung, dass zweifelsfrei festgestellt wurde, dass der Täter wieder schwere Straftaten begehen wird.

Jede Sicherheitsverwahrung, die nicht zweifelsfrei vor schweren Straftaten schützt ist eine schwere Freiheitsberaubung. Und nur die absolute Sicherheit andere Menschen zu schützen, ermöglicht es, mittels Notwehr (nichts anderes ist Sicherheitsverwahrung), die rechte eines Menschen derart zu beschneiden.

Jede Sicherheitsverwahrung ohne die zweifelsfreie Feststellung der zu erwartenden Straftat ist als ein Notwehrexzess  zu werten und zu verurteilen. Der Status der Sicherheitsverwahrung ist alle 5 Jahre zu prüfen. Ausserhalb der 5-Jahresfristen kann mittels Vorschlag auch von den betreuenden Personen eine Aufhebung der Sicherungsverwahrung beantragt werden.

Die Gesellschaft muss sich schützen – auch vor Notwehrexzessen des Staates.

Wirtschaft und Politik: Immun gegen Gesetze und Gerichtsentscheidungen

Schon die Entscheidung des obersten deutschen Gerichtes, des Bundesverfassungsgerichts, eine transparente Hartz-IV Berechnung für die Sätze von Kindern und Jugendlichen bis spätestens 31.12.2010 umzusetzen, wurde durch die Frau von der Leyen ja geflissentlich ignoriert. Der Tagespresse konnte man gerade gestern  entnehmen, wie die Bundesarbeitsministerin ihre Arbeitgeber (den Steuerzahler) durch Zahlentrickereien betrügt.

Aber nicht nur bundesdeutsche Gerichte sind unserer Regierung eigentlich total egal – auch auf europäischer Ebene haben Gerichte eher den Wert von zu ignorierenden Statisten:

Die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Sicherungsverwahrung in Deutschland stoßen bei CDU-Politikern auf Widerstand. Niedersachsens Innenminister Busemann kündigte an, trotz der Rüge aus Straßburg werde in seinem Bundesland keiner der betroffenen Täter freigelassen.

Quelle: Spiegel. Wunderschön sind folgende Worte eines meiner Lieblingspolitiker:

Bosbach äußerte Verständnis für die Sorgen vieler Menschen vor entlassenen Straftätern. „Wir können leider nicht davon ausgehen, dass jeder Gewaltverbrecher resozialisierbar ist, wenn sich der Staat mit der Resozialisierung nur genug Mühe gibt.“ Es werde immer einige Täter geben, die eine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit seien, sagte er.

Das möchte man doch glatt etwas frei wie folgt abwandeln:

Das Reizzentrum äußert Verständnis für die Sorgen vieler Menschen vor Politikern und Wirtschaftsbossen. „Wir können leider nicht davon ausgehen, dass jeder Politiker und Manager resozialisierbar ist, wenn sich der Staat mit der Resozialisierung nur genug Mühe gibt.“ Es werde immer einige profilierungssüchtige Asoziale geben, die eine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit seien, sagte er.

Wer will denn bitte von mir einfordern, mich an Gesetze und Verordnungen zu halten, wenn unsere Politiker Gesetze und Gerichtsurteile für nicht mehr als eine Meinungsäusserung halten? Wie soll ich meinen Kindern Achtung vor Recht, Gesetz  und wie Sozialverhalten beibringen, wenn die höchsten deutschen Instanzen all dies so gnadenlos ignorieren?

Klarmachen zum Ändern!