Paranoia. Oder: Wie entziehe ich mich – weitgehend – der Überwachung

Während im Netz die Diskussion „Spackeria“ (alle Daten werden ohnehin irgendwann frei verfügbar sein, warum wehrt man sich eigentlich) gegen die Aluhütte (Verfechter der informellen Selbstbestimmung) tobt, möchte ich ein paar Möglichkeiten aufzeigen, wie man sich der „Datenüberwachung“ wenigstens ein bisschen entziehen kann.

Worum geht es bei der „Datenüberwachung“ überhaupt? Als Datenüberwachung bezeichne ich mal jegliche Möglichkeit, meine persönlichen Daten weitestgehend in meiner Privatsphäre zu halten. Warum soll ich per Payback-Karte fremden Interessenten mitteilen, was ich wann und wo einkaufe? Muss ich dem Staat die Möglichkeit geben, mittels Handyortung zu wissen, wann ich mich wo befinde? Geht es ein Kreditkartenunternehmen etwas an, wann ich wo wieviel Geld ausgebe? Ich glaube nicht. Dabei ist es recht einfach, zumindest Teilbereiche meines Persönlichkeitsprofiles zu anonymisieren.

Was kann ich – was kann jeder – tun?

Paybackkarten sind blödsinnig. Sie locken mit ein paar monetären Vorteilen, welche durch die „Nichtbenutzer“ finanziert werden. Selbes gilt für Kundenkarten von Kreditunternehmen und anderen Unternehmen. Bei Nutzung einer Kundenkarte ist – insbesondere WENN man diese denn tatsächlich besitzt – kritisch zu prüfen, ob die Nutzung wirklich notwendig ist. An einem Ausweis für den Großmarkt (Metro, Handelshof etc) wird niemand vorbei kommen, der bei diesen Märkten einkaufen muss. Payback aber kann man getrost ignorieren.

Auch die Kreditkarte/EC-Karte kann man mit Bedacht einsetzen. Niemand wird mit einer Bargeldmenge die den vierwöchigen Urlaub finanziert in der Hosentasche ins Ausland fahren wollen. Dennoch muss man nicht überall mit Karte zahlen. Umso öfter ich „mit Karte“ zahle, desto mehr Daten stelle ich den Damen und Herren mit der Sammelwut zur Verfügung.  Besser ist es periodisch ausreichend Geld von einer Bank abzuheben und die Rechnungen dann in Bar zu zahlen. Schliesslich kann selbst die Information wann und wo ich mein Fahrzeug betankt habe, schon gewisse Hinweise auf mein Verhaltensmuster abgeben.

Das Mobiltelefon ist ein besonders schwerwiegender Fall, der eigentlich ein Grund wäre ein Buch zu schreiben 🙂 Generell besteht die Möglichkeit nicht nur unsere Telefonate/SMS, sondern jeden unserer Schritte nachzuvollziehen, solange wir unser Mobiltelefon bei uns haben. Man kann nicht nur ermitteln in welcher Funkzelle wir eingebucht sind, sindern es kann (abhängig von der Lokation) bis auf ca. 10 m genau ermittelt werden, wo sich unsere Mobiltelefon (und somit typischerweise der Benutzer) sich befindet. Dagegen hilft nur Handy ausschalten oder – für besonders hart gesottene – ab und an mal das Telefon mit einem Freund tauschen. Dies kann man perfektionieren, indem man in einer zentralen Telefonanlage an jeden Teilnehmer eine feste Festnetzrufnummer vergibt und schlicht bei jedem Tausch die Rufweiterleitung ändert.

Die Nutzung von privaten Netzwerken gestaltet sich – aus Sicht des Datenschutzes – als besonders knifflig. Einerseits möchte man vielleicht von Ex-Kollegen oder Klassenkameraden gefunden werden, andererseits gibt es vielleicht Menschen, von denen man eben nicht gefunden werden möchte. Stalkende Exfreunde mögen da nur ein beispiel sein. Man sollte seine Daten in sozialen Netzwerken ausschliesslich für bestehende Kontakte sichtbar schalten. Wer glaubt, dass ich die Person bin, die gesucht wird, kann dies mittels Mail anfragen und ich habe dann die Entscheidungsgewalt, meine Daten zu teilen oder nicht. Bei manchen Netzen besteht sogar die Möglichkeit für jeden einzelnen Kontakt jeden Datensatz (Telefonnumer / Faxnummer/ Mobilnummer) einzeln freizuschalten. Was die sonstigen Informationen angeht, die man von sich preisgibt, so kann natürlich jeder tun und lassen was er mag. Allerdings kann zu viel „Offenheit“ auch Probleme schaffen, denn wer stets mit dem Kauf von teuren Elektrogeräten und Pelzmänteln prahlt, muss sich nicht wundern, dass der angekündigte 4-wöchige Auslandsaufenthalt von IT-sicheren Diebesbanden zur „Umverteilung des Verfügungsgewalt“ genutzt wird.

Wird fortgeführt…

Alice und o2, was macht ihr für einen Blödsinn? @Alice_de

Am 19.08.2010 hat o2 seinen Kunden bewiesen, wie billig der Netzaufbau ist. Eine einzelne Lokation fällt aus, und der „Single point of failure“ – etwas dass jeder Techniker zu vermeiden sucht – sorgt dafür, dass über Stunden jegliche Mobilkommunikation für Hansenet- und o2-Kunden buchstäblich ins Wasser fiel.

Nun kommt eben über Twitter die offizielle Meldung von des Hansenet-Marketing (oder schon Telefonica?) rein:

Die Netzstörung am 19.8. im Raum HH tut uns leid. Als kleine Wiedergutmachung simsen alle Alice Mobile-Kunden am 4.+5.9. in D kostenlos!(AL)

Was bitte soll denn das? Ich zum Beispiel werden an den beiden Tagen wahrscheinlich gar nicht in Deutschland sein. Also geht diese Art von „Wiedergutmachung“ voll am Verbraucher vorbei.  Wenn wir uns mal die realen Kosten anschauen, die dem Carrier bei Telefonaten und SMS entstehen, so ist dieses Angebot im Millicent-Bereich angesiedelt. Die Aufrechterhaltung der Infrastruktur kostet Geld. Die Nutzung derselben ist Pippifax.

Auch muss die Frage erlaubt sein, wem ein echter Schaden entsteht, wenn das Mobiltelefon nicht nutz- und erreichbar ist. Wenn wir diese Personengruppe einmal als „Geschäftleute“ und „mobile Internetuser“ definieren und diese in Relation bringen mit der Klientel „SMS sendende Kunden“, haben wir welche Übereinstimmung dieser beiden Kundengruppen? 5%? Vielleicht?

Aber es liest sich toll, wenn Alice schreibt: Wiedergutmachung. Leider völlig am Geschädigten vorbei wieder gut gemacht, als wenn ich Werner eine Ohrfeige haue und Beate dafür Schmerzensgeld zahle. Vielleicht sollte Hansenet einmal Gedanken um Nutzstrukturen machen und in Sachen Marketing etwas kleinere Brötchen backen.

Loveparade: Infrastruktur und all die Schuldigen

Der Spiegel hat sehr interessantes Bildmaterial zu der Infrastruktur vor Ort ins Web gestellt.

Wer sich die Lokation anschaut, kann sich eigentlich nur an den Kopf fassen. Ein komplett „eingesperrtes“ Gebiet, umgeben von grossen Eisenbahnstrecken, einer Autobahn und nur 2 Ein/Ausgängen die auch noch durch EINEN zentralen Tunnel führen, das Gelände ist eine Falle.

Ich weiss nicht, wie die Gespräche zwischen Veranstalter, Eigentümer, Behörden der Stadt Duisburg, denn Rettungs- und Ordnungsdiensten abliefen. Aber so wie das aussieht, haben sich alle Beteiligten einlullen lassen (von wem?) oder waren blind/dumm/unfähig. Das die Polizei eventuelles Beweismaterial verschwinden lässt, macht die Angelegenheit nicht transparenter.

Hat Rainer Schaller (der Veranstalter und Haupsponsor), der die Loveparade als Marketingplattform für sein Unternehmen McFit nutzt, die Mängel klein geredet, um „seine“ Veranstaltung überhaupt durchziehen zu können?

Hat der Duisburger Oberbürger Sauerland dem Veranstalter Risiken verschwiegen um Duisburg ein wenig bekannter zu machen?

Wieso haben Rettungsdienste und Polizei nicht über das Verwaltungsgericht versucht die Veranstaltung zu stoppen?

Es gibt im Web viele Besserwisser, die alles vorher gewusst haben. Aber warum haben diese nicht den Rechtsweg beschritten? Sich JETZT hinzustellen und zu erklären „Ich habe schon vor zwei Wochen gesagt es wird Tote geben“ halte ich für sehr gefährlich. Denn entweder sind diese Mahner ähnlich zu werten, wie diejenigen, die erklären „Tue Buße, morgen geht die Welt unter“ – es sei denn diese Personen hatten das Wissen. DANN wären sie – in meinen Augen – zumindest zu einem Teil mitverantwortlich, wenn Sie diese Veranstaltung nicht mit allen Mitteln versucht haben zu stoppen.