Verhält sich der Staat wie ein Straftäter oder wie ein Dienstleister?

Sollte ich jemals eine Straftat begehen, wird mir mein Anwalt ganz sicher raten, nur das zu gestehen, was der Staatsanwalt mir nachweisen kann. Alles andere werde ich bestreiten sollen. Als Angeklagter ist es mein gutes Recht mich derart zu verhalten, schliesslich muss ich mich nicht selbst belasten.

Bei einem Angestellten sieht die Sachlage ein wenig anders aus, denn dieser ist seinem Arbeitgeber gegenüber zur Wahrheit verpflichtet. Wird ein Angestellter gefragt, ob er die Beule in das Auto gefahren hat, so ist er verpflichtet dieses zuzugeben, da er ansonsten das Vertrauen aufs Spiel setzt, welches für das Vertragsverhältnis mit seinem Geldgeber ein wichtiger Bestandteil ist.

Wie verhalten sich nun unsere Staatsdiener (Politiker und Beamte)? Spielen diese mit offenen Karten und sind somit unser Vertrauen wert? Oder verhalten sie sich wie Straftäter vor Gericht wären somit als Angestellte stets abmahnfähig?

Die Dresdner Polizei hat während einer Anti-Nazi-Kundgebung Gespräche von Demonstranten abgehört. Dies bestätigte nun die Staatsanwaltschaft. Bisher war nur die Aufzeichnung von Handydaten eingeräumt worden. Die Opposition kritisierte, dass Informationen nur nach und nach herausgegeben würden.

Quelle: Spiegel. Unsere Staatsdiener mauern und belügen uns passiv durch Fehlinformation – verhalten sich also nicht wie loyale Angestellte, eher scheinen sie uns – das Volk – als Richter anzusehen. Was eine sich selbst erfüllende Prophezeiung zu sein scheint.

Fremdworte des Alltags: Anstand

Der Bundespräsident Horst Köhler fand heute sehr deutliche Worte bezüglich der Finanzkrise.Die Chefs von Deutscher Bank, Commerzbank und Dresdner Bank, Josef Ackermann, Martin Blessing und Herbert Walter, mussten sich Sätze wie:

„nach den Renditen, an denen sich eine ganze Branche offenbar so berauscht hat, dass sie blind wurde für die Risiken oder sie bewusst ignoriert hat“ Nun seien Demut, Anstand und Bescheidenheit gefordert.

„Die Banken müssen sich bewusst machen: Zuallererst sind sie Treuhänder derer, die ihnen ihr Erspartes überantwortet haben.“

„Wir brauchen bei aller Schärfe des Wettbewerbes eine Kultur der Gemeinsamkeit. Und wir brauchen schlicht Anstand.“ (Quelle FAZ)

Anstand – aber ich muss doch sehr bitten, Herr Köhler. Die Herren wissen doch höchstens, wie man anständig sein eigens Geld vermehrt. Die kriegen doch nichtmal den Aktienkurs ihrer eigenen Unternehmen in den Griff.

Die FAZ schreib ausserdem:

Köhler forderte zudem ein verbindliches politisches Verfahren, das dafür sorge, dass globale Leistungsbilanzungleichgewichte abgebaut würden und in dieser Form nicht wieder entstehen könnten. „Das verlangt auch eine Diskussion über die Rolle von Wechselkursen, und in jedem Fall verlangt es eine Absage an die Selbstbezogenheit und Protektionismus“

Selbstbezogenheit – ist das nicht eine wunderschöne Vermeidung der Begriffe Egoismus oder gar Gier?

Die Welt hat auch einen Artikel über diese Ansprache, die aber nahezu den gleichen Wortlaut wie die FAZ nutzt, allerdings interpretiert die Welt:

Die Banker haben versagt – urteilt Bundespräsident Horst Köhler

Eine Relation

Fast alle Dresdner-Vorstände müssen gehen

betitelt die Welt einen Artikel. Das löst Beklemmungen aus. „Fast alle“ und „Vorstände„. Der geneigte Zielgruppenangehörige mag sich denken „Endlich auch mal die da oben“ oder „Siehste, nicht nur der Angestellte, auch Vorstände sind betroffen“. Das es sich um sieben von acht Vorstandsmitglieder handelt, macht – so rein prozentual gesehen – eine richtige Meldung aus. Aber es ist nichts neues, dass „Übernommene“ Manager ihren Schreibstisch im Keller wieder finden und dann irgendann – mit einer freundlichen „Ablösesumme“ aus dem Unternehmen scheiden.

So richtig interessant wird diese Meldung in Verbindung zu einer anderen, ebenfalls in der Welt erschienenen Meldung:

Commerzbank-Plan löst Panik bei Mitarbeitern aus

und

Der neue Bankenriese will allein in Deutschland 6500 Stellen streichen, sowohl im Privat- wie auch im Geschäftskundenbereich.

Das diese Stellenstreichungen nicht zwingend durch Entlassungen, sondern durch „Nichtbesetzen freiwerdender Stellen“ und „Förderung freiwilligen Ausscheidens“ erreicht werden solle, ändert nichts an der tatsache, dass es 6500 Arbeitsplätze für Bankkaufleute, IT-Mitarbeitern etc. eben in der deutschen bankenlandschaft nicht mehr geben wird. Arbeitsplätze die auch nicht „mal eben“ durch Einstellungen von anderen Banken neugeschaffen werden können. Und was der Mittelstand (der im Moment in Deutschland den höchste Anteil an Stellenneuschaffungen hat)  mit Bankkaufleuten soll, weiss auch niemand so recht.