Internetsperren und Strafvereitelung im Amt

Alvar Freude berichtet in seinem Blog ODEM über eine Auswertung der dänischen Internet-Sperrlisten. Dem zu Grunde liegt eine Auswertung des dänischen ISP Siminn.

Demnach sind 97% der zu sperrenden Server in USA (916 Server), Kanada (13 Server) oder Deutschland (11 Server). Bemerkenswert ist nicht nur die unsagbar hohe Anzahl von Servern die in den USA liegen, sondern vor allem das es anscheinend nicht geschafft wird, in diesen Länder eine funktionierende Instanz (bestehend aus Staatsanwaltschaft und deren Hilfstruppen) zu schaffen, die diese Server tatsächlich vom Netz nehmen.

Oder liegt es an der unterschiedlichen regionalen Gesetzgebung? DANN allerdings würde uns eine europäische Version der Sperrliste keinen Meter nach vorn bringen. Denn für die klägliche Anzahl von „Restservern“ die vielleicht noch sperrbar wären, lohnt sich dieser Aufwand sicher nicht.

Warum werden die 13 Server in Deutschland nicht vom Netz genommen? Welche Behörde ist dafür verantwortlich? Greift da eventuell Strafvereitelung im Amt? Oder sind es unüberwindbare Sprachprobleme, die es den dänischen Behörden unmöglich machen, mal kurz beim BKA anzurufen und den Herren den Tipp zu geben „Schaut mal auf den Server 1.2.3.4 oder http://loeschen.de ?

Es ist widerlich, dass diese Unfähigkeit der Ermittlungsbehörden anscheinend auch noch von vollmundigen Reden der ahnungslosen Politiker(die nur den Überwachungssstaat ausbauen wollen) legitimiert wird.

Die Häutung der Selbstverständlichkeit

Es gibt Dinge, die weiss man schon als Kind denn es wird uns so gelehrt. So weiss man, dass die Kirche Gutes tut, man weiss dass die Amerikaner due Guten sind und man weiss dass Politiker im Sinne des Volkes agieren. All das ist selbstverständlich – oder zumindest war es das für viele von uns.

OK, schon 1968 kamen die ersten deutlichen Stimmen auf, dass Deutschland der Muff aus 1000 Jahren noch unter den Talaren müffelte und in den USA formierte sich eine große Friedensbewegung. Aber dann kam wieder eine Phase von Friede, Freude, Eierkuchen. Fast 40 Jahre fügte man sich „denen da oben“. Es gab „Momente lokaler Einsicht“ – einer davon führte zum Niedergang der DDR aber grundsätzlich war es ruhig auf dieser Welt. Die Mächtigen machten und wir da unten waren ruhig und zufrieden. Bis jetzt.

Auf einmal kommen die Einschläge wieder schnell und dicht: Deutsche Bundeswehr beschiesst Zivilisten, Katholiken vergehen sich an Kindern, amerikanische Soldaten beschiessen Zivilisten. All dies erfüllt mich schon mal mit Hoffnung. NEIN! Nicht diese Vergehen sind es, die mich hoffen lassen. Es ist die Tatsache dass auch diese alten Sünden nicht mehr unter den verschiedenen Deckmäntelchen verbleiben, sondern ans Tageslicht gezerrt werden.

Es sind dreckige Wahrheiten – ganz sicher, aber werden diese besser oder ungeschehen, wenn man sie verheimlicht? Man muss über ALLE Verfehlungen sprechen – offen! Und alle Verfehlungen müssen geahndet werden. Egal ob es durchdrehende Soldaten, Kirchenamtsinhaber, Politiker, Wirtschaftsbosse oder Fussballspieler sind.

Es muss wieder selbstverständlich sein, dass sich Menschen menschlich verhalten und es darf nicht mehr selbstverständlich sein, dass die Mächtigen mit den Schwachen machen was sie wollen. Egal ob es um das Leben, die Ehre, den Besitz oder nur den Stolz geht.

Über Dreistigkeit und Unverfrorenheit

Es gibt genügend Arbeitsplätze – nur nicht genug Arbeitswillige. Das scheint der Vorstandsvorsitzender der Marseille-Kliniken AG, Ulrich Marseille (Über Marseille gibt es auch einen bemerkenswerten Wikipedia-Artikel) so zu sehen und entblödet sich nicht seine kapitalistische Gier offen zur Schau zu stellen. Solche frechen Aussagen wird man nur lesen können, wenn die herrschende kapitalistische Klasse sich sehr-sehr sicher ist, dass sie die absolute Macht besitzen. Bei ein wenig sozialem Anstand und Verantwortungsgefühl würde Marseille als Ausbeuter von Politikern geschasst und seinen Aktionären wegen schlechtem Marketing vom Hof gejagt. Aber in der jetzigen Situation darf man so frech sein.

Marseille betreibt als Vorstandsvorsitzender der Marseille-Kliniken AG in Deutschland 61 stationäre Altenpflege-Einrichtungen mit knapp 9000 Betten und 6000 Mitarbeitern. Er will mindestens 500 Hartz-IV-Empfänger einstellen und ihnen bis zu 400 Euro im Monat zahlen. Bewährt sich ein Arbeitsloser, will Marseille ihm nach zwei Jahren eine feste Arbeitsstelle anbieten. Nach seiner Einschätzung könnte ein Drittel dieser Hartz-IV-Pflegehelfer dauerhaft in der Branche bleiben. (FAZ) (Hervorhebung von mir)

Da soll den Hartz-IV Beziehern tatsächlich 400€ pro Monat bezahlt werden – und das bis zu 2 Jahre lang? Es spricht für die Situation in diesem Land, dass sich jemand überhaupt – unter Nennung seines Names und nicht anonym – traut Arbeitsplätze mit solch einem Hungerlohn anzubieten.

Man darf nicht vergessen, dass jeder dieser angebotenen Arbeitsplätze zu 99% direkt durch Hartz-IV Zuzahlungen (Steuergelder..)  subventioniert ist. Oder glaubt hier jemand, dass man hier in Deutschland (nicht bei Continental in Tunesien) von 400€ leben kann? Allein die Miete dürfte typischerweise diesen Betrag übersteigen.

Marseille nimmt wirklich kein Blatt vor den Mund:

Dennoch sieht er auch eine staatsbürgerliche Verpflichtung der Langzeitarbeitslosen, dem Staat, der sie finanziert, auf diese Weise etwas zurückzugeben. Aus seiner Sicht ist die Einstellung Langzeitarbeitsloser für alle Beteiligten ein gutes Geschäft. Er selbst sparte erheblich gegenüber der Anstellung einer regulären Hilfskraft, die bis zu 1800 Euro brutto verdient. Das Argument zählt, denn wie fast alle Pflegeanbieter – gemeinnützig, privat oder öffentlich – drücken ihn die steigenden Kosten noch mehr als der Personalmangel.

Ja, tatsächlich ein gutes Geschäft: 500 Personen denen man JE 1400 weniger bezahlen muss – sind 700.000 Euro Ersparnis für seine Aktiengesellschaft IM MONAT! Und nun nochmal – sollte es in Vergessenheit geraten sein: Marseille ist Vorstandsvorsitzender der Marseille-Kliniken AG. Hat jemand einen Verdacht, was man so als Vorstandsvorsitzender dieser Aktiengesellschaft für ein Einkommen hat? Was er verdient, steht auf einem ganz anderen Blatt. Das darf ich hier nicht schreiben, denn es wäre Aufruf zu einer Straftat.

Revolution anybody?