Die Qual der Wahl – Parteienlandschaft 2011 in Deutschland

Es ist „reizende“ Tradition, dass ich periodisch meine Gedanken zur aktuellen Landschaft politischer Parteien in Deutschland festhalte. Diesmal wird die Betrachtung etwas gröber, da ich die Tagespolitik, wie Stuttgart 21 etc, weitgehend aus diesem Artikel heraus halten werde.

Fangen wir mit der CDU an: Die CDU stellt auf Bundesebene die derzeit stärkste Partei. Die „Christlich Demokratischen Union“ hat sich leider weitestgehend von den im Namen verankerten christlichen Werten verabschiedet. Vielleicht sollte sie sich umbenennen in „Club Der Unternehmen“, ein Spottbegriff den ich erstmals um 1970 herum in der Schule aufschnappte. Die Politik der CDU steht für Tradition im Sinne von „Stabilität der Wirtschaft“ – auch auf Kosten der Menschen dieses Staates. Die Belange der Menschen wandern nur dann in den Fokus, wenn damit der Wirtschaft gedient wird. Diese Partei sollte für Arbeiter und Angestellte eigentlich unwählbar sein.

Als nächstes kommen wir mal – weil sie mit in der Bundesregierung sitzt – zu der FDP. Die FDP. Die Freie Demokratische Partei ist die Partei der neureichen Emporkömmlinge, die mit aller Macht schnell nach ganz oben wollen. Tradition und alte Werte gelten hier wenig. Grösstes Problem der FDP ist, dass sich viele FDP-Mitglieder (in völliger Selbstüberschätzung) als intellektuelle Elite des Landes ansehen und aufgrund dieser Überheblichkeit teilweise massivste Fehlentscheidungen treffen. Für Intellektuelle sowie Arbeiter und Angestellte absolut unwählbar.

Ebenfalls zur derzeitigen Bundesregierung gehört die gern (im Norden) vergessene CSU. Die Christlich Soziale Union ist weitestgehend von den Zielsetzungen mit der CDU gleich zu setzen, allerdings gibt es einen grossen Unterschied: Die CSU ist bundesweit ausschliesslich in Bayern vertreten und ist aufgrund einiger lokaler Besonderheiten aggressiver aber auch weltabgewandter als die CDU.

Kommen wir nun zu den Grünen. Die Grünen waren einmal die Partei der alternativen Menschen, die es gut mit uns und dem Planeten meinten. Diese Zeiten sind allerdings lange vorbei. Heute sind die Grünen die Partei, die hinter sich diejenigen versammelt, die einmal um die halbe Welt in den Urlaub fliegen (damit die CO²-Bilanz versauen), SUVs fahren und als „modernen Ablaß“ die Grünen wählen. Mit echter „grüner Politik“ haben die Grünen leider schon lange nichts mehr zu tun. Aufgrund dieser Lebenslüge: Für alle Bevölkerungssschichten damit unwählbar.

Kommen wir zu den armen Wichten, der SPD. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands rekrutierte ihre Wähler ehemals aus den Reihen der „einfachen“ Menschen. Arbeiter und Angestellte waren eine feste Bank an Stammwählern. Das Problem der SPD kann man an einem Namen festmachen: Gerhard Schröder. Der Altkanzler Schröder punktete bereits auf Landesebene mit besten Kontakten zur Wirtschaft, welche er als Kanzler auch auf Bundesebene für seine Partei ausbaute und nutze. Dabei wurden leider die ehemaligen Stammwähler nicht nur vergessen, sondern auch verraten. Mit dem Weggang Schröders steht die SPD nun vor dem nichts. Die Kontakte zu den Unternehmen sind mit Schröder gegangen – der Kontakt zu Arbeitern und Angestellten ist immer noch massiv gestört und nicht wieder hergestellt.

Als Folge der Erosion der SPD sind in Deutschland zwei neue Parteien entstanden, die für mich die beiden einzig wählbaren sind, und in meinen Augen einige Gemeinsamkeiten haben, zu denen ich am Ende noch etwas schreiben werde.

Die Partei „Die Linke“ ist entstanden aus der Verschmelzung von Resten der PDS sowie der WASG. Typischerwiese wird der Linken vorgeworfen auch ehemalige PDSler in den Reihen zu halten – dass auch CDU und SPD ehemalige PDSler mit Kusshand aufnehmen wird gern ignoriert. Die Linke hat das Problem, dass sie und ihre Ziele von den (konservativ berichtenden!) Medien entweder ignoriert oder gar verunglimpft wird. Die Linke steht historisch für die Rechte der kleinen Menschen, wird aber von ihrer Klientel (durch Einfluss der Medien) nicht identifiziert.

Als letzte Partei erwähne ich hier die Newcomer der politischen Landschaft. Die Piraten haben – im Gegensatz zu den anderen Parteien – keine Wählerschaft, die sich aufgrund der gesellschaftlichen Stellung mit den Zielsetzungen der Partei identifizieren, sondern aufgrund einer freiheitlich-demokratischen Orientierung. Insofern würde ich persönlich (sicherlich übertrieben) die Piraten als Partei zum Schutz der Grundrechte bezeichnen. Rekrutierten sich die Piraten ehemals als „Internetpartei“ aus den Reihen der Computerfreaks, so haben sie mittlerweile den Sprung in die Gesellschaft geschafft. Ich prognostiziere den Piraten – solange die etablierten Parteien in Deutschland so massive Probleme mit der Interpretation der Grundrechte haben – eine stets wachsende Wählerschaft.

Nun noch zu der Gemeinsamkeit zwischen Piraten und Linken: Im krassen Gegensatz zur CDU, die vor allem ein schweigendes Wahlvolk „gezüchtet“ hat, sind die Wähler der Linken und der Piraten deutlich aktivere Menschen. Anhänger dieser Parteien haben noch persönliche Ziele, welche sie innerhalb und mit Hilfe der Partei versuchen zu erreichen. Diese – generell – zu begrüssende Eigenschaft der Mitglieder schafft allerdings im Bereich Konsensbildung Probleme, da sehr viele unterschiedliche Bedürfnisse „unter einen Hut“ gebracht werden müssen. Dieses wird gern als „zerstritten“ interpretiert, ist aber am Ende nur ein Zeichen für demokratische Parteien deren Mitglieder sich am Prozess der politischen Meinungsbildung aktiv beteiligen.

Vorratsdatenspeicherung hilft gegen Mundgeruch und Blähungen im Fahrstuhl

So langsam wird es mir echt zu bunt mit diesem Politikern die dümmer sind als 100 meter Feldweg:

Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann macht Druck auf die Justizministerin. Man brauche die Vorratsdatenspeicherung – für den Kampf gegen Islamisten und gegen Kindesmissbrauch.

Soso, Islamisten und Kindesmissbrauch – und wenn die Islamisten gar keine Gefahr darstellen, die man mittels Vorratsdatenspeicherung bekämpfen kann, muss oder will:

„Selbst wenn sie die Terrorgefahr ignoriert, muss sie doch wenigstens das Schicksal missbrauchter Kinder berühren“, klagte Schünemann und forderte Leutheusser-Schnarrenberger zum Handeln auf.

Quelle: TAZ. Genau – wie die Mutterkreuzträgerin der Nation, die Zensursula von der Leyen ergisst sich Schünemann in „Wer nicht für die Vorratsdatenspeicherung ist, ist ein Kindeschänder oder schützt diese zumindest“. Widerlichste, billige Polemik.

Als nächstes wird die CDU feststellen, dass Vorratsdatenspeicherung gegen Mundgeruch und Blähungen im Fahrstuhl hilft. Wer dann immer noch dagegen ist, ist ein Stinkmorchel!

Deutschland: Sozial- oder Gierstaat?

Die Welt-Online schreibt wie es ist:

Die Deutschen hängen an ihrem Umverteilungsapparat. Kürzungen von Sozialleistungen sind unbeliebt. Fatalerweise ist die Bevölkerung besessen vom Sozialstaat.

Kürzungen im Bereich Sozialleistungen sind unbeliebt – da ist was dran, unterschreibe ich jederzeit. Auch ich bin gegen diese Kürzungen, selbst als Nichtprofiteur derselben.

Alle Jahre wieder kommt nicht nur das Christkind, sondern stellt man fest, dass das Jahr eines der Sozialstaatsdebatte war.

Daher sind alle Versuche der Politik selbst zu kleinen Korrekturen wie jenen um die Hartz-IV-Erhöhung mit ungeahnten Blockaden, Vorwürfen und Verwerfungen verbunden.

Noch immer ist nicht mental akzeptiert, dass der Sozialstaat, dessen Transfers fast die Hälfte des jährlichen Haushalts ausmachen, sparen muss. Und dass das Deutschland und den Deutschen guttäte. Dem verweigern sich die Deutschen weiterhin.

Und ich sage: Die Deutschen verweigern sich zu Recht und noch viel zu wenig!

  • Während Unternehmen wieder dicke Gewinne einfahren, wird vor Gehaltserhöhungen, welche auch nur den Inflationsverlust ausgleichen gewarnt!
  • Während der Hart-IV Satz unterhalb der Inflationsschwelle angehoben werden soll, wird Unternehmen unterschiedlichster Branchen das (Steuer)Geld nachgeworfen – Beispiel: Hoteliers
  • Während zur Bankenrettung hunderte von Milliarden zu Verfügung stehen, werden Bildungsetats gekürzt und Studierende müssen für den Uni-Besuch bezahlen.
  • Während Arbeitslosen keine Rentenanwartschaft mehr gezahlt wird, werden Mehrkosten im Gesundheitswesen in Zukunft allein auf den Rücken der Arbeitnehmer getragen.

Schluß mit dem einseitigen Sozialstaat, der nur den Besitzenden eine fröhliche Weihnacht beschert! Ich fordere soziale Verpflichtung nicht für die Armen, sondern gerade für diejenigen die es sich erlauben können. Höchsteuersatz wieder auf den Wert der 1975. Denn während bei den unteren Einkommensschichten stets  abgeschöpft wurde, wurde der Steuersatz der „Vielverdiener“ von 56% auf 42%/45% gesenkt.

Ja, Deutschland ist ein Gierstaat – aber diese Gier wird am oberen Ende der Einkommensskala ausgelebt.

Wenn ich solch Gewäsch wie in der Welt lese, frage ich mich warum nicht wieder die Auslieferungsfahrzeuge der hetzenden Springerpresse in Brand aufgehen.