Blogger verklagt Firma

Es war einmal ein in gewissen Kreisen anerkannten und ernstgenommener Blogger. Dieser Blogger wird nun von einer Firma, die ebenfalls im Internet ihr Geld verdient, auf deren Webseiten ein „armseeliger Streithansel“ genannt.

Der Blogger lässt sich das natürlich nicht gefallen. Er lässt seinen Anwalt ein Schreiben aufsetzen, um die Firma zu veranlassen dieser Passage von der Webseite zu entfernen.

Der Blogger verbloggt dieses, und wird sowohl bei Twitter als auch auf seinem Blog als heldenhafter Kämpfer für Recht und Ordnung betitelt.

Gut so! Lass dir nichts gefallen!

Die Firma reagiert auf diese „Bitte“ nicht, was unseren Blogger veranlasst seinen Anwalt eine Abmahnung aufsetzen zu lassen. Die Frist verstreicht, die Firma ignoriert weiterhin. Der Blogger schreibt einen höhnischen Artikel in seinem Blog, so langsam wird er sauer.

Wieder einmal schafft es sein Artikel das Web 2.0 durchzumischen. Twitter kennt kein anderes Thema mehr als den Blogger, der dem „grossen Konzern“ die Stirn bietet. Heiser und die TATZ berichten

Streitsamer Blogger erkämpft sein Recht, Konzern verschläft Einspruchstermin

Die logische Folgehandlung unseres Bloggers ist nun – finanziell unterstützt von diversen Privatpersonen und kleinen Organisationen – eine Zivilklage um sein Recht durchzusetzen. Anscheinend will der ignorante Konzern ihn ja lächerlich machen. Aber nicht mit ihm, er weiss das Netz hinter sich!

Der Tag des Gerichtstermins. Unser Blogger kann sein Glück kaum glauben: WIEDER tut die Gegenseite nichts. Es erscheint kein Vertreter der Firma, kein vertretungsberechtigter Anwalt. Richter, Anwalt der Klage und unser Blogger stehen blöd rum und so fällt – ohne jegliche Verteidigung – das Urteil gegen die Firma.

Unser Blogger lässt sich feiern. Er wird beim Verlassen des Gerichtsgebäudes von einer zwar ansatzweise überschaubaren, aber jubelnden Masse von Nerds mit Club-Mate geduscht und auf den Schultern getragen.

Spott und Hohn ergiessen sich auf die Firma. „Wie dumm kann man sein“, „Geschieht den arroganten Deppen nur Recht“, „Das Web ist das Volk“

Die BLÖD betitelt:

WIR SIND BLOGGER

Aber unser kleiner Wahnsinn ist immer noch nicht zuende: Die Firma hat tatsächlich ein so dickes Fell, dass sie selbst die – nun deutlich justiziable – Zahlungsaufforderung bezüglich Verfahrenskosten zu ignorieren. Über mehrere Monate passiert wieder einmal… NICHTS

Unser Blogger greift zum Äussersten:  Er lässt sich einen Titel erstellen und lässt eine ihm bekannte Wertsache pfänden: Den PKW des Geschäftsführers. Ein gepfändetes Automobil darf nicht mehr bewegt werden und schon wird der Betreiber des, ehemals grossen Teilen der Bevölkerung unbekannten, Blogs als Inhaber des zu erschaffenden Titels Internetminister gehandelt. Er ist der Held der kleinen Leute – er hat sich gewehrt, sich nichts gefallen lassen.

ER hat gezeigt, dass das Internet eben doch kein rechtsfreier Raum ist.

Anmerkung: „Ähnlichkeiten mit gewissen Personen und Firmen sind weder beabsichtigt noch zufällig, sondern unvermeidlich.“

Ist es nicht seltsam, wie manipuliert unsere Wahrnehmung daher kommt? Wie ein und dieselbe Sache plötzlich zwei verschiedene Stellungnahmen von uns ermöglicht?

Ich will hier garantiert nicht für eine Firma Partei ergreifen, die ihr im obigen Text vielleicht glaubt wieder zu erkennen. Was ich einfach möchte ist, dass gewisse Dinge sachlicher betrachtet werden. Manchmal haben sich die „Anderen“ rechtsstaatlich sauber verhalten und „unsere Leute“ haben es echt verkackt.

Hausaufgabe zu nächster Woche:

  1. Wie würdest Du dich als Firma verhalten?
  2. Wie würdest Du dich als Blogger verhalten?

Nachtrag: Lustig (und keineswegs auf rechtsstaatlichem Boden verankert) ist das „Angebot“ des „Siegers“ einen erwarteten Überertrag an zwei Gruppen zu spenden. Denn erstens steht der Mehrertrag dem Schuldner zu und zweiten will keiner der Bedachten das Geld. DAS ist das erste Mal dass in der ganzen Angelegenheit wirklich Stil zu entdecken ist.

Führen, delegiert sein und die Gruppenkunst

Das phantastische an der Spezies Mensch ist, dass der Mensch in vielerlei Hinsicht absolut einmalig ist. Dies beruht auf der nahezu unendlichen Möglichkeit der Eigenschaften, die wir Menschen besitzen können.

httpv://www.youtube.com/watch?v=U0kJHQpvgB8

Ja, jeder Mensch ist einzigartig und wunderbar. Allerdings wäre es ein Fehler daraus abzuleiten, das jeder Mensch für jede Aufgabe gleichsam geeignet wäre. Denn alle Menschen sind wunderbar unterschiedlich.

Es ist eine alte Weisheit, dass jemand, der in einer Organisation den „zweiten Platz“ inne hat, aus genau dem Grunde auf dem zweiten Platz sitzt, weil er diese Aufgaben am besten bewältigen kann. An erster Stelle warten ganz andere Aufgaben und und Anforderungen und unsere BewerberInnen. Wenn wir in einer beliebigen Organisation die Besetzung des ersten und zweiten Platzes austauschen, werden wir zu ca. 90% ein Debakel erleben. Der prozentuale Rest teilt sich auf in

  • Zufällig kein Unterschied, weil beide gleich gut oder schlecht sind.
  • Besseres Ergebnis, weil die vorherige Besetzung eine Fehlbesetzung war.

Was ich damit ausdrücken will ist, dass sich Organisationen (und in diesem Fall an den ich denke insbesondere Parteien) sehr genau anschauen sollten, wer intern gewählt wird und wer auf etwaige Kandidatenplätze gesetzt wird.

Für jedes Gremium einer Organisation gilt gleichermassen, dass starke Persönlichkeiten sehr willkommen sein können – solange sie in der Lage sind im Gremium konsensfähig zu arbeiten. Es darf im Bereich Entscheidungsfindung ruhig ein Hauen und ein Stechen geben, solange alle Gremiumsmitglieder sich gegenseitig achten und stets den Konsens als Ziel aller Dispute im Auge behalten.

Innerhalb eines – gewählten – Gremiums ein Amt inne zu haben, bedeutet sich einer Verantwortung zu stellen. Eine Verantwortung, der man sich zu unterwerfen hat. Ich finde es widerlich, wie Politiker der etablierten Parteien nach 1-3 Jahren Amtszeit „einfach so“ zurück treten, obschon sie sich den Wählern für (typischerweise)  vier Jahre anboten.

Ich bin sensibel – wer mein Blog länger liest, der mag mich vielleicht auch für übersensibel halten – aber ich beobachte und interpretiere halt viel. Aus diesem Grunde möchte meine hamburger Mitpiraten bitten, deutlich darauf zu achten, wer mit einem Listenplatz bedacht wird. SOLLTE jemand über den Listenplatz tatsächlich gewählt werden, so stehen wir – als diejenigen, die auf das „Podest Listenplatz“ gestellt haben – in der Verantwortung.

Es gibt viele Menschen, mit denen man gern mal ein Bierchen (oder Cocktail?) schlürfen geht – aber ist auch die Rechtfertigung, dieser Person ein Amt zuzuschustern? Nur weil die Person kräftige Waden oder ähnliches hat?

Diese Gedanken treffen genau so für Kaninchenzüchtervereine, Computerclubs und Gewerkschaften zu 🙂

Berechtigte Kritik am Job-Killer Ein-Euro-Job

Der Bundesrechnungshof kritisiert „eklatante Mängel im Hartz-IV-System“, dieses geht aus einem internen Bericht hervor auf den sich die Tagesschau bezieht:

Danach würden bei mehr als der Hälfte der geprüften Fälle die Voraussetzungen für eine staatliche Förderung fehlen.

Und genau diese Grundlage für staatliche Förderung möchte ich an einem Beispiel betrachten. Wer mein Blog aufmerksam liest, weiss dass auch ich vor ein paar Jahren die Erfahrung „Ein-Euro-Job“ machen durfte. Als Es-Selbstständiger rennt man ja direkt zur Arge – ohne Umweg über das Arbeitsamt. Im Gegensatz zu vielen Ein-Euro-Jobbern war ich froh ein wenig Kleingeld hinzu verdienen zu können. Und Erfahrungen machte ich in der Zeit auch.

Dem Betrieb in dem ich für die EDV zuständig war, ist eine Stadtteilküche mit angeschlossenem Partyservice

Außerdem werden umliegende Schulen mit leckeren Schulfrühstücken und Schulmittagessen versorgt.

An exakt diese Passage der Webdarstellung des betreffenden Betriebes wurde ich erinnert, als ich letzten Freitag in der FTD einen Bericht über das sogenannte Schulcatering las:

Täglich ein warmes Hauptgericht mit Gemüse, dazu Obst und Rohkost für zwischendurch, frische Kräuter, nur fettarme Milch, kein Salz, kein Formfleisch, und ein Getränk, mindestens 200 Milliliter, aber nur Wasser, oder Fruchtschorle, mit einem Drittel Fruchtsaft. Das Ganze für maximal 2 Euro. So soll die gastronomische Versorgung an Berliner Schulen aussehen. Auf dem Papier.

„Wir können doch nicht zaubern“, sagt Stephan Dürholt, Bereichsleiter Service Solutions beim Catering-Dienstleister Sodexo. Gute Qualität, nahrhaft und wohlschmeckend für einen Discountpreis – „das ist nicht machbar“, so Dürholt, der deswegen kürzlich sogar bei einer Ausschreibung ein Angebot zurückgezogen hat.

Ja, ich kann Herrn Dürholt verstehen. Denn wer in der Küche, der Logistik, der Ausgabe und der Buchhaltung (Finanz und Personal) mit sozial-versicherungspflichtigen Arbeitnehmern arbeiten muss, hat natürlich verloren.

Wer mit Betrieben wie dem Laurens-Janssem-Haus konkurieren muss, der kann gleich einpacken. Denn:

Die gesunden und leckeren Speisen werden zum Selbstkostenpreis verkauft. So leisten wir einen Beitrag zur gesunden Ernährung und Esskultur der Kinder, der auch für sozial schwache Familien bezahlbar ist.

Und in Sachen Selbstkosten ist ein Betrieb, der sich auf Ein-Euro-Kräfte stützt, natürlich unschlagbar.

Schaun wir uns mal an, wie sich so ein Betrieb der ausschliesslich auf „Ein-Euro-Abzocke“ gestützt ist, kalkuliert:

  • Eine fest angestellte Betriebsleiterin vor Ort (die Frau war SUPERnett! Auf die lasse ich nichts kommen!)
  • Einen fest angestellten Koch
  • Lohnbuchhaltung durch den Mutterbetrieb (zu dem unten mehr)

Jeder Ein-Euro-Jobber bringt dem Betrieb bares Geld ein, denn die Arge zahlt nicht nur an den Ein-Euro-Jobber, sondern auch eine Pauschale für „Verwaltungsaufwand“ an den beschäftigen Betrieb. Diese Pauschale beträgt etwas über 200 Euro/Pro Monat und Person.

Allein durch das zur Verfügung stellen von 20 Ein-Euro-Stellen, kassiert der Betrieb also 4000€. Dieses Geld wird nun in die Verwaltung gesteckt und sobald ich die Ein-Euro-Kräfte auch nur ansatzweise produktiv einsetze, kann ich Ertrag erwirtschaften und jedes normal agierende Unternehmen ausbooten.

Wer aber baut ein Unternehmen auf, dass – wie das Laurens-Janssen Haus – ausschliesslich als Aufgabe hat, Arbeitslosen einen Ein-Euro-Job zu bieten? Dieses ist eine Organisationen namens „passage gemeinützige Gesellschaft für Arbeit und Integration mbH“ – kurz Passage gGmbH. Und laut ihrem Impressum ist diese gGmbh:

Die passage gGmbH ist Mitglied im Diakonischen Werk Hamburg

Die Diakonie Hamburg betreibt unter der Firmierung Passage gGmbH einige Betriebe wie z.B. die „Quartierspflege“:

Seit 1998 bieten wir für Wohnungsgesellschaften und kommunale Einrichtungen im Süden Hamburgs die Dienstleistung der Hausbetreuung an.

womit der Hausmeister arbeitslos wird, oder auch das Projekt Samt und Seife, in dem:

In der Näherei werden überwiegend Raum- und Heimtextilien für gemeinnützige Einrichtungen gefertigt. Ein Schwerpunkt der Arbeit sind Textilien für kirchlichen Bedarf, wie z.B. Halskrausen, Stolen und Altardecken aus Seide.

Die Wäscherei arbeitet für gemeinnützige Einrichtungen, insbesondere aus dem kirchlichen und sozialen Umfeld des Betriebes, aber auch für bedürftige KundInnen.

Ist das nicht großartig? Da werden Kirchenausstattungen ganz legal von Ein-Euro-Jobbern erstellt und gereinigt. Der Küster braucht sich um nichts zu kümmern und die Reinigung um die Ecke geht leer aus.

All diese Dienstleistungen werden von der Arge finanziert/subventioniert. Auch hier greift uns – diesmal die evangelische – Kirche tief in die Tasche. Sozial und Kirch scheinen sich zu beissen. Was das Diakonische Werk dort treibt ist modernes Raubrittertum zu Lasten der Allgemeinheit.

Während meiner persönlichen Ein-Euro-Zeit wurde an mich die Aufgabe herangetragen, ich solle doch mal bitte eine Projektierung für das zu erstellende Ethernet-Netzwerk einer Schule erstellen. Nachdem sich meine Empörung gelegt hatte, erklärte ich der (oben bereits löblich erwähnten) Betriebsleiterin, dass ich mit EXAKT der Arbeit vor meiner Arbeitslosigkeit versuchte mein Geld zu verdienen. Ich war ganz sicher nicht bereit diese Arbeit nun für „lau“ zu tätigen und einem weiteren Berufskollegen seinen Ertrag zu stehlen. Die Dame hatte Verständnis und wir lehnten die Umsetzung (die Aufgabe kam „von Oben“ ab.