Wie die Bilder sich nicht gleichen

Volksaufstand, Revolution – ein Zustand wie er wohl in Deutschland auch bald herrschen kann/wird/muss. Aber noch ist es ja nicht soweit. Derzeit dominieren die Bilder aus Kirgisien und Thailand unsere Nachrichten. Ich weiss nicht, ob ihr die wundervollen Bilderserien Bigpicture von Boston.com kennt – sollte man auf alle Fälle ab und an mal anschauen.

Die letzten beiden Bilderserien zeigen Bilder aus den beiden genannten Gebieten: Thailand und Kirgisien. Als ich eben die frisch veröffentlichen Bilder aus Thailand ansah sprang mir ein Unterschied zwischen den Bildern deutlich ins Auge: Während in Kirgisien ein massiver Hass zwischen den staatlichen Einheiten und den Protestanten auf den Bilder festgehalten wurde, scheinen Demonstranten und Staatsgewaltige in Thailand nahezu sportlich miteinander umzugehen. In Kirgisien werden auch separierte Demonstranten und Polizisten geschlagen und getreten, während in Thailand beide Parteien gemeinsam Verletzte behandeln.

Die Prinzessin erklärte – als wir vor diesem Blogartikel über den Unterschied des miteinander umgehens sprachen – dass in Kirgisien eben nur Männer den Aufstand probten. Das ist mir als Erklärung zu billig. Woran liegt es? Ist es die generelle Mentalität der Menschen? Ist es lange aufgestauter Hass der sich in Kirgisien endlich ein Ventil sucht, während in Thailand eher eine grundsätzliche Einigkeit der Gesellschaft gesucht wird?

Wenn es hier endlich losgeht, lasst es uns wie in Thailand umsetzen – ohne zu schwere Kollateralschäden. Danke!

Wer die Mittelschicht wirklich schwächt

Die deutsche Mittelschicht stellt die meisten Wähler, verliert aber immer mehr politischen Einfluss. Schuld ist das Bürgertum selbst: Es grenzt sich von den Armen ab, wähnt sich an der Seite der Vermögenden – und stärkt damit genau jene, die sich auf seine Kosten bereichern.

beginnt eine interessante Betrachtung im Spiegel. Es ist ein Bericht über Loser – Verlierer. Aber es geht nicht um Arbeitslose sondern um die Mittelschicht. Der Personenkreis, der von der Politik gern als Leistungsträger der Gesellschaft dargestellt wird, aber bei genauer Betrachtung derjenige ist, der die Zeche zahlt.

Die Kosten dieses Selbstbetrugs sind enorm. Während die Spitzenverdiener immer weniger belastet werden, verliert die Mittelschicht rapide. Schon jetzt müssen normale Arbeitnehmer bis zu 53 Prozent ihrer Arbeitskosten als Steuern und Sozialabgaben abführen – während umgekehrt Millionäre ihre Einkünfte nur mit durchschnittlich 34 Prozent versteuern.

Wen wundert es da noch, dass die Arbeitslosen schon fast als Feind des Wohlstandes stilisiert werden? Würde man die Wahrheit propagieren, wäre die Revolution eine Frage von Stunden. Der Feind der Mittelschicht, all der Arbeiter und Angestellten sind aber nicht die Arbeitslosen, die man problemlos finanzieren könnte, es sind die wirklichen Vermögenden die nicht gleichwertig an dem aufzubringenden Kosten beteiligt werden.

Über Dreistigkeit und Unverfrorenheit

Es gibt genügend Arbeitsplätze – nur nicht genug Arbeitswillige. Das scheint der Vorstandsvorsitzender der Marseille-Kliniken AG, Ulrich Marseille (Über Marseille gibt es auch einen bemerkenswerten Wikipedia-Artikel) so zu sehen und entblödet sich nicht seine kapitalistische Gier offen zur Schau zu stellen. Solche frechen Aussagen wird man nur lesen können, wenn die herrschende kapitalistische Klasse sich sehr-sehr sicher ist, dass sie die absolute Macht besitzen. Bei ein wenig sozialem Anstand und Verantwortungsgefühl würde Marseille als Ausbeuter von Politikern geschasst und seinen Aktionären wegen schlechtem Marketing vom Hof gejagt. Aber in der jetzigen Situation darf man so frech sein.

Marseille betreibt als Vorstandsvorsitzender der Marseille-Kliniken AG in Deutschland 61 stationäre Altenpflege-Einrichtungen mit knapp 9000 Betten und 6000 Mitarbeitern. Er will mindestens 500 Hartz-IV-Empfänger einstellen und ihnen bis zu 400 Euro im Monat zahlen. Bewährt sich ein Arbeitsloser, will Marseille ihm nach zwei Jahren eine feste Arbeitsstelle anbieten. Nach seiner Einschätzung könnte ein Drittel dieser Hartz-IV-Pflegehelfer dauerhaft in der Branche bleiben. (FAZ) (Hervorhebung von mir)

Da soll den Hartz-IV Beziehern tatsächlich 400€ pro Monat bezahlt werden – und das bis zu 2 Jahre lang? Es spricht für die Situation in diesem Land, dass sich jemand überhaupt – unter Nennung seines Names und nicht anonym – traut Arbeitsplätze mit solch einem Hungerlohn anzubieten.

Man darf nicht vergessen, dass jeder dieser angebotenen Arbeitsplätze zu 99% direkt durch Hartz-IV Zuzahlungen (Steuergelder..)  subventioniert ist. Oder glaubt hier jemand, dass man hier in Deutschland (nicht bei Continental in Tunesien) von 400€ leben kann? Allein die Miete dürfte typischerweise diesen Betrag übersteigen.

Marseille nimmt wirklich kein Blatt vor den Mund:

Dennoch sieht er auch eine staatsbürgerliche Verpflichtung der Langzeitarbeitslosen, dem Staat, der sie finanziert, auf diese Weise etwas zurückzugeben. Aus seiner Sicht ist die Einstellung Langzeitarbeitsloser für alle Beteiligten ein gutes Geschäft. Er selbst sparte erheblich gegenüber der Anstellung einer regulären Hilfskraft, die bis zu 1800 Euro brutto verdient. Das Argument zählt, denn wie fast alle Pflegeanbieter – gemeinnützig, privat oder öffentlich – drücken ihn die steigenden Kosten noch mehr als der Personalmangel.

Ja, tatsächlich ein gutes Geschäft: 500 Personen denen man JE 1400 weniger bezahlen muss – sind 700.000 Euro Ersparnis für seine Aktiengesellschaft IM MONAT! Und nun nochmal – sollte es in Vergessenheit geraten sein: Marseille ist Vorstandsvorsitzender der Marseille-Kliniken AG. Hat jemand einen Verdacht, was man so als Vorstandsvorsitzender dieser Aktiengesellschaft für ein Einkommen hat? Was er verdient, steht auf einem ganz anderen Blatt. Das darf ich hier nicht schreiben, denn es wäre Aufruf zu einer Straftat.

Revolution anybody?