Wie die #SPD die Parteienlandschaft einschätzt

Wie geht man mit politischen Gegner um? „Wenn sie gefährlich werde, haue kräftig drauf“, scheint das Motto der SPD zu sein.

Erst recht können die immer wieder auftretenden populistischen, extremistischen und/oder auf reinen Protest fokussierten Parteien (z. B. Schill-Partei, Piraten, Republikaner, DVU, NPD) nicht für sich in Anspruch nehmen, die Bevölkerung bzw. ihre Klientel stärker an den Institutionen der repräsentativen Demokratie zu beteiligen.

Quelle Impuls- und Diskussionspapier des SPD-Landesvorstands (Stand: ..) – Hessen(PDF)

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, was die Hessen-SPD da zusammenreimt: Die Piratenpartei ist wie Schill-Partei, Republikaner, DVU und NPD eine „populistische, extremistische und/oder auf reinen Protest fokussierten Partei“, die „icht für sich in Anspruch nehmen, die Bevölkerung bzw. ihre Klientel stärker an den Institutionen der repräsentativen Demokratie zu beteiligen.“

Zwar kann man eine Partei nicht beleidigen, aber diese Art der Wahrnehmung empfinde ich persönlich als sehr hohes Lob. Denn ich unterstelle den Verantwortlichen der Hessen-SPD, dass sie sehr wohl wissen, dass diese Anschuldigen nicht auf die Piratenpartei zutreffen.

Also stellt sich die Frage: Warum dieses Denunzieren? Die Antwort kann sehr einfach sein: Weil die SPD sich anders nicht gegen die Piraten aufstellen kann. Wenn es sachlich nicht mehr klappt, geht man argumentativ in den Keller. Die Hessen-SPD ist dort angekommen. Nun ist sie nicht nur eine Verräter- sondern auch noch eine Verleumder-Partei. Es muss der Hessen-SPD ziemlich scheisse gehen.

Wer sich einen Überblick über die Hessen-SPD machen möchte, dem lege ich deren Webseite ans Herz. Das ist eine nette Mischung aus Königlich-Bayrischem Amtsgericht und unwichtigem Bla-Bla. Ganz so wie sich eine Partei darstellt, die sich die Einbeziehung der Bevölkerung eher klein auf die Fahne geschrieben hat. Man kann überall den SPDlern lausen, aber aktiver Ausstausch kommt eher sehr kurz.

 

Bin ich Freund oder Feind der Piraten?

Nachdem ich für meine gestrigen – ja auch garstigen – Beiträge zu den Piraten und deren Bundesparteitag auch kritisiert wurde (was euer aller Recht ist!), möchte ich etwas klarstellen: Ich bin seit vielen Jahren der Überzeugung, dass es gerade die Freunde sind, die einem auch unangenehme Dinge ins Gesicht sagen. „Deine Krawatte hängt schief“ wird man eher von einem Freund als einem Gegner hören. Der Gegner wird die Krawatte schief hängen lassen und sich beömmeln, wenn der Krawattenträger unangenehm auffällt.

Ausserdem versuche ich stets offen zu sein, also Dinge auszusprechen von deren Aussprache andere lieber Abstand halten – von dieser Neigung lebt auch dieses Blog 🙂

Ich absolut davon überzeugt, dass die Piratenpartei und vor allem ihre Themen in unserer heutigen Zeit massiv wichtig sind! Die Themen der Piraten haben aber – auch das muss gesagt werden – keinen Anspruch auf ausschliessliche Wichtigkeit. Ohne Besetzung der Themen wie z.B. Energiegewinnung, Wirtschafts- und Finanzpolitik etc. pp.  braucht man heute nicht langfristig – als Partei – losrennen, da wird man besser eine Interessenvertretung. Wenn man seine Meinung nicht nur in den Medien sehen will – oder von anderen Parteien übernommen – muss man sich breit aufstellen und auch bereit sein mit anderen Parteien zusammen zu arbeiten. Dieses am besten ohne seine Grundwerte zu verraten.

Und an der Stelle sind wir bei einem derzeitigen, generellen Problem der  Parteienlandschaft in Deutschland: Man muss zusammenrücken um zusammen zu arbeiten. Die Zeiten in denen eine einzelne Partei die grosse Mehrheit hinter sich vereinigen konnte sind erstmal für viele Jahre vorbei. Politik wird heute von „Splittergruppen“ gemacht, die sich inhaltlich zusammen finden müssen. Und auf einmal sind Werte wie überparteiliche Teamfähigkeit gefragt. Was passiert, wenn das Team nicht spielt sieht man allein innerhalb der CDU/FDP (und auch innerhalb der CDU). Sowas kann nichts werden. So werden Reibungsverluste generiert aber keine Ziele erreicht.

Von der Warte der Kleinparteien (inkl. CDU und SPD) bin ich ein absoluter Freund der Piraten. Aber ich bin auch teilweise mit den Linken und den Grünen befreundet. Selbst die SPD (ja, nun haut mir auf die Fresse!) hat in dieser Facettenlandschaft eine Existenzberechtigung. Bei der CDU bin ich unsicher – die FDP kann von mir aus geschlossen abdanken. OK, dass ist subjektiv. Aber generell bin ich davon überzeugt dass nur der inhaltliche Konsens mehrerer Parteien es ermöglicht heute noch regierungsfähige Zusammenschlüsse zu generieren, was impliziert dass Parteien auch mal über EINZELNE eigene Schatten springen müssen.

Um die Antwort auf DIE  Frage zu konkretisieren: Die Piraten sind mein bester Freund der Parteienlandschaft – aber ich bin nicht mit ihnen verheiratet. Die Piraten müssen noch viel lernen und sich entwickeln um einen gefestigten Platz auf den Wahlzetteln zu bekommen.

Nachsatz: Daraus hätte man inhaltlich glatt zwei Beiträge machen können – egal, wenn die Gedanken fliessen, dann fliesst es 🙂

Betrachtungen zur Wahl: Und nun?

Tja, als erstes sollte man nicht vergessen, das die Zahlen des Wahlergebnis realistisch zu sehen. Abgesehen davon scheinen uns ein paar Veränderungen ins bundesdeutsche Haus zu stehen.

Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang ein Blick auf Aktienkurse. Denn hier sitzen die Lobbyisten am Rohr und werden dafür eintreten, dass die bezahlten Schmiergelder Wahlunterstützungen sich auch remonetarisieren. Eine Investition muss sich ja lohnen.

Die Tigerente wird wahrscheinlich die Atom-Meiler länger am Netz lassen. „Manche Branche hofft auf Zusatzgewinne, zum Beispiel die Energieversorger wie RWE und Eon“ (Tagesschau). Strahlend gehen wir also in die Zukunft, während erneuerbare Energien auch direkt vom Wähler abgestraft werden. Schon gestern während der Wahlberichterstattung wurde die Forderung nach „mehr Wachstum“ laut. Wachstum im Geldbeutel der Hartz-IV Empfänger ist dabei nicht gemeint. Ergo bedeutet dies sehr wahrscheinlich eine Schwächung der Arbeiter und Angestellten in Form von Aufweichung des Kündigungsschutzes und kein weiterer Ausbau des Mindestlohnes. Eine stärkere Besteuerung der „Mehrverdiener“ – welche der einzige Weg ist die Schwere zwischen Arm und Reich zu mindern – wird es mit dieser Regierung wohl auch nicht geben können.

Aber es gibt – da keimt ein Fitzelchen Optimismus auf – auch eine Chance für die Bürger dieses Landes. Diese Chance sehe ich daran, dass das „linke Spektrum“ der Parteienlandschaft sich zusammenrafft und anhand der gemeinsamen Kritikpunkte an der Arbeit der Tigerenten seine Gemeinsamkeiten feststellt. Bislang haben diese Parteien sich eher gegenseitig anhand von Gegensätzlichkeiten voneinander abgegrenzt, nun ist eine Möglichkeit der Besinnung auf gemeinsame Werte angezeigt.

Gerade die SPD hat hier schweren Nachholbedarf. Sie ist – auch aufgrund der Zusammenarbeit mit der CDU – weit von ihren Stammwerten abgedriftet. Aber schon unter dem VW-Kanzler Schröder hat die SPD ihre grösste (gewerkschaftsnahe) Stammwählerschaft oft genug vergessen.

Die Linke und die Grünen sollten ihre Wahlerfolge (die sie hatten) nicht schlechtreden lassen. Ich las vorhin, dass die Grünen sich als ewige Oppositionspartei etablieren. Das empfinde ich als deutlich übertrieben. Wenn man die Grünen (trotz Moorburg – DAS kann ich euch nicht vergessen!) als Teil der fortschrittszugewandten Parteien ansieht, so hat und behalten sie ihre Daseinsberechtigung.

Das ich die Piraten – auch wenn Sie „nur“ 2% – extra betrachte, hat persönliche Gründe :). Diese 2% sind ein GRANDIOSER Erfolg. Diese – noch – sehr kleine Partei hat in den letzten Monaten intern eine massive Zuwanderungsrate verarbeiten müssen. Diese neuen Mitglieder bedeuten nicht nur Wählerstimmen, sondern auch interne Diskussionen. Kräfte werden wieder und wieder gebunden, um intern eine einigermassen klare Linie zu erarbeiten und definieren, die nach draussen getragen werden kann. Ich erwähnte bereits, dass ein Ergebnis oberhalb von 4,999~% der Partei in meinen Augen nicht gut getan hätte. NUN haben die Piraten im Bereich Bundestagswahl vier Jahre Zeit sich zu etablieren, Kräfte zu sammeln, Strukturen aufzubauen sowie Profil aufzubauen und zu kommunizieren. Auch wenn dem Wähler aus einigen Ecken versucht wurde zu erklären, dass jede Stimme für die Piraten die Tigerenten unterstützt, so wage ich zu sagen: Diese Stimmen geben den Piraten Kraft zum weiter machen.Sie zeigen, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist und man diesen konsequent weiter beschreiten sollte.