Einigkeit und Recht und Freiheit

Kaum wieder in Hamburg, war ich vorhin  zur Mahnwache gegen S21 am Hamburger Hauptbahnhof (welche Miia dankenswerter Weise organisiert hatte).

Gestern twitterte ich noch

In Berlin wird die Einheit gefeiert, während Stuttgart die unüberwindliche Trennung manifestiert. Hurra Deutschland

während ich mich heute mit anderen Teilnehmern der Mahnwache über den Begriff „Gerechtigkeit“ unterhielt.

Alles in allem ist der Tag der Deutschen Einheit vielleicht ein schöner Moment sich einmal Gedanken über die Begriffe und die Bedeutung  Einheit und Einigkeit zu machen. Was bedeutet Einheit heute? Vor 1989 bedeutete Einheit für uns Deutsche die Wiedervereinigung Deutschlands. Und heute? Leben wir in der Einheit? „Einigkeit und Recht und Freiheit“. Welch grosse Worte, aber füllen wir diese mit Leben? Sind wir einig? Können wir überhaupt einig sein? Und wer überhaupt ist sich einig? Es gibt zwei grosse Konfliktfelder im Bereich Einigkeit/Einheit:

  • Grossverdiener und Hartz-IV Aufstocker
  • Politik und Gesellschaft

Ost/West gehört (so wie ich das interpretiere) interessanter Weise nicht mehr zu den grossen Konflikten. Ebenfalls interessant scheint mir, dass die Polizei immer zwischen den Fronten steht. Die Besitztümer der Reichen werden im Zweifelsfall genau so geschützt, wie die Polizei als Durchsetzungsmittel bei Argumentverlust der Politik herhalten muss.

Aber zurück zur Einheit/Einigkeit. Ehemals wurden Sozialgesetze eingeführt um die „Mächtigeren“ dadurch zu schützen, dass man die Unterschiede zwischen Arm und Reich versucht einzudämmen. Man wusste, dass zu große soziale Unterschiede zu Unruhen führen würden – die Geschichte lehrte dieses. Eine gewisse Grundeinheit war also als zwingend vorausgesetzt. Remember Bastille?

Heute scheinen die Mächtigen aus Wirtschaft und Politik diese alten Regeln auszublenden. Wie mittelalterliche Despoten tun sie alles um ihre Macht zu mehren und den Abstand zwischen sich und dem Pöbel in jeglicher Hinsicht zu vergrössern. Die Frage ist: Kann dieses langfristig gut gehen? Oder wäre es sinnvoller und auch preiswerter, den Besitzstand gerechter aufzuteilen. Wäre es gerechter und förderlich auch den einfachen Bürger in Entscheidungsfindungen zu involvieren?

Was gibt der Staat Jahr für Jahr für „innere Sicherheit“ aus? Welcher Investitionsanteil ist proaktiv um zukünftige Gefahrenlagen im Griff zu haben und was wird benötigt um Demonstrationen zu begleiten und zu zerschlagen?

Deutschland ist nicht einig und auch kleine Einheit. Es wäre Aufgabe der Politik diese Einheit aller Bewohner unseres Landes (nicht nur der Deutschen!) zu ermöglichen, aber es ist einfacher sich von Atom- und Pharmalobby am Nasenring durch den Reichstag führen zu lassen, als sich der gesellschaftlichen Entwicklung zu widmen. Dieses sind die Themen des Bullterriers von der Leyen und der ewigen Studentin Köhler. Leider scheinen beide völlig überfordert zu sein. Das Thema Einheit muss Chefsache werden, aber wir haben keinen Chef – auch keine Chefin. Nur Anzug- und Befindlichkeitsträger. Seit Kohl ist es egal ob SPD oder CDU die Spitze der Regierung stellt: Es sind immer moralisch-ethische Versager.

Liebe Regierung: Macht endlich eure Arbeit. Arbeit FÜR das Volk. Auch das Volk sollte etwas tun um Einigkeit und Einheit zu erreichen. Dies ist etwas, an dem jeder Einzelne einen kleinen Teil mittragen kann. Ost und West sind in gleichem Masse zusammen gewachsen, wie sich Oben und Unten voneinander distanzierten.

Und – solltest Du das lesen: Auf der Mahnwache unterhielt ich mich mit einem jungen Mann (Name ist egal …) der für 1.100€ BRUTTO arbeiten geht. Ihm gilt mein Respekt, auch wenn wir kontrovers diskutierten, aber ich ziehe den Hut.

Fahrkartenkontrolleure sind unfehlbare Götter

Nachdem auch ich schon mal die zweifelhafte Ehre hatte an einen unwirschen Fahrkartenkontrolleur der Hamburger Hochbahn AG zu geraten, wundert mich der folgende Fall nun so gar nicht.

Die Ausgangslage (Quelle Hamburger Morgenpost).:

Die 14-Jährige aus Harvestehude hatte ein gültiges Kinderticket. Doch die Hochbahn-Mitarbeiter glaubten ihr nicht, dass sie noch so jung ist und warfen sie aus dem Zug.

Es wird nachgefragt und man bekommt folgende Antwort:

„Wir gehen stark davon aus, dass es ein Kommunikationsproblem gegeben hat“, sagt Sprecherin Maja Weihgold. „Die Kontrolleure sagen, das Mädchen hätte nach mehreren Nachfragen doch gesagt, es wäre schon 15 -warum auch immer.“ Sie hätten Anica ihre Verzweiflung angemerkt und deshalb großzügig auf das Ausstellen eines Schwarzfahr-Bußgeldes verzichtet. Angeblich sei Anica auch freiwillig ausgestiegen. Klingt das glaubwürdig? „Wir stellen uns hinter unsere Mitarbeiter“, so Weihgold. „Es gibt keinen Grund, ihnen nicht zu glauben.“

Natürlich gibt es keinen Grund den – seit Jahren zuverlässig und spitzenmässig zuverlässig im Einsatz befindlichen – Mitarbeitern nicht zu glauben. Ähnliche Worthülsen bekam auch ich auf meine Beschwerde als Antwort. „Man hat den Mitarbeiter befragt“, „Kennt ihn als ruhigen ausgeglichenen Mitarbeiter“ und zum Schluss zweifelt man an meiner Darstellung und stempelt den Beschwerdeführer als Lügner ab.

Die Hamburger Hochbahn AG scheint ein echtes Personalproblem zu haben, wenn anscheinend des öfteren (wie viele Fälle werden von der Öffentlichkeit nicht gehört?) zu Ausfällen kommt.

Ich muss da aber eine Lanze für die Kontrolleure des Deutschen Bahn AG brechen. In Hamburg (und das weiss kaum jemand) wird der Betrieb der S-Bahnen durch die Deutsche Bahn AG durchgeführt. D.h. die haben auch eigene Kontrolleure. Mit denen habe ich noch NIE Stress gehabt, vielmehr habe ich diese Kontrolleure auch bei sehr harten menschlichen Fällen, sehr besonnen und professionell agieren sehen.

Deutschland: Wo Kinder lernen was Vertrauen heißt

Anonymität ist der Sachverhalt, wenn eine Person, eine Gruppe, eine Institution oder eine agierenden Struktur nicht identifiziert werden kann (Wikipedia)

Hamburger Gymnasiasten kann es passieren, dass aufgrund von „anonymen“ Tests – konkret Lernstandserhebungen – den Schülern Ärger ins Haus stehen kann.

Was ist passiert? Nankablitza scheibt in ihrem – viel zu selten befüllten – Blog:

Vor sieben Monaten haben auch die damals noch 8. Klassen, also auch wir, eine solche Lernstandserhebung geschrieben. Wir mussten einen Code draufschreiben, der sich aus Buchstaben unseres Vor- und Nachnamen und unserem Geburtsdatum zusammensetzte. Das war aber keine große Sache, schließlich wurde uns Anoymität versprochen. Angeblich sollten nicht einmal die Lehrer unsere persönlichen Ergebnisse erfahren. Und unsere Eltern haben das auch unterschrieben.

Aufgrund dieser ‘sicheren’ Anonymität haben natürlich einige Schüler (vorzugsweise Jungen, aber ich will hier keine Vorurteile säen) das genutzt, um das Lernstandserhebungsheft (ca. 30 Seiten mit Aufgaben, jeweils zu einem der Hauptfächer gehörend), mit etwas vollzukritzeln, was meine Generation wohl irgendeinen Scheiss nennen würde.

Heute haben wir als Klasse erfahren, dass das ganze mit der Anonymität wohl ein schlechter Scherz gewesen sei; Die Schüler, die die Hefte mit irgendeinem Scheiss (wie wir Fachleute sagen) verschönert haben, wurden von den Lehrern ermahnt.

Das ist eine Geschichte bei der ich schlussendlich nur noch mit dem Kopf schütteln kann. Aus diesem Vorgehen einer Schule kann als Schüler/Heranwachsender lernen:

  • Schüler lernen: Wenn der Lehrer/die Schulleitung/der Kultusminister erklärt, etwas wäre anonym, so muss das nichts heissen. Egal ob es die Politik ist oder der Lehrer – zu dem ein Schüler Vertrauen haben sollte – der Schüler wird verarscht und belogen. Weder Politik, noch der Lehrerschaft kann man vertrauen.

Das Hamburger Portal zum Thema Lernstand schreibt nämlich ganz klar:

Nach Auswertung der Ergebnisse durch das Landesinstitut werden diese an die jeweiligen Schulen zurückgemeldet und können über einen entsprechenden schuleigenen Zugang auf www.lernstand.hamburg.de eingesehen und heruntergeladen werden.

Die Lehrkräfte erhalten in der Regel die Ergebnisse für jede Schülerin bzw. jeden Schüler und die Klasse insgesamt, ergänzt um anonyme Vergleichswerte vergleichbarer Schulen bzw. Klassen. So erhalten die Lehrkräfte wertvolle Hinweise für ihren Unterricht.

Die Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern werden von ihrer Schule über die Ergebnisse der Lernstandserhebungen in geeigneter Weise informiert, ohne dabei die geltenden Datenschutzbestimmungen zu verletzen.

Da ist nichts anonym, das ist alles in Klarschrift. Denn mittels Geburtsdatum und Initialen wird man wohl jeden Schüler einer Klasse ziemlich eindeutig identifizieren können. Auser den Zwillingen Andreas und Anke 🙂

Warum aber erklärt die Lehrkraft den Schülern, dass der Test anonym sei? Will er Ihnen eine gewisse Prüfungsangst nehmen und setzt dafür sein Verhältnis zu den Schülern aufs Spiel? Die Aussage, dass der Test anynom sei, findet man im Netz auch noch an anderen Stellen von Schülern wieder gegeben:

Man sagt zwar voher, die Lernstandserhebung ist nicht wichtig,und soll anonym sein,aber als ich sie geschrieben habe,sollten alle Schüler ihre Namen draufschreiben!
Nun meinte mein Deutsch Lehrer,die Lernstandserhebung sei dafür gut Tendenzen herauszufinden,und danach zu beurteilen!

Ohnehin scheint es um den Begriff „anonyme Lernstandserhebung“ sehr viel Verwirrung zu geben. Wer im Netz ein wenig sucht, wird schnell feststellen, dass es oftmals heisst, der Test wäre anonym. Insbesondere Eltern und Schüler scheinen dieser Meinung zu sein. Insofern ist es absolut glaubwürdig, wenn man davon ausgeht, dass auch an dem hier erwähnten Gymnasium die Schüler falsch informiert worden sind. Denn was ist die Aufgabe einer Lehrkraft? Wissen zu vermitteln! Wenn eine Lehrkraft nicht mal in der Lage ist, die Art der Anonymität der Lernstandserhebungen zu vermitteln,  habe ich zu wesentlich schwierigeren Themen so gar kein Vertrauen.