Wenn ich das schon höre: Expertengruppe des Arbeitsministeriums.

Eine Expertengruppe des Arbeitsministeriums plant Kürzungen beim Wohnungsanspruch und Einsparungen bei Behinderten.

beginnt der Artikel den ich vorhin beim Aufwachkaffee in der Welt las. „Expertengruppe“ ist ein tolles Wort, da weiss man gleich: JETZT kommt es dicke, denn Experten bedeutet heute in der Politik meist „die haben keine Ahnung“. Und so listet der Artikel denn auch auf, was diese „Experten“ so vor haben:

So könnte der Wohnungsanspruch für Alleinstehende auf nur noch 25 Quadratmeter beschränkt werden. Derzeit gilt demnach ein Richtwert von 45 Quadratmetern.

Jau, das ist dann eine Ein-Zimmer-Wohnung. Ob es davon in Deutschland überhaupt genügend gibt, wage ich mal zu bezweifeln. In einem Umkreis von 20 Kilometern um meinen Wohnort (Großstadt) meldet Immonet mal gerade 17 freie Wohnungen mit weniger als 25m². Bei einer Suche nach Wohnungen bis zu 45m² gibt es 237 Treffer. Den Umzug in eine kleinere Wohnung (inkl. Courtage?) wird dann sicher auch die Arge finanzieren, oder? Sollte dann der „Jung-Hartz-IVer“ wieder Arbeit finden und somit aus diesem Wohnklo ausziehen wollen – vielleicht in seine alte Wohnung zurück? – zahlt die Arge dann auch diese Kosten? So nach dem Motto: Verursacherprinzip?

Ja, das sind Experten, die haben auch belastbare Forderungen definiert – alles ohne Probleme durchführbar. Aber es geht weiter:

Behinderte könnten etwa nicht mehr kostenlos Bus und Bahn nutzen dürfen, und der Zugang zu Behindertenwerkstätten könnte für alle beschränkt werden, die einen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente haben.

ob die „Experten“ das auch mal mit Herrn Schäuble besprochen haben? Man tut sich leicht über Sehende zu urteilen, wenn man so blind ist wie diese Experten.

Was von den über 200 anderen Ideen umgesetzt werde, sei offen – neben dem Arbeitsministerium müssten auch noch andere Fachressorts die Vorschläge prüfen.

Wenn die restlichen Vorschläge genau so schwachsinnig sind wie diejenigen die in der Welt genannt wurden, würde ich diesen Experten eine fristlose Kündigung auf den Tisch legen. Grund: Arbeitsverweigerung.

PS: Der ursprüngliche Artikel stammt aus der FTD

Der kleine Karl-Theodor möchte in Kiew abgeholt werden

Ist es nicht herrlich, was die Welt zu berichten weiss:

Ein qualmendes Fahrwerk hält den Verteidigungsminister in der Ukraine auf. Die VIP-Flieger der Luftwaffe gelten seit Jahren als veraltet.

Im Normalfall sind es die kleinen Räder im grossen Getriebe die unter den Einsparungen leiden müssen. Insbesondere die Soldaten im Auslandseinsatz. Die grossen Damen und Herren werden ja typischerweise vor jeglichem Unbill beschützt. Umso grösser ist die Freude wenn auch der Verteidigungsminister mal leiden muss.

[Update] Wessen Not wird nicht vergrössert? Oder: Warum ich gern wohlhabend wäre

Nur zwei Überschriften der letzten Tage:

Weniger Arbeitslosengeld für Ältere und Familien (Welt v. 03.06.2010)

Lehrer wollen Eltern von Dicken Hartz IV kürzen (Welt vom 04.06.2010

Wann kommen  Magersüchtige, Wassertrinker oder einfach nur Männer und Frauen dran, denen Arbeitslosengeld und Hartz-IV gekürzt werden soll? Der Lehrerverband erdreistet sich tatsächlich zu fordern:

Um Übergewicht von Kindern zu bekämpfen, fordert ein Lehrerverband Gewichtskontrollen für Schüler und Pflichtberatungen für deren Eltern.

Hallo? Darf ich im Gegenzug auch fordern, dass Lehrer verpflichtet werden sogenannte Freistunden (Lehrersprech: Vorbereitungsstunden) dafür zu nutzen nachweislich tätig zu sein, und sei es nur als Hilfe des Hausmeisters bei der Gartenpflege oder bei der Entlastung des Reinigungspersonals?

Zur Klarstellung: Ich kenne Lehrer die zu recht als Pädagogen und sogar als fleissig bezeichnet werden dürfen. Aber ich fürchte, dass gerade diejenigen Personen aus der Lehrerschaft die obige Forderungen stellen ihre Zeit eher in Meetings verbringen und deren Aufgabe es eher ist die Verbandsinteressen zu vertreten, denn sich um das Wohl und die Bildung unserer Kinder zu kümmern.

Das zu der ersten Überschrift folgendes Zitat gehört wundert aber auch niemanden mehr:

Die Arbeitgeber wollen sechs Milliarden Euro bei Arbeitslosen sparen. Sie fordern die Regierung auf, den Rotstift anzusetzen.

Wenn die Arbeitgeber intern die Gewinne nicht weiter steigern können – durch Optimierung der Prozesse oder durch Einsparungen bei den Löhnen und Gehältern, dann muss eben der Staat aushelfen. Wie verdammt perfide ist das denn bitte? Die Unternehmen setzen Arbeitskräfte frei um intern Kosten zu sparen (was ja sogar legitim ist) und fordern dann die ehemaligen Mitarbeiter zu knechten. Nur um letztendlich davon abzulenken, dass man die eingesparten Kosten sonst eventuell über höhere Abgaben selbst zu tragen habe. WIDERLICHES PACK!

[UPDATE] Karim brachte mich in seinem Kommentar eben auf folgende Idee, um BEIDE Forderungen der Lehrerschaft zu erfüllen 1) Schlankere, gesündere Kinder und 2) Weniger Hartz-IV

Der Hartz-IV Satz für Schul- oder Kindergartenkinder wird um einen zu definierenden Betrag gesenkt, WENN folgende Bedingungen als erfüllt gelten:

  • Warmer Mittagstisch, ausgewogen und gesund zubereitet für Schul- und Kindergartenkinder. Nach Möglichkeit ist auch ein zentrales Frühstück zu organisieren
  • Qualifizierter und erweiterter Sportuntericht sowie Sportmöglichkeiten in Schulen und Kindergärten
  • Schwimmuntericht für alle Schulkinder
  • Kostenfreie Aufnahme in Sportvereine für Kinder von Arbeitlosengeld- und Hartz-IV Beziehern (evtl. für ALLE Kinder)
  • Kostenfreie Koch- und Ernährungskurse für alle Bezieher von Arbeitlosengeld und Hartz-IV

Generell bin ich ein absoluter Gegner von staatlicher Einmischung in die elterliche Aufgabe der Erziehung – aber ab und an kann man ja mal eine Ausnahme machen.