Wie das Verteidigungsministerium – mit freiwilligem Wehrdienst – Steuergelder verbrennt

Das der ehemalige Verteidigungsminister zu Guttenberg an folgendem Schwachsinn eine Mitverantwortung tragen könnte, weise ich weit von mir. Das Datum des Dokumentes welches mir gerade zugespielt wurde ist … mal nachschauen .. aja, da steht es: „Bonn, 31. Januar 2011“. Oops, da war Guttenberg ja noch im Amt!

Naja, auf alle Fälle wurde mir das „Konzept zur Ausgestaltung  des  neuen freiwilligen Wehrdienstes in der Bundeswehr“ zugespielt, welches ein Quell der Freude für einen Homo Sapiens (denkender Mensch) ist, beweist es doch, wie weit von logisch-einfachen Lösungsansätzen man in der Bundeswehrverwaltung entfernt ist. Und WER da alles mitgearbeitet hat:

Fü S I 1, Fü S I 2, Fü S I 5, Fü S VI 2, Fü S VII 2, Fü H I 1, Fü L I 1, Fü M I 2, Fü San II 3,  R I 3, WV I 5, PSZ PM, PSZ I 1, PSZ I 8, PSZ III 2, PSZ III 3, PSZ III 5 und PSZ III 7  haben zugearbeitet.

Meine Fresse – da war ja für jeden etwas dabei. Aber mal ins Eingemachte:

Nach dem beabsichtigten Aussetzen der Pflicht zur Ableistung des Grundwehrdienstes soll der neue „Freiwillige Wehrdienst“ jungen Männern und Frauen Gelegenheit bieten, für einen flexibel gestaltbaren Zeitraum unterhalb von zwei Jahren freiwillig Dienst in den Streitkräften zu leisten und damit staatsbürgerliche Verantwortung zu übernehmen

Warum unter 2 Jahren? Was macht ein junger Mensch – am besten ohne Ausbildung – als Freiwilliger in hochtechnisch aufgestellten Streitkräften? Rollbahnen ausfegen? Würde man den Dienst der Zeitsoldaten attraktiver machen, könnte man die Messlatte bei den bestehenden 2 Jahre Verpflichtungszeit beibehalten und müsste keine parallelen Konzepte aufsetzen.

Die Verbindung zum Soldaten auf Zeit (SaZ) ist den Herren in der Bundeswehrverwaltung nicht verborgen geblieben, schreiben Sie doch:

Neben der gesellschaftlichen Verankerung der Bundeswehr und dem Beitrag der FWDL zur Funktionsfähigkeit der Streitkräfte ist auch die Gewinnung von SaZ ein weiteres Ziel bei der Umsetzung und Ausgestaltung des FWD. Es kommt – neben anderen Anreizen für den freiwilligen Dienst als FWDL – darauf an, den Dienst so attraktiv zu gestalten, dass die Bereitschaft geeigneter und qualifizierter FWDL zum längeren Dienen als SaZ gefördert wird.

Ich tue jetzt mal etwas, was man als Verwaltungsangestellter zu vermeiden sucht: Ich versuche mich in die Zielgruppe zu versetzen. Diese jungen Menschen suchen typischerweise eine Lehrstelle. Ein grosser Teil der jungen Menschen wird wohl nur zum „Bund“ gehen, wenn es mit der Lehrstelle nicht klappt. Eine typische Ausbildungszeit beträgt 3 Jahre, als wäre eine Verpflichtung von 2 Jahren noch zeitlich akzeptabel/übersichtlich.

Wenn ich unter „Ausbildung der FWD“

FWDL erhalten eine fundierte militärische Ausbildung. Die Grundausbildung umfasst drei Monate.

lese, muss ich schon fast schallend lachen. Eine „fundierte militärische Ausbildung“ in 3 Monaten – aber es geht weiter, denn diese so heldenhaft ausgebildeten jungen Menschen werden dann zielführend eingesetzt:

Da FWDL grundsätzlich für die Teilnahme an einem Auslandseinsatz berücksichtigt werden können, ist die Teilnahme an der Einsatzvorbereitenden Ausbildung für Konfliktverhütung und Krisenbewältigung (EAKK) grundsätzlich gemäß der gültigen Weisungslage vorzusehen

Wenn die Mindestzeit der FWDL ein Jahr beträgt, sind die doch selbst für ambitionierte Hobbyausständler nicht mehr als ein Frühstückshapps.

Der Schenkelklopfer findet sich in der Zusammenfassung:

Der FWD tritt als neues herausragendes Angebot zu den bestehenden sonstigen ehrenamtlichen oder freiwilligen Diensten für die Gesellschaft

Herausragend. Jawoll, aber nach unten… Ich habe selten so einen Schwachmatenausfluss gelesen, wie dieses Konzept. Aber wenigstens ist dieses Kanonenfutter billig eingekauft, wie folgende Gegenüberstellung zeigt:

Wobei man wissen muss, dass man nach Ablauf der Zeit (solange man keine Scheisse baut) automatisch Gefreiter/Obergefreiter wird. Um Hauptgefreiter zu werden, muss eine Planstelle frei sein. Ob diese an das Kanonenfutter FWDL vergeben wird, oder lieber einem Zeitsoldaten, überlasse ich der Phantasie des Lesers.

Auch die Welt hat schon über dieses Konzept geschrieben:

Um ihren Personalbedarf zu decken, will die Bundeswehr stärker um Geringqualifizierte werben.

Wie man allerdings auf das schmale Brett kommt, dass die FWDL ein attraktiveres Angebot sein, als der Soldat auf Zeit, das steht in den (sehr weit entfernten) Sternen.

Finanziell interessant ist einzig:

Auslandsverwendungszuschlag (bei Möglichkeit zur Teilnahme an einem Auslandseinsatz gemäß MilOrgBer-Vorgaben

welcher in der Anlage zum Konzept mit

in 6 Stufen von 30 bis 110 Euro/Tag

angegeben ist. Als Kanonenfutter im Auslandseinsatz kann man tatsächlich Geld verdienen. Germany goes USA: Die Amerikaner schicken ja auch hauptsächlich die Angehörigen der gesellschaftlich benachteiligten Gruppen in den Auslandseinsatz. „Mama, ich tue es für uns“.

An die jungen Menschen, die mit dem Gedanken spielen sich temporär bei der Bundeswehr zu verpflichten: Nutzt diese Zeit um euch weiter zu bilden. Es gibt bei der Bundeswehr verschiedene Möglichkeiten sich weiterzubilden. Ob es ein handwerklicher Beruf ist, etwas kaufmännisches oder (für den, der die Grundlagen mitbringt) ein Studium. Aber tut euch selbst einen Gefallen und geht nicht „nur so“ zum Bund. Nutzt die zeit – und vor allem die Fördermassnahmen – um persönlich weiter zu kommen. Netter Nebeneffekt: Wer zur Abendschule geht, hat einen Grund nicht nach Afghanistan geschickt zu werden 🙂

Für all unsere Soldaten im Auslandseinsatz

Ihr seid die armen Schweine. Passt auf euch auf!

httpv://www.youtube.com/watch?v=KLQg-Mv9Hfg

Dieses Song aus dem Jahre 1966, „100 Mann und ein Befehl“, wird von Heidi Brühl vorgetragen. Das Original heisst „Ballad of the green beret“.

Klage gegen die Bundeswehr?

Die Mutter eines in Afghanistan gefallen(fallen tun Soldaten im Krieg, ausserhalb des Krieges sterben sie wie gewöhnliche Menschen) Soldaten wird gegen die Bundeswehr/Bundesrepublik Klage erhaben und den Fall „juristisch aufarbeiten“ lassen.

Es ist die erste Anzeige einer Angehörigen eines gefallenen Soldaten, die dem Verteidigungsministerium bekannt wurde: Eine Mutter fordert, dass der Tod ihres Sohnes in Afghanistan juristisch aufgearbeitet wird.

schreibt der Spiegel. Gerade vorgestern erklärte ich der Prinzessin, dass ich froh bin zwei Töchter und keine Söhne zu haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass junge Frauen zum Bund gehen ist deutlich geringer als bei jungen Männern. Wie kann man als Vater oder Mutter seinen Nachwuchs davon abhalten erstens zur Bundeswehr und zweitens dann in ein Krisengebiet zu gehen? Der Verdienst im Auslandseinsatz ist nicht schlecht.

Ich möchte – als ehemaliger Soldat und Vater – davon abraten zu klagen. Es mag blöd klingen, aber wo gehobelt wird fallen Späne. Das ursächliche Problem ist, dass unsere Truppen nach Afghanistan geschickt wurden. Wenn sie erstmal vor Ort sind, dann gibt es (vor Ort) kein zurück mehr. Und in den Einsätzen geht es – so böse es ist – leider oft genug um Leben und Tod.

Leider gehört der Einsatz des Lebens zum Berufsbild des Soldaten. Wer sich bei der Bundeswehr verpflichtet und sich davor verschliesst ist dumm. Wer nach Afghanistan geht und die Möglichkeit ausschliesst dort zu sterben ist naiv.

Sicher – und das ist das Gegenteil von „schön“ – sterben in Afghanistan auch Menschen weil andere Menschen Fehler begehen. Es werden vor Situationen falsch eingeschätzt, es werden Befehle falsch weiter gegeben, oder es werden Befehle gegeben, die dumm sind. Leider ist all dies Menschlich.

Der von der Mutter gemachte Vorwurf:

Man habe die Einheit ihres Sohnes „unter bewusster Versagung militärischer Hilfe verrecken lassen“, heiße es in dem fünf Seiten langen Schreiben weiter.

allerdings ist hart – so hart, dass ich ihn wirklich nicht nachvollziehen kann. Bewusst Hilfe versagen und „verrecken lassen“ ist etwas, dass sich kein Soldat erlauben kann, will und wird. Vielleicht wurde vor Ort die Situation falsch eingeschätzt. Vielleicht war der betreffende Verantwortliche davon überzeugt, dass eine verfügbare Hilfe nur ebenfalls in übermässige Gefahr geraten wäre. Ich weiss es nicht.

Was ich allerdings befürchte ist, dass ein vor Ort befindlicher „kleiner“ Offiziersdienstgrad zivilrechtlich belangt und bestraft werden wird. Die wahren Schuldigen, die den ganzen Einsatz allerdings zu verantworten haben, gehen straffrei aus und kassieren Minister- und Kanzlergehälter.