Wird aus Zensurula nun Arbeitslosula oder Lügenula?

Es gibt Politiker, die Projekte und Ziele auschliesslich danach bewerten, wie sie an Stammtischen und Headlines der bezahlten Holzpresse ankommen. Ursula von der Leyen ist ein prima Beispiel für diese Art der Emporkömmlinge.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen will für Langzeitarbeitslose ohne Jobperspektive rund 34.000 Plätze zur gemeinnützigen Bürgerarbeit schaffen. Hartz-IV-Bezieher sollen für bis zu drei Jahre einen festen, sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz erhalten und für eine 30-Stunden-Woche 900 Euro im Monat bekommen.

schreibt die Tagesschau. Was man sich unter dem Stichwort Bürgerarbeit vorstellen kann und muss, kann man in einem älteren  Tagesschau-Artikel nachlesen:

Ende 2006 bekam sie eine Beschäftigung im Altenpflegeheim des Augustinuswerkes am Rande von Bad Schmiedeberg, gleich neben der Kleingartenanlage „Frohes Schaffen“. Plätzchen backen, basteln, vorlesen, spazieren gehen, zur Musiktherapie begleiten – als Bürgerarbeiterin darf Bennwitz keine Pflegearbeiten übernehmen. Reguläre Jobs in der freien Wirtschaft dürfen durch Bürgerarbeit nicht verdrängt werden.

Ahja, es wird also rausgepellt, was typischerweise bislang als „unterstützende Tätigkeiten“ mit im Rahmen der Pflege- und Betreuungstätigkeit zum Berufsbild des Altenpflegers gehörte. Als Folge werden die Altenpfleger ausschliesslich die „Hardcore-Pflegetätigkeiten“ durchführen und wenn dann kein Bürgerarbeiter verfügbar ist, fällt dieser Bereich der Betreuung eben weg. Es ist der gleiche Betrug, wie mit Zivildienstleistenden: Billige Arbeitskräfte werden auf biegen und brechen ins System integriert, Hauptsache der Träger spart Geld. Am Ende wird dann doch weniger Pflegepersonal benötigt.

Der Verdienst:

Monatlich 825 Euro brutto bekommt die Bürgerarbeiterin, davon bleiben ihr etwa 650 Euro. „

Wenn das deutlich mehr als Hartz-IV sein soll, hakt mein Logikmodul gerade. 650€ NETTO für einen 30 Stunden-Job. Das ist eine Frechheit und Statistikverfälschung, aber kein gerechter ARBEITSlohn. Wir rechnen mal zurück: 650€ MINUS 325€Hartz-IV = 325€. Das heisst in obigem Beispiel wäre ein Hartz-IV Empfänger mit 325€ Miete  gleichwertig bedient. Würde er noch einen 1Euro-Job haben, würde er sich finanziell um ca. 30% besser stehen als die Bürgerarbeiterin. Aber man kann es ja mal versuchen.

Und wie mit diesen Hilfsjobs Arbeitsplätze geschaffen werden sollen, dass muss mir mal jemand erklären. Das hat bei ABM nicht geklappt, das klappt mit 1-Euro Jobs nicht und das wird auch mit Bürgerarbeit nicht klappen. Es ist egal, wie man zu diesem Blödsinn sagt – er bleibt Blödsinn.

So entpuppt sich eine Splitterbombe als Medienlüge

„Prüfe deine Quellen, glaube nicht alles was Du liest“. Der Wahrheitsgehalt dieser Aussage wurde uns Medienkonsumenten die letzten Tage mal wieder bewiesen. Den abschliessenden Beweis liefert heute der Spiegel:

Jetzt stellte sich bei den kriminaltechnischen Untersuchungen heraus, dass es sich nicht um eine Splitterbombe handelte. Der Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sagte im Abgeordnetenhaus, dass keine Zusatzstoffe festgestellt worden seien, wie es bei einer Splitterbombe der Fall gewesen wäre.Die schweren Beinverletzungen der Polizisten seien entstanden, weil Pappteile und Stücke wegen der Detonationswucht durch die Kleidung gedrungen seien.

Wie sang Rio Reiser so schön: Alles Lüge. Da wird eine aktuelle Stunde im Bundestag abgehalten, weil „die linken Terroristen“ nun „Splitterbomben“  einsetzen, es werden zehntausende Euro an Steuergelder in den Sand gesetzt, Abgeordnete davon abgehalten ihre andere Arbeit zu machen. Das alles nur weil z.B. auch der Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sich vor den Karren der Medien(?) spannen lässt um „den Wurf einer „Splitterbombe zu verurteilen“.  Wer verarscht uns eigentlich mehr? Die Politik, die Medien oder die Kapital der Wirtschaft? Sind es am Ende alle zusammen? Passt aber auch nicht. Ich kenne mich langsam nicht mehr aus.

Auf alle Fälle hat in diesem Fall wieder der investigative, der Wahrheit verpflichtete Qualitätsjournalismus gezeigt was in ihm steckt. Die sind das Klopapier nicht wert auf das ihre „Wahrheit“ gedruckt wird.

Eine Frage bleibt: Was für Schrott-Einsatzkleidung trägt die Polizei wenn diese schweren Verletzungen durch „Böllerpapier“ entstehen kann?

Es gibt noch Menschen unter den Politikern – Respekt für #Tauss

Heute – praktisch gerade eben – gab Jörg Tauss seinen Austritt aus der Piratenpartei bekannt:

Dennoch muss ich mir natürlich die politische Frage stellen, ob infolge der zu erwartenden Fortsetzung der medialen Hetzkampagne nach dem Urteil des LG mein Verbleib in der Partei die Piraten eher stärkt oder eher schwächt. Gerade die einhellig “tauss-feindliche” und obrigkeitsstaatlich orientierte Presselandschaft in Baden-Württemberg stärkt meine Vermutung, dass im anstehenden Landtagswahlkampf 2011 (aber auch bei den anderen Landtagswahlkämpfen) meine Mitgliedschaft in der Partei eher kontraproduktiv wäre. Wir müssen an den Infoständen über unsere Inhalte diskutieren können und dürfen nicht durch eine “Tauss-Debatte” gelähmt werden.

Aus diesem Grunde erkläre ich meinen Austritt aus der Partei.

Damit aber kein Missverständnis entsteht: Dieser Austritt erfolgt, um die Piraten und unsere Sache zu stärken.

schreibt Tauss in seinem Blog. Aus mehreren Gründen habe ich Respekt vor dieser Entscheidung. Erstens hält sich Tauss an eine gemachte Absprache – die sicherlich nicht vertraglich fixiert ist. Aber er steht – wie ein Ehrenmann – zu seinem Wort. Allein dieses Verhalten ist ein Schlag in das Gesicht seiner Kritiker. Zum anderen stellt Tauss seine Interessen hinter die der Piratenpartei. Auch dies ist heute nicht mehr das, was man von Politikern kennt. Diese müssen entweder mittels Ausschlussverfahren rausgekegelt werden,  behalten Ihre Amt als Ministerpräsident trotz Verurteilung, werden trotz Verurteilung Ehrenvorsitzender der Partei oder – als letzte Möglichkeit – verlassen die Politik um einen hoch dotierten Posten in der Wirtschaft anzunehmen. All dies scheint bei Tauss nicht der Fall zu sein. Er tut einfach nur das, was er versprach und was in dieser Situation das Richtige ist.

Achja, ich höre schon die böswilligen Unkenrufe (und ich kann auch schon sagen, welche Medien dies schreiben werden): „Tauss verlässt die Piraten nur, weil die Piraten ja bei der letzten Wahl weniger Stimmen bekommen haben“. Aber mal ehrlich: Wie viele Jahre würden die Piraten auch bei gutem Gelingen brauchen, um hochdotierte Sitze auf Landesebene zu bekommen? Liebe TAZ (uups, nun habe ich es gesagt), dieses Argument sticht nicht.

Jörg, alles Gute – man sieht sich und liest voneinander!