Mappus und „Rechtssicherheit und Vertragstreue“ #S21

Der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus ist ein wunderbares Beispiel über Realitätsverdrehungen von Politikern. Er kommt mir dabei vor wie ein vierjähriger kleiner Junge, der seine Mutter anlügt um einer Strafe zu entgehen:

„Es geht um die Frage: Kann ich in Deutschland auf Basis von Rechtssicherheit und Vertragstreue noch Projekte angehen?“ sagte Mappus dem Magazin „Wirtschaftswoche“. Ausländische Unternehmen seien über den Streit um das Bauprojekt sehr verwundert, deutsche Firmen teilweise schockiert, so der Ministerpräsident.

schreibt die FTD. „Rechtssicherheit und Vertragstreue“? Die Kosten für S21 wurden vor langer Zeit mit knapp über 2 Milliarden Euro angegeben, nun sind schon knapp 5 Milliarden genannt. Und in den Kosten ist die gesamte Elektrifizierung sowie Signaltechnik noch nicht enthalten.

Bei nahezu jedem öffentlichen Projekt explodieren die Kosten und es werden die Steuerzahler verarscht. Wie sieht es denn da mit „Rechtssicherheit und Vertragstreue“ aus? Oder gilt diese nur Auftragnehmer (Wirtschaft) aber nicht für den Auftraggeber (Steuerzahler). Den Politiker ist dieser Teil von „Rechtssicherheit und Vertragstreue“ meist scheissegal. Ihnen geht es nur darum Prestigeprojekte für ihre Freunde in der Wirtschaft zu realisieren um später von diesen Freundschaften zu profitieren.

Mappus, wenn er fällt dann fällt er tief

Anmerkung: Wie Blindschleiche in seinem Kommentar bemerkt, sieht es so aus als wenn untenstehendes „Dokument“ ein Fake ist. Quelle dafür: TAZ

Ich schrieb letztens noch, dass Mappus wohl bald seinen Job als Ministerpräsident los sein wird, aber einen coolen und gut dotierten Job in der Privatwirtschaft bekommen wird. Diese Einschätzung möchte ich nun revidieren:

Mappus allein

Wenn ein Politiker in der Wirtschaft sein (gut belegtes) „Gnadenbrot“ geniesst, dann tut er dieses, weil er seine guten Beziehungen spielen lässt. Er hat – typischerweise – blendete Kontakte zur Wirtschaft und ein gutes Ansehen in der Politik. Was aber bleibt Mappus?

Gute Kontakte in die Industrie? Wer obige Mitunterzeichner sichtet, der kann sich ausrechnen, dass all diese Unternehmen nicht gerade froh wären mit Mappus an einem Gesprächstisch sitzen zu müssen. Und Politikerkollegen? Auch wenn die CDUler Mappus noch stützten (hey, die können keinen Ministerpräsidenten fallen lassen), werden die ihn sicher nicht nach den Wahlen in BaWü noch zu den Familienfeiern einladen. Selbst der Katzentisch wird ihm verwehrt sein. Ich frage mich gerade, ob ich ein wenig Mitleid haben sollte. Denn wie sagte die Großmutter meiner Ex-Frau so treffend, als es um einen SEHR dummen Menschen ging:“Wir alle müssen lernen mit Behinderten zu leben“. An diesen Satz muss ich stets denken, wenn ich geballter Dummheit/Inkompetenz gegenüber stehe. Die „Ommi“ war toll!

Leben wie ein intelligenter Bürger in Frankreich

Ja, die Franzosen hatten und haben es drauf. Heute müsste man als Deutscher wie folgt formulieren:

WIE KOMMT ES ZUR REVOLUTION

Deutschland war vor der Revolution in 3 Stände eingeteilt. (1.Stand Wirtschaft; 2.Stand Politik; 3.Stand Bürger)

Der 1. und 2.Stand unterdrückten die Bürger durch hohe Abgaben und Steuern. Auf alles mußte Steuergeld bezahlt werden. So gab es Steuern auf: Grund und Boden, Kopfsteuer, Luxussteuer, und die indirekte Steuer auf alles, während Politiker und Wirtschaft sich gegenseitig Steuern und Subventionen zukommen ließen.
So entstanden große Hungersnöte, da das Einkommen immer sank während die Preise stiegen.

Das Reizzentrum, ein kleines Blog, verbreitete eine Posting unter dem Titel:“Leben wie ein intelligenter Bürger in Frankreich“ Darin schrieb er, 200 000 Priviliegierte (Bevorechtigte) leben von der harten Arbeit der 80 Millionen des 3.Standes im Überfluß.

Frei nach einem Text von Unki. Aber genau das wird nicht passieren, wir Deutschen sind – trotz Stuttgart 21, Gesundheitsreform, Ausgrenzung der Arbeitslosen sowie Bildungsnotstand – immer noch viel zu brav.

Ein Blick zu den Franzosen (das sind die mit den stets kleinwüchsigen Anführern, wie Napoleon Bonaparte oder Sarkozy), zeigt uns wie man sich wirklich auflehnt:

Der Widerstand gegen die Rentenreform in Frankreich mit der Anhebung des Rentenalters von 60 auf 62 Jahre gewinnt an Schärfe. Mehrere Arbeitnehmervertretungen in den großen Staatsunternehmen haben für den kommenden Dienstag einen sogenannten „verlängerbaren Streik“ angekündigt, der zu einer mehrtägigen Kraftprobe mit Präsident Nicolas Sarkozy und seiner Regierung führen wird.

Quelle FAZ. Tja, die können nicht nur guten Wein produzieren und diesen bei leckerstem Essen zu sich nehmen, die wissen auch wie man die Großkopferten im Schach hält. Und wir? Und glaubt man nicht, dass die Franzosen keine „innere Sicherheit“ haben. Bei denen rennt das Militär mit Schnellfeuergewehren ausgestattet in Dreierstreifen über die Bahnhöfe(!). Und das nicht zu knapp. Dennoch sind die deutlich aufmüpfiger, als wir obrigkeitshörigen Deutschen.