Kann man unserem Staat vertrauen?

Wenn meine Kinder mich fragen, ob sie dem Kuschelpunker vertrauen können, so lautet meine Antwort ja. Der ist (war…) zwar manchmal etwas (liebenswert) schräg, aber er wusste worauf es ankommt. Und vor allem hat(te) er sich immer im Griff wenn er Verantwortung trägt. Ja, so ein Punker kann eine Vertrauensperson – auch für kleine Kinder – sein.

Wie aber sieht es mit der Bundesrepublik Deutschland aus? Kann man dieser Vertrauen? Zuerst muss man definieren, wer oder was die BRD eigentlich ist. Sie setzt sich zusammen aus Legislative, Judikative und Exekutive. Dahinter steckt die Gewaltenteilung, mittels derer gewährleistet sein soll, dass kein Staat im Staate entsteht. Nur wenn alle drei Pfieler unseres Systems wirksam und unabhängig ihre Arbeit machen (können), müsste man unserem Staat vertrauen können. Dass die Legislative (Regierung) versucht seine Schergen zu schützen und deren Verfehlungen zu bagatellisieren, passt in das Gesamtbild.

Leider ist in den letzten Jahren (und ich wittere da ein System) ein gewisser Schlendrian eingekehrt. Gerichte (Judikative) richten nicht über die Exekutive, respektive gewähren Ihr einen Vertrauensvorschuß, der eine gegenseitige Kontrolle als beendet gelten lässt.

Bei Telepolis gibt es einen interessanten und um gut schlafen zu können viel zu umfangreichen Artikel bezüglich der Ausschreitungen Seitens der Polizei:

  • Anwaltstelefonate wurden verhindert, Haftrichter zu spät oder überhaupt nicht konsultiert.
  • In rund 95 % der Fälle, in denen eine Vorführung erfolgte, veranlassten die Haftrichter sofortige Entlassungen.
  • Vor allem der Innenminister Lorenz Caffier (CDU) hatte nach dem Gipfel mehrfach gegenüber Medien und sogar in Parlamentsausschüssen versucht, die Massenverhaftungen als legitim darzustellen, die unmenschlichen Haftbedingungen zu bagatellisieren sowie die Fesselung in den Gefangenensammelstellen und die Verweigerung von Anwaltskontakten zu leugnen.
  • So wurde etwa zur Anti-G8-Auftaktdemonstration in Rostock am 2. Juni 2007 behauptet, 500 Polizisten seien verletzt worden. Dass die allermeisten in der mit Tränengas vermischten Wolke der eigenen Wasserwerfer standen, wurde gezielt verschwiegen.
  • Gegenüber der Presse wurde kolportiert, Polizisten seien mit Säure attackiert worden; gemeint waren Clowns mit Spritzpistolen und Seifenlauge.
  • Die Berliner Polizei hatte aus dem Wurf eines in der EU frei verkäuflichen Böllers eine „Splitterbombe“ gemacht, um weitere Repressalien wie Vorkontrollen, limitierte Transparente oder sogenannte Wanderkessel gegen linke Demonstrationen zu rechtfertigen.

Was also soll ich meiner Tochter sagen, wenn sie mich fragt, ob sie dem Staat vertrauen können? Soll ich erklären:

  • Solange Polizisten allein unterwegs sind, kannst Du sie gern nach dem Weg fragen.
  • Wenn Polizei als Hunderschaft auftritt, denke an Forrest Gump und LAUF!
  • Bei Politikern, brauchst Du keine Angst zu haben, die sind zu feige um selbst etwas zu tun, die lügen nur bis sich die Balken biegen.

OK, dass kann ich meiner 14jährigen Tochter erklären, aber wie sieht das aus, wenn das Kind erst 7 ist? Soll man da sagen: Halte dich von allem, was den Staat repräsentiert fern?

Liebe Polizisten, Politiker und Richter: Ihr habt es in der Hand, ob man Kinder dem Staat vertrauen können oder nicht!

Wasserwerfer nur auf Beine oder über Köpfe hinweg? #S21

Gestern zitierte ich einen Bericht der Süddeutschen in der Polizeipräsident Stumpf erklärt:

Die Wasserwerfer? „Es gibt Wasserregen, dabei wird nur über die Demonstranten hinweg gespritzt, um sie nass zu machen. Ferner gibt es die Wassersperre, um Demonstranten am Weitergehen zu hindern. Und im Extremfall gibt es den Wasserstoß, dabei wird beispielsweise auf die Beine von Demonstranten gespritzt“, erläutert der Polizeipräsident. Der Stoß sei jedoch „in aller Regel die Ausnahme“.

Ja, die Körpermitte, die Beine, nur Ausnahme. Wie passt die das zu der Aussage desjenigen, dessen Bild mit zwei blutenden Augen Mehrzahl der Bürger schockierte? Der Stern schreibt heute:

Der Ingenieur im Ruhestand hatte am vergangenen Donnerstag versucht, Jugendlichen zu helfen, die vom Strahl des Wasserwerfers weggefegt worden waren. Deshalb habe er die Arme hochgerissen und den Polizisten gewunken, um ihnen zu bedeuten, sie sollten aufhören. Dann traf ihn selbst der Wasserstrahl direkt ins Gesicht – so massiv, dass der Rentner ohnmächtig wurde. „Es fühlte sich an wie der Schlag von einem Riesenboxer“, so Wagner zum stern.

Aja, so sehen sie aus die Krawallbrüder: Ingenieur, 66 Jahre alt. Geblendet und erblindet vom Polizeistaat, der es nur regnen lassen wollte. Wirtschaftliche Interessen dürfen auch mit Waffengewalt und Lügengeschichten gegen den Bürger und Steuerzahler durchgesetzt werden.

Wenn ich etwas zu sagen hätte: Rausschmeissen! #S21 #Polizeigewalt #Lügen

Ich stelle mir gerade vor, ich hätte eine Putzfrau. Diese wäre dafür Zuständig in meiner Wohnung Ordnung zu halten und würde dafür von mir bezahlt werden. Was würde ich wohl tun, wenn die Reinigungsfachkraft mich:

  • Schlägt?
  • Mit Waffen angreift?
  • mich schäbig und nachweislich belügt?

Jedes Arbeitsgericht würde mir – auch bei den Lügen – eine Kündigung durch gehen lassen. Seltsamerweise werden wir gewisses, von uns bezahltes – Personal nicht los, dass uns schlägt, mit Waffen angreift und dazu noch belügt – sozusagen in Tateinheit.

Die Süddeutsche schreibt:

Wasserwerfer? Waren nur zur Verteidigung vor Ort. Pfefferspray? Die Demonstranten nutzten es zuerst: Die Stuttgarter Polizei wehrt sich gegen den Vorwurf der Stuttgart-21-Gegner, sie habe den Konflikt eskalieren lassen. Schuld seien vielmehr die Demonstranten selbst, sagt der Polizeipräsident. Als Beweis präsentiert er Videos.

Die Wasserwerfer? „Es gibt Wasserregen, dabei wird nur über die Demonstranten hinweg gespritzt, um sie nass zu machen. Ferner gibt es die Wassersperre, um Demonstranten am Weitergehen zu hindern. Und im Extremfall gibt es den Wasserstoß, dabei wird beispielsweise auf die Beine von Demonstranten gespritzt“, erläutert der Polizeipräsident. Der Stoß sei jedoch „in aller Regel die Ausnahme“.

Und dem SWR kann man entnehmen:

Erst der „massive Widerstand“ der Projektgegner habe dazu geführt, dass die Polizei Pfefferspray, Wasserwerfer und Schlagstöcke einsetzen musste, erklärte Inspekteur Dieter Schneider. Es gebe „Bilder von Aggression“, die der Polizei entgegengebracht worden sei, sagte Landespolizeipräsident Wolf Hammann.

Diese Bilder von Aggressionen seitens der Demonstranten hätte ich zu gern auch einmal gesehen. Und zwar nicht nur von 1-5 Personen (welche Polizisten in Zivil sein könnten, gab es ja schon solche Fälle). Aber ALLE Medien zeigten nur Bilder in denen friedliche Demonstranten, Kinder und Jugendliche und sowohl Menschen in der Mitte des Lebens als auch ältere Menschen erbarmungslos von der Polizei misshandelt wurden.

Dieses Dokument beinhaltet die Beschwere und Dienstaufsichtsbeschwerde von Dieter Reicherter, eines pensionierten Richters, der zuletzt als Vorsitzender einer Strafkammer des Landgerichts Stuttgart tätig war. Nicht zwingend eine Person, die man sich als gewalttätigen Randalierer vorstellen kann. Sehr wohl aber ein Lebenslauf, der ein gewisses Vertrauen in die Aussagen der Person zulässt:

Mit Lautsprecher erfolgten mehrere Aufforderungen, „dieStraße zu räumen und in den rückwärtigen Teil des Schlossgartens zu gehen“. Für den Fall des Nichtbefolgens wurde der Einsatz des Wasserwerfers angedroht. Ich selbst hieltmich zu keiner Zeit auf dieser Straße auf, sondern stand ca. drei Meter daneben (vom Wasserwerfer aus gesehen links) auf der Wiese – wie viele andere Personen auch.

Als die Straße nicht von allen Personen geräumt wurde, kam der Wasserwerfer und offenbar auch Pfefferspray gegen diese Personen zum Einsatz. Ich sah einige Verletzte,vor allem handelte es sich um Augenverletzungen und auch blutende Wunden. Es kam zum Glück weiterhin zu keinerlei Gewalt. Die auf der Straße befindlichen Personen versuchten nur, sich vor dem Wasserstrahl zu schützen.

Ohne jede Ankündigung wurde plötzlich der Wasserstrahl gegen die Personen auf der Wiese gerichtet. Es war keinerlei Aufforderung ergangen, diesen außerhalb derpolizeilichen Absperrungen liegenden Bereich zu verlassen. Der Beschuss der Personen auf der Wiese wurde einige Zeit fortgesetzt, ohne dass erkennbar wurde, was damiteigentlich erreicht werden sollte (im Rücken der Menschenmenge befand sich der von zahlreichen Passanten benutze Weg Richtung Neckartor).

Bereits beim ersten völlig überraschenden Wasserangriff wurde ich voll getroffen. Ich wurde zum Glück nicht verletzt, war aber selbst beim Eintreffen in meiner Wohnunggegen 21 Uhr noch immer völlig durchnässt (die Kleidung konnte ich zuvor nicht wechseln, weil ich nach dem Angriff zu meiner pflegebedürftigen Mutter nach Esslingen fahren musste). Meine mitgeführten Einkäufe, insbesondere Hüllen von Schallplattenund Booklets von CDs sowie ein Buch, aber auch persönliche Papiere wurden völlig durchnässt und sind zum Teil unbrauchbar.

Nach einem heutigen Zeitungsbericht dienten die Wasserwerfer lediglich derEigensicherung der Polizei, „nicht um Straßen freizumachen“. Im Fernsehen und Rundfunk äußerten Sie und Polizeiführer gestern sinngemäß, man sei selbst schuld,wenn man vom Wasserwerfereinsatz betroffen sei. Der Einsatz sei mehrfach angekündigt worden. Man hätte daher rechtzeitig weggehen können. Da dies in meinem Fall nicht zutrifft, halte ich den Einsatz für rechtswidrig und erbitte Ihre fundierte juristische Stellungnahme sowie Bescheidung der Dienstaufsichtsbeschwerde.

Gestatten Sie mir die Bemerkung, dass ich einen derartigen Polizeieinsatz gegen friedliche Bürger bislang nur durch Berichte aus China und anderen Diktaturen kannte.

Wem wollen wir Bürger nun glauben? Einem Polizeipräsidenten, der versucht seinen Arsch zu retten? Wenn diese Kollateralschäden legitim sind, wird auch der Einsatz von Handgranaten – natürlich nur gezielt und zur Eigensicherung – vorstellbar.

Ich empfinde es als unerträglich, wie immer wieder versucht wird Polizeigewalt „schön“ zu reden und letztendlich mit brutaler Gewalt gegen den eigentlichen Souverän des Staates (den Bürger) vorzugehen.