Strafbare Handlung oder Bundesverdienstkreuz?

Während es in Hessen Bestrebungen gibt, Datenhehlerei als eigenen Straftatbestand zu definieren, werden andernorts Datenhehler für das Bundesverdienstkreuz vorgeschlagen. Eine Gleichbehandlung findet anscheinend in Deutschland nicht mehr statt.

Zum einen lese ich im Heise-Ticker einen Satz,

„Hessen will erreichen, dass in Deutschland der Straftatbestand Datenhehlerei eingeführt wird. Einen entsprechenden Bericht des Nachrichtenmagazins Focus bestätigte der Sprecher des Justizministeriums, Hans Liedel am Freitag. Ebenso wie beim Handel mit geklauter Ware soll das Hehlen mit digitalen Daten mit bis zu fünf Jahren Gefängnis oder einer hohen Geldstrafe geahndet werden.“

der nach dem konsequenten Ausbau des Bundesdatenschutzgesetzes, welches in Sachen „Strafen“ und „Bußgeld“ eher sehr weichgekocht daherkommt. Dies mag auch und gerade der Lobby der Adresshändler geschuldet sein. Insofern scheint es angezeigt und konsequent diesbezüglich nachzubessern.

Aber es gibt da noch einen anderen Fall in Deutschland, der (nicht nur) von Datenschützern recht kontrovers diskutiert wurde: Der Aufkauf von unrechtmäßig erlangten personenbezogenen Daten aus der Quelle „Schweizer Banken“. Diese Daten wurden wohl von Bankmitarbeitern unrechtmäßig erlangt und weitergegeben, wodurch diese (nach Zahlung einer größeren Summe) in die Hände von Finanzbehörden gelangten. Dieser Fall schlägt gerade mal wieder Wellen, da die SPD wohl nun die Staatsbeamten welche die Datenträger kauften sogar noch auszeichnen möchten:

„Sie haben sich um den Rechtsstaat verdient gemacht“: SPD-Fraktionsgeschäftsführer Oppermann möchte die drei Steuerfahnder, gegen die in der Schweiz Haftbefehl erlassen wurde, auszeichnen. Weitere SPD-Politiker erhöhen den Druck auf Finanzminister Schäuble.

(Quelle Süddeutsche). Interessant ist hierbei, dass es zwar einen eigenen Paragraphen im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) gibt, der sich damit auseinandersetzt, wie „nichtöffentliche Stellen“ sich bei „unrechtmäßiger Kenntniserlangung von Daten“ zu verhalten haben (§ 42a), Bank- und Kreditkartenkonten finden hier sogar explizit Erwähnung. Aber keine Stelle im BDSG regelt, wie sich öffentliche Stellen zu verhalten haben, wenn diese unrechtmäßig Zugriff auf diese Art von Daten erlangen.

Es zeichnet sich also ab, dass nichtöffentliche Stellen bei der Weitergabe von personenbezogenen Daten in Zukunft betraft werden sollen (was in meinen Augen wie erwähnt sinnvoll ist), wenn aber eine staatliche Stelle diese Daten erlangt, hat sich diese „Um den Staat verdient gemacht“.

Anmerkung: Ich möchte keineswegs eine Lanze für die Straftäter brechen, die sich der Steuerhinterziehung – oder der Beihilfe dazu) schuldig machen. Was ich aber möchte ist, dass in diesem Lande nicht mit zweierlei Maß gemessen wird. Gesetze und Regelungen müssen für alle Beteiligten gelten – Ausnahmen von der Allgemeingültigkeit haben im sehr engen Rahmen gesteckt zu sein. Eine Strafbarkeit sollte niemals nach dem Gesichtspunkt beurteilt werden welche Instanz von ihr einen Vorteil erlangt. Vor allem, wenn – wie in diesem Fall – die Sache ein wenig zu deutlich nach Überwachungsstaat riecht.

Kriminell werden um gegen Kriminelle vorzugehen?

Ach ist diese Diskussion nicht toll? Ich finde es geradezu spannend, wie vielfältig die Meinungen und Bewertungen in Sachen „Steuerdaten auf DVD“ sind. Auch Jörg Tauss meldet sich zu Wort und schreibt in seinem Blog:

Genau so wie der Fluggast oder der ehrliche Steuerzahler. Die Auslieferung von Bank- und Fluggastdaten mittels SWIFT und anderer Abkommen sind der eigentliche Skandal. Der Präventionsstaat ist es. Die heimliche Onlinedurchsuchung. Die Vorratsdatenspeicherung. Die Zensurinfrastruktur bei Providern etc.etc. etc. Denn hier geht es um den Generalverdacht gegen jeden Bürger und nicht um die vermeintlich geschützten Daten krimineller Steuerhinterzieher.

Und gegenüber dieser Entwicklung ist der Deal mit dieser CD unter den anrüchigen Geschäftspartnern Schäuble und unbekanntem Datendieb  fast schon marginal. Schäuble weicht dabei übrigens nicht einmal von seiner bisherigen Linie ab: Denn wer nichts zu verbergen hat……dessen Daten kann man auch auf einer CD kaufen.

Jörg Tauss bewertet den Fall gänzlich anders als ich es tue. Denn nur weil andernorts (Swift, Internetzensur etc) der Staat bereits derber mit unseren Rechten umgeht als in diesem Fall mit den Steuerhinterziehern, bedeutet dies für mich nicht, dass man deshalb auch unrecht erlangte Daten KAUFEN und verarbeiten soll.

In meinen Augen darf, kann und soll der Staat an keiner Stelle seiner Worte und Taten unrechte Taten legitimieren und den Mantel des „es war ja für einen guten Zweck“ darüber legen. Für den „guten Zweck“ setzen die USA Verdächtige in Guantanamo fest und foltert die CIA in allen Teilen der Welt. Auch die Weitergabe der Swift-Daten wäre legitim, es gilt doch die Rechte der USA zu verteidigen.

Am Ort der Tat (Schweiz) haben wir folgenden Sachverhalt: Schweizer Bankdaten von unschuldigen Ausländern (am Ort: Schweiz, Deutsche) werden unrechtmässig kopiert/entwendet. Zumal nicht feststeht (obschon es sehr wahrscheinlich ist, dass sehe ich natürlich auch) ob die Kontoinhaber wirklich in Deutschland Steuern hinterzogen haben.

Wenn wir also die Mitnahme der Daten legitimieren, so würde ein deutscher Hacker, der in einen schweizer Bankcomputer eindringt um dort Daten zu stehlen, zwar kriminell sein aber die deutschen Ermittler würden sich die Hände reiben. Oder hunderte von deutschen Bankmitarbeitern würden – für ein kleines Zubrot – sachdienliche Hinweise an deutsche Finanzämter senden, nachdem sie in Nachtschichten die Kontodaten ihre solventen Kunden gesichtet haben.

Dann müsste man fairerweise auch denjenigen monetär belohnen, der den Dealer im Park anzeigt – auch wenn der Staat DAMIT kein Geld verdienen kann. Der Einzelhandel würde das Konzept Fangprämie rigoros durchsetzen und Horden arbeitloser Denunzianten würden die Kaufhäuser unserer Gr0ßstädte füllen.

Wehret den Anfängen! Gleiche – ausgeprägte – Rechte für alle.

Es gibt zu wenig Steuerfahnder. DAS ist das eigentliche Problem.