Herr Ackermann und die Realität staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen

Dem Spiegel entnehme ich einen Bericht über die Reaktionen des Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, der mich motiviert mal wieder zu bloggen:

„Unglaublich“, „ehrverletzend“, „nicht akzeptabel“: Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann hat sich über Ermittler beklagt, die vergangene Woche sein Büro durchsucht hatten. Die Beamten hätten ihn wie einen Schwerverbrecher behandelt.

Ein paar Fragen habe ich schon zur Einleitung: Ist das Delikt bezüglich dessen ermittelt wird eine Lappalie? Es geht um Falschaussagen bezüglich des Kirch-Prozesse. Ein Prozess in dem ermittelt wird, ob durch Mitarbeiter der Deutschen Bank das Unternehmen des Leo Kirch erst in die Insolvenz getrieben wurde. Wir gehen mal davon aus, dass der ermittelnde Staatsanwalt im Vorfeld ausreichend Verdachtsmaterial gesammelt hat, um diese Durchsuchung durch einen Richter bestätigen zu lassen. Nicht zuletzt der Richter wird wohl einen hinreichenden Verdacht gehabt haben, ansonsten hätte er – ob der Brisanz – diese Durchsuchung nicht genehmigt.

 „Das ist unglaublich, ehrverletzend.“ Alle sechs damaligen Vorstandsmitglieder hätten sich in der Sache übereinstimmend geäußert: „Zu unterstellen, dass wir alle lügen, ist schon ein hartes Stück.“

Ja, es wäre wirklich das erste Mal in der Geschichte der Menschheit, dass sich mehrere Führungspersönlichkeiten einer gemeinsamen strafbaren Handlung schuldig machen. Unvorstellbar! Oder? Halt – da gab es doch schon diverse Vorgänge. Man erinnere sich an den Datenschutz der Telekom, an diverse Monopolvergehen etc. pp. . Sorry, Herr Ackermann, aber wenn es um viel Geld geht lässt meine Phantasie auch die Möglichkeit zu, dass ALLE Vorstandsmitglieder eines weltweit agierenden Unternehmen sich gemeinschaftlich strafbar verhalten.

Der Deutsche-Bank-Chef störte sich besonders am Vorgehen der Ermittler: Ihr Tonfall sei „schlichtweg unakzeptabel“ gewesen – „vor allem, wenn es um so wenig geht“.

Es geht um wenig? Könnte man die Vorgänge um ein Unternehmen mit Milliardenschulden als „Peanuts“ abtun? Für den Vorstand der Deutschen Bank sicherlich ein Krumen des grossen Geldkuchens. Ein Geschäftsmann, der durch andere Menschen in den Konkurs getrieben wird, würde dies anders bewerten.

Manchmal steht es einem Verdächtigen (und nichts anderes sind Ackermann und andere Vorstände der Deutschen Bank) gut zu Gesicht ein wenig bodenständiger zu agieren. Auch wenn man in der Vergangenheit durch beste Kontakte zur Spitze der deutschen Politik aufgefallen ist, so bleibt man dennoch ein „Sterblicher“.

Warum ich froh bin kein Pirat in Berlin zu sein

Zuerst einmal freue ich mich natürlich höllisch, dass die Piratenpartei gestern in Berlin mit satten 8,9% in das Berliner Parlament gewählt wurden. Dass die FDP mit 2% das wohl unterirdischste vorstellbare Ergebnis eingefahren haben, befriedigt ein wenig meine Schadenfreude, aber das alles war gestern.

Heute ist Montag der 19.09.2011 und es wird nicht nach hinten, sondern ein wenig bange nach vorn geschaut. Denn ab sofort müssen die Berliner Piraten genau das tun, was der Vorsitzende der FDP versprochen hat zu tun: Die Piraten müssen liefern. Wie schreib es der Schockwellenreiter so treffend:

Dieses Mal und für diese Wahl bekommen die Berliner Piraten meine Stimme. Aber es ist nur eine Stimme auf Kredit — ich werde sie über die ganze Legislatur­periode aufmerksam beobachten

Und der Schockwellenreiter ist damit sicher nicht allein. Stellvertretend für alle Landes- Kreis-, Bezirksregierungen werden nun die Piraten in Berlin unter strenger Beobachtung der (potentiellen) Wähler stehen. Die Berliner Piraten haben nun die schwierige Aufgabe übertragen bekommen den Nachweis anzutreten, dass  die Piratenpartei eine ernst zu nehmende politische Vertretung der Bevölkerung ist.

Die Piraten haben den Charme des unorthodoxen, dürfen sich aber nicht zu einer Spasspartei machen lassen, sondern müssen den Nachweis erbringen, dass Politik vom Volk und für das Volk durch die Piraten ernst genommen wird.

Als ich letztes Wochenende zum Vorsitzenden eines Bezirksverbandes der Piratenpartei gewählt wurde (ich kam dazu wie die Jungfrau zum Kinde), wurde mir erst nachträglich vollumfanglich bewusst, dass dies nicht nur eine Aufgabe ist, die ich für eine bessere Handvoll Piraten übernommen habe.  Nein, ich habe vor allem die Verantwortung für die Zukunft übernommen, für das Potential dass sich noch entwickeln kann und sollte.

In sofern hoffe ich inständig, dass die Berliner Piraten den Bürgern zeigen, dass sie es können. Niemand erwartet von den Piraten, dass sie die Finanzkrise und die Arbeitslosigkeit erfolgreich bekämpfen. Viele Menschen wünschen sich, was derzeit noch Träumereien (auch der Piraten)  sind, wie kostenfreie Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs oder ein bedingungsloses Grundeinkommen. Aber diese Beispiele sind eben nur Beispiele. Ganz zum Schluss geht es eine Aussage (ich weiss leider nicht von wem das Original ist):

Die Piraten brauchen kein Programm, sie sind das Betriebssystem

Übersetzung für nicht ganz so EDV-Affine Leser: Pirat sein, hält sich nicht an einzelnen Punkten auf, Pirat sein ist eine Lebenseinstellung: Es geht um Freiheit des Individuums und Menschlichkeit. Dass diese Lebenseinstellung ernst genommen werden kann und darf, das können und müssen die Berliner Piraten nun beweisen. Es ist Bürde und Chance gleichermassen – ich drücke Ihnen alle Daumen und die grossen Zehen noch dazu.

Haftpflicht für politische Fehler

Werden Politiker in Zukunft für nicht verfassungskonforme Gesetze zur Kasse gebeten werden können?

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, Andreas Voßkuhle, hat vor einer Überlastung des Gerichts gewarnt und eine Gebühr für bestimmte Fälle vorgeschlagen.

entnehme ich der Tagesschau. Voßkuhle weiter:

Zur Entlastung schlug Voßkuhle vor, die Bearbeitung offensichtlich aussichtsloser Anträge von einer Gebühr abhängig zu machen. Mit dieser „Mutwillensgebühr“ würden Querulanten abgeschreckt, die mitunter bis zu 500 Verfassungsbeschwerden erheben.

wobei ich diesen Gedanken – Querulanten eindämmem – in gewisser Weise nachvollziehen kann. Viel charmanter würde ich es aber finden, wenn man soweit geht, dass derjenige der einen Zustand verschuldet, der gegen die Verfassung verstößt, die Kosten seiner Verfehlung zu tragen hat. Quasi eine Haftpflicht für politische Fehler.

Im Privatbereich ist es heute schon Gang und Gebe, dass der Verursacher den Schaden den er einem Anderen zufügt zu tragen hat. Warum also nicht die Politiker mittels Durchgriffshaftung (Privat – nicht Parteivermögen!) zur Kasse bitten, wenn diese Gesetze oder Verordnungen auf den Weg bringen, die gegen die Verfassung verstoßen?

Warum muss sich eine Privatperson für die Folgen ihres Handelns verantworten, Politiker aber können sich nach der „Trail and Error“-Methode durch das Leben dilettieren und somit dem Steuerzahler unnütze Kosten und dem Verfassungsgericht unnütze Arbeit aufbürden.