Wirtschaft und Politik am Beispiel #S21

Wer sich fragt, warum denn gewisse Politiker nahezu besessen den Stuttgarter Bahnhofsneubau S21 durchsetzen wollen, kann ein paar Indizien im Handelsblatt finden:

Dabei geht es immerhin um eines der größten privat finanzierten Immobilienprojekte Deutschlands. Für 500 Millionen Euro will ein Konsortium aus ECE, Strabag und Bayerische Bau und Immobilien Gruppe das „Quartier am Mailänder Platz“ errichten

Ein Baustopp oder gar ein komplettes Aus für S-21 wäre verheerend – für die Stadt, aber erst recht für die ECE.

Grund ist die von der ECE gegründete Stiftung „Lebendige Stadt“, mit der sich der Projektentwickler gemeinnützig für europäische Städte engagiert.

Pikant ist, dass dem geschäftsführenden Vorstand der Stiftung Friederike Beyer angehört. Beyer ist die Lebensgefährtin von Günther Oettinger (CDU), früher Stuttgarter Ministerpräsident, heute EU-Industriekommissar. Endgültig zum Politikum jedoch macht die Sache, dass dem Stiftungsrat die Landesministerin für Umwelt, Naturschutz und Verkehr, Tanja Gönner (CDU), und der Stuttgart-21-Architekt Christoph Ingenhoven angehören.

Besonders heikel in dem Zusammenhang findet der Grünen-Politiker, dass der Stuttgarter Ex-Regierungschef Lothar Späth dem Tunnelbohrer eng verbunden ist. Späth, ehemaliger Ministerpräsident und heute noch Verfechter von S21, ist Aufsichtsratsvorsitzender der südbadischen Herrenknecht AG, die bei den Grabungen zu S21 eine Hauptrolle spielen wird.

Ja, wenn ich das so lese, kann ich verstehen dass da gewisse Politiker ein massives (finanzielles!) Interesse an dem Projekt S21 haben. Denn die Renten sind garantiert nicht sicher, also müssen sich auch Politiker bemühen ihren Lebensabend finanziell zu sichern.

Wenn es nach mir geht: Alles rausschmeissen und direkt nch Hartz-IV schicken. Inklusive einer Schadenersatzklage für die Millionen, die der Rückbau kostet. Wenn das bei einem Banker klappt, warum nicht auch mit Politikern. Damit die Diebe am Allgemeingut endlich mal etwas sensibilisiert werden.

#S21 – Beauty-Farm für die Bahn AG

Wie viel Milliarden Steuergeld sollen nun in einen einzelnen Bahnhof gepumt werden? Bislang sind es knapp 5 – bis zu Fertigstellung (so es denn dazu kommen sollte) werden es sicherlich geschmeidige 10 Milliarden sein. 10 Milliarden Euro an Steuergeldern.

War es nicht stets Mehdorns feuchter Traum Kapital zu sparen, Investitionen zu verzögern um die Bahn für den Börsengang „chic“ zu machen? S21 ist in dieser Beziehung ein halbjähriger Aufenthalt auf einer Beauty-Farm für den zukünftigen Börsengang. Ordentlich was ins Körbchen packen, damit die Banken und Versicherungen (die den Großteil halten werden) für ihr Geld auch einen ordentlichen Gegenwert bekommen.

Mappus und „Rechtssicherheit und Vertragstreue“ #S21

Der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus ist ein wunderbares Beispiel über Realitätsverdrehungen von Politikern. Er kommt mir dabei vor wie ein vierjähriger kleiner Junge, der seine Mutter anlügt um einer Strafe zu entgehen:

„Es geht um die Frage: Kann ich in Deutschland auf Basis von Rechtssicherheit und Vertragstreue noch Projekte angehen?“ sagte Mappus dem Magazin „Wirtschaftswoche“. Ausländische Unternehmen seien über den Streit um das Bauprojekt sehr verwundert, deutsche Firmen teilweise schockiert, so der Ministerpräsident.

schreibt die FTD. „Rechtssicherheit und Vertragstreue“? Die Kosten für S21 wurden vor langer Zeit mit knapp über 2 Milliarden Euro angegeben, nun sind schon knapp 5 Milliarden genannt. Und in den Kosten ist die gesamte Elektrifizierung sowie Signaltechnik noch nicht enthalten.

Bei nahezu jedem öffentlichen Projekt explodieren die Kosten und es werden die Steuerzahler verarscht. Wie sieht es denn da mit „Rechtssicherheit und Vertragstreue“ aus? Oder gilt diese nur Auftragnehmer (Wirtschaft) aber nicht für den Auftraggeber (Steuerzahler). Den Politiker ist dieser Teil von „Rechtssicherheit und Vertragstreue“ meist scheissegal. Ihnen geht es nur darum Prestigeprojekte für ihre Freunde in der Wirtschaft zu realisieren um später von diesen Freundschaften zu profitieren.