Nicht nur Oettinger erwartet steigende Strompreise

Die Tagesschau schreibt:

Strom könnte innerhalb der EU schon bald spürbar teurer werden. Er rechne mit einem Anstieg von ein bis zwei Cent pro Kilowattstunde, sagte EU-Kommissar Günther Oettinger dem Hamburger Abendblatt.

Allerdings ist die Begründung Oettingers nur ein kleiner Baustein des Gesamtproblems:

Hintergrund ist die Entscheidung der EU, 200 Milliarden Euro in die Modernisierung der Energieinfrastruktur zu investieren.

Auch ohne die Investitionen würde Strom teurer werden. Der Verbraucher kann gar nicht so viele Energiesparlampen reinschrauben, um an den Energiekosten tatsächlich einmal eine rückläufige Preisentwicklung zu realisieren.

Der Grund ist auch ganz einfach – man darf nur nicht die Augen verschliessen: Wir leben im Kapitalismus. Die Energieerzeuger müssen wachsen – müssen mehr Ertrag pro Zeiteinheit erwirtschaften. Was passiert also, wenn der Verbraucher seinen Stromverbrauch halbiert? Er muss mit dem gesunkenen Verbrauch dafür Sorge tragen, dass die Erträge der Stromerzeugers steigen. Also muss der Ertrag auf die bezogene Leistung angehoben werden.

Der Arsch ist immer der Verbraucher – solange er nicht auf der Wertpapierseite an den Gewinnen der Unternehmen deutlicher beteiligt ist, als er als Verbraucher abgezockt wird.

Wer etwas verbirgt ist gefährlich! #Streetview

Mit dem „Nur wer etwas zu verbergen hat, ist gegen Transparenz und Offenheit“ rennen typischerweise Innenminister und Überwachungsbefürworter durch die Lande, um Kritik an Vorratsdatenspeicherung, Onlinedurchsuchung, Kameraüberwachung der Großstädte und andere – unsere Rechte einschränkende – Mittel aufzuweichen.

Dieser Satz lässt jeden Datenschützer schon seit mehreren Jahren kotzen vor Wut. Denn jeder Mensch hat pauschal etwas zu verbergen: Seine Privatsphäre. Diese geht niemanden etwas an. Im Einzelfall kann das Individuum Dinge von sich preis geben. Manchmal muss man dies tun, weil es einfach sinnvoll ist – z.B. bei Onlinehandel ist es sinnvoll seine Lieferanschrift anzugeben. Ein pauschales Aufweichen dieser Rechte von einzelnen oder Gruppen ist immer zu hinterfragen.

Seit heute ist Streetview – laut Heise – in

Berlin, Bielefeld, Bochum, Bonn, Bremen, Dortmund, Dresden, Duisburg, Düsseldorf, Essen, Frankfurt am Main, Hamburg, Hannover, Köln, Leipzig, Mannheim, München, Nürnberg, Stuttgart und Wuppertal

aktiv.

Auf Twitter ist es – erwartungsgemäß – mal wieder ein grosses Thema und auf meine (nicht neuen Bedenken in Sachen Aufspürbarkeit) kamen Argumente von Streetview-Befürwortern wie:

Damit das klappt muss man erstmal wissen, das ich dort wohne. Und wenn man das bereits weiß kann man einfach vorbeischauen.

Ich fahre aber ungern – nur um mal ein wenig über einen Menschen zu „spannen“ – nach München, Köln oder gar ins Ausland. Die Eingabe einer Anschrift bei Google-Maps ist allerdings ein Aufwand, den ich gern bereit bin aufzuwenden um ein wenig mehr über einen „fremden“ Menschen zu erfahren.

Auch kommt als Argument:

Man gibt Deine Adr. ein und sieht dann Dein Haus. Und dann?

Interessant finde ich, dass die selben Menschen, die bei staatlichen Massnahmen (ZU RECHT!) hyperventilieren und das Ende der Freiheit erkennen, bei Google alles toll und innovativ finden.

Ich habe nichts dagegen, wenn „ein Urlauber“ bei seinen Urlaubsfotos auch mein Haus als Hintergrund abbildet. Auch wenn meine Nachbarn dies tun: So what. Wenn dieser „Urlauber“ oder mein Nachbar diese Bilder in ihr persönliches Blog stellen: So what?

Was mir allerdings Gedanken macht ist eine Datenbank, in der ich mir von jeder Adresse – zusätzlich zu den Satellitenbildern – Informationen holen kann, wie:

  • Porsche, Mercedes, Maybach oder rostige Billigautos vor der Tür
  • Fenster mit teuren Gardinen oder Bettlaken sichtgeschützt
  • Vorgarten gepflegt oder erweiterter Mülleimer
  • Teurer Neureichen-Neubau in Altbauviertel?

um nur ein paar Kriterien zu nennen, die mittels Streetview für jedermann recherchierbar werden.

Ich freue mich, dass bei der mich betreffenden Streetview-Aufnahme weder mein Lamborghini noch der Maybach meiner Prinzessin vor der Tür steht – wir waren bestimmt gerade zur Arbeit. Sonst würden schon Fragen auftauchen: Boah, wie kann sich das der Kerl denn erlauben?

Wir machen uns ein Bild von unseren Mitmenschen aufgrund von Interpretationen der vorliegenden Informationen. Das ist normal. Ein Personalverantwortlicher wird selten eine Rundfahrt machen, um zu schauen wie denn der Bewerber wohnt. Einen Blick in Streetview wird er aber tätigen.Diese Art von Recherche wird von ihm sogar in Zukunft erwartet werden.

Werden in einem Onlineshop etwas kaufen, wenn die Adresse im Impressum nach „szenetypischem Altbau“ aussieht, oder wird unser Reizzentrum im Hirn „unsicher, lass die Finger von Vorkasse“ signalisieren – auch wenn der Anbieter ein verlässlicher Geschäftsmann ist?

Ich wurde bei Twitter auch angesprochen, warum ich nichts gegen die staatlichen Überwachungen oder gegen Wettbewerbsprodukte zu Streetview formuliere. Die Antwort darauf ist einfach: Meine ablehnende Haltung ist zu jeglicher die Privatsphäre auflösenden Massnahme die gleiche. Ich finde es nur erschreckend wie viele Fans es von Streetview gibt, die mit einem „Recht auf Piratsphäre“-Shirt der Piraten rumrennen.

Schlußsatz: Es geht mir ausschliesslich im Wohn/Privathäuser. Bei Kulturdenkmäler, Kunstwerken, baulichen Besonderheiten etc. pp. sehe ich sehr wohl ein Gemeininteresse und einen Mehrwert.

Soviel zu Schlußsatz – da kommt gerade frisch etwas rein:

Auf der Internetseite www.wheelmap.org können barrierefreie Orte gesucht, gefunden und selber angelegt werden. Dabei helfen die Fotos von Google StreetView, da sie die Beschaffenheit des Ortes auf einen Blick zeigen.

Quelle: Ebendort. Aber kann man dies nicht auch schon mit Google-Maps? Dort kann man doch auch Kommentare und Bilder einpflegen. Diese Anwendung an sich finde ich sehr gut. Aber braucht es dafür Streetview, oder könnte man mit „weniger“ auskommen?

Ich gönne euch ja den Spass an Streetview – es geht mir nur echt auf den Sack, dass Streetview-Gegner als Datennazis und ähnliches bezeichnet werden. Einige Freunde der Meinungsfreiheit und des Datenschutzes keulen schlimmer als kanadische Seehundjäger, wenn es um das bunte Spielzeug „Streetview“ geht.

Was die Welt als Fiktion niederschreibt – aber schon Realität ist

Gerade lese ich in der Welt folgende Zeilen:

Es wäre das härteste Sparprogramm aller Zeiten. Der griechische Staat muss rund dreizehn Prozent seiner Wirtschaftsleistung einsparen. Auf Deutschland übertragen wäre das ein Einsparprogramm in Höhe von 312 Milliarden Euro – bis 2014. WELT ONLINE zeigt, was das für Folgen für unser Land hätte.

Hmmm *kopfkratz* 13% der Wirtschaftsleistung. Das sind – wenn ich mich nicht irre – 13% des Bruttoinlandsproduktes. Und genau um soviel – nämlich 13% – liegen wir über den Vorgaben von Maastricht.

Nunja, das scheint dann ein weiterer Beweis für den Qualitätsjournalismus a’l Axel Springer zu sein, wenn einem Schreiberling das offensichtliche verborgen bleibt. Immer schön schreiben – (Hintergrund)Wissen belastet da nur und Zusammenhänge verwirren.

Verdammt nochmal, auch wir müssen sparen, massiv und am besten sofort. Sonst sind wir auch bald dran. Und da sind die Spendengelder an Griechenland ganz sicher unser kleinstes Problem!

Tobias  Kaiser (der Praktikant Qualitätsjournalist, der für  Welt-Artikel zuständig ist) schreibt

Wollte die Bundesregierung ein Konsolidierungsziel wie in Griechenland allein durch Einsparungen erzielen, müsste sie in den kommenden fünf Jahren die Ausgaben für Hartz IV halbieren, den Autobahnbau und- unterhalt komplett einstellen, die Bundeswehr und das Bundesverteidigungsministerium abschaffen und die Entwicklungshilfe sofort stoppen.

und verkennt wieder einmal die Lage. Denn um in 4 Jahren 300 Milliarden Euro „einzusparen“ – oder mehr einzunehmen – müssten nur schlagartig alle Steuerschlupflöcher geschlossen und alle Steuerhinterzieher ihre Steuern zahlen. Dann würde unsere schöne Bundesrepublik nämlich wieder wie ein finanzieller Fels in der Brandung stehen und sogar noch 100 Milliarden Euro über haben.