Machterhalt trotz Politik?

Bislang war ja die Stärke der Bundeskanzlerin das vom Birnenkanzler gelernte „aussitzen“. Solange die Fresse halten und bloss keinen ernsten Kommentar abgeben, bis der Brei kalt ist und keiner mehr da ran geht.

Dumm nur, wenn dann Dinge wie Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke und in der direkt anschliessenden Wahlkampfzeit dann sowas wie Fukushima passiert.

Denn um es mal klar zu sagen: Machterhalt und politische Aktivität schliessen sich quasi gegenseitig aus. Das ist wie Feuer und Wasser. Man kann sich nicht von den Menschen wählen lassen, die wissen dass man sie belogen und betrogen hat. Nach 2 Jahren, ja da wird man wieder gewählt. Aber gegen das Kurzzeitgedächnis hilft auch keine Springer-BILD. Kannst vergessen.

Wie also sollten sich Politiker verhalten, die auf langfristigen Machterhalt aus sind? Ich hätte da mal ein paar Tipps:

  • Sich NICHT an die Rockzipfel des Kapitals hängen – zumindest nicht solange es noch kein liquiditätsabhängiges Wahlrecht gibt.
  • Nicht auf die einkommensstarke Zeit nach der politischen Karriere zielen, sondern davon ausgehen, dass man bis ans Lebensende in der Politik sein Geld verdienen wird.
  • Verständliche Politik machen. Diese muss nicht zwingend populär sein. Der Bürger ist in der Lage auch mal in saure Äpfel zu beissen – er muss den Sinn darin nur sehen.

Frau Merkel erklärte, dass Sie Politik für Deutschland macht. Vielleicht sollte Sie anfangen Politik für die deutschen Bürger zu machen.

Deutschland nach #Fukushima

Die Auswirkungen, welche die Katastrophe in Japan auf die deutsche Politik und Wirtschaft haben, werden von einer Nachhaltigkeit geprägt sein, die unseren – vor allem Schwarz/Gelben – Politikern die Ohren klingeln lassen.

Ich habe die Zeit genutzt und mal mit ein paar Menschen gesprochen, die nicht seit bereits 30 Jahren zu den Kernkraftgegnern gehören und das Ergebnis ist für die deutschen Politiker desaströs: Die Vorfälle sind für viele Menschen der Beweis, dass man Politikern nicht trauen kann. Auch die Generation meiner „Altvorderen“ (was ihr jungen Leute nur gegen Brokdorf habt, ist doch sauber) begreift endlich, welch Spiel gespielt wird. Dieses Misstrauen, welche sich die Regierung Merkel in nur einer Frage erworben hat, lässt sich auf auf andere Entscheidungen transportieren – und dies wird geschehen. Die Saat des Misstrauens ist ausgelegt, nicht von der Opposition, sondern von CDU/CSU und FDP selbst.

Dabei ist es egal, ob Frau Merkel jetzt eine Wahlkampfgedenkminute in Sachen Kernkraftwerke einlegt, oder tatsächlich anfängt einzelne Meiler vom Netz zu nehmen. Die Menschen merken, dass die Regierung Merkel vor 6 Monaten einen massiven Holzweg gegangen ist und nun mit wehenden Fahnen zurückrudert. Die Regierenden haben die blanke Angst im Gesicht: Die Angst Wahlen zu verlieren.

Was aber ist mit den Betreibern der deutschen Atomkraftwerke? Wurde dem Bürger nicht z.B. in Sachen Stuttgart 21 gesagt, dass dieser Bau nun durchgezogen werden muss? War das Argument nicht, dass die Bundesrepublik Deutschland der Wirtschaft ein verlässlicher Partner sein muss? Wo bitte ist diese Verlässlichkeit hin, wenn es um Wahlkampf geht? Die Regierung Merkel wird schon heute mit den Verantwortlichen der Atomindustrie zusammen sitzen und Pläne für die Zeit nach dem „Aussetzen“ machen. Dort werden Sondererträge, Steuerbefreiungen, Subventionen und andere Kompensationsangebote gemacht werden müssen. Denn die Atommafia wird sich nicht damit zufrieden geben, dass Frau Merkel auf einmal sagt „Ach, ich irrte – nun das ganze kehrt marsch“. Es geht um Milliardengewinne, die den Herrschaften von EON, RWE und Vattenfall und deren Aktionären versprochen wurden. Diese werden nicht mit einem „OK, dann eben nicht“ auf die Wünsche der Kanzlerin eingehen.

Es bleibt deutlich spannend…

Von den Konservativen guttenbergen

Eines muss man der Anti-Atom-Bewegung in Deutschland lassen: Ihre Reaktionszeit ist bemerkenswert kurz. Die Meldungen über einen Reaktorunfall im japanischen Fukushima waren kaum über die Agenturen gegangen, da meldeten sich schon die ersten Politiker zu Wort, die die Abschaltung der deutschen Kraftwerke forderten. Andernorts in Europa sind die Bürger noch damit beschäftigt, sich einen Überblick zu verschaffen, was genau in dem Unglückswerk eigentlich vorgefallen ist; dem deutschen Atom-Gegner reicht die Nachricht von einem brennenden Meiler, und er weiß, dass es Zeit für Mahnwachen ist.

schreibt Jan Fleischhauer (Von einem, der aus Versehen konservativ wurde) im Spiegel. Und ich denke mir so: „Ja, da haben die Atomkraftgegner doch tatsächlich von den Sicherheits- und Überwachungsfanatikern unseres Landes gelernt. Ich frage mich, ob Fleischhauer sich auch zutraut – bei gegebenen Anlass – auch folgende Zeilen zu veröffentlichen:

Eines muss man den Sicherheitsfanatikern in Deutschland lassen: Ihre Reaktionszeit ist bemerkenswert kurz. Die Meldungen über einen Amoklauf in einer deutschen Schule ist kaum über die Agenturen gegangen, da meldeten sich schon die ersten Politiker zu Wort, die ein Verbot der Ego-Shooter forderten. Andernorts in Deutschland sind die Bürger noch damit beschäftigt, sich einen Überblick zu verschaffen, was genau den Täter zu seiner Tat trieb; dem deutschen Konservativen reicht die Nachricht von einem Amoklauf, und er weiß, dass es Zeit für ein Computerspiel-Verbot ist.

Alternativ schlage ich auch folgenden Passus vor:

Eines muss man den Überwachungsbefürworten in Deutschland lassen: Ihre Reaktionszeit ist bemerkenswert kurz. Die Meldungen über einen Anschlag im benachbarten Ausland kaum über die Agenturen gegangen, da meldeten sich schon die ersten Politiker zu Wort, die eine weitergehende Überwachung des Internets forderten. Andernorts in Europa sind die Bürger noch damit beschäftigt, sich einen Überblick zu verschaffen, was genau  eigentlich vorgefallen ist; dem deutschen Sicherheitspolitiker reicht die Nachricht von einem Bombenanschlag, und er weiß, dass es Zeit für weniger Menschenrechte ist ist.

Ist es nicht seltsam, dass es das konservative Lager so überhaupt nicht ab kann, wenn man mit seinen Mitteln arbeitet? Seltsam, was der Spiegel so alles – unreflektiert – verbreitet. Er reiht sich halt in die Ecke der konservativen Kampfpresse mit ein.