Hartz-4 Sätze massiv steigern oder Arbeitslose aussterben lassen?

Dieser kleine Lausbub, der Gesundheitsminister Philipp Rösler, hat ja immer wieder tolle neue Ideen. Von einer lese ich gerade in RP-Online:

Versicherte sollen die Arztrechnung künftig selbst begleichen und bei der Kasse einreichen.

nun werdet ihr sagen:“Ja und, das mache ich als Privatversichter oder Beamter  schon seit Jahren, alles alter, kalter Kaffee – aber es geht weiter:

Kostenerstattung bedeutet, dass gesetzlich Krankenversicherte ihre Arztrechnung selbst zahlen und sie bei ihrer Kasse zur Erstattung einreichen (Hervorhebung von mir)

Wenn ab sofort alle Krankenversicherten per Vorkasse ihre Arztrechnungen bezahlen sollen, sehe ich entweder schwarz für die Arges dieser Welt, oder für die Bezieher von Arbeitslosen und Hartz-IV Geld. Auch die Bezieher kleinster Gehälter dürften sich freuen, wenn die erste Facharztrechnung vorliegt. Und all das nur, um den Krankenkassen einen Zinsgewinn zu verschaffen. Auf Kosten der Ärzte, die dem Geld dann bei all ihren Patienten einklagen dürfen. „Guten Tag, hat der Doktor heute Sprechstunde?“ „Ja, aber ihre Bonitätsprüfung wurde leider negativ beschieden, wir behandeln Sie nicht“.

Aber mal ehrlich: Kann man von einem Minister oder gar all den Mitarbeitern eines Ministeriums erwarten, dass sie an solche unwesentlichen Details denken?

Der heutige Tag ist der „Tag der Restgerechtigkeit“ – Hartz IV und Verfassungsgericht

Auch wenn ich schon seit Jahren kein Hartz-IV mehr beziehen muss, so habe ich lange genug unter der Knute des SGB-II Gesetzbuches leben müssen um diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes feiern zu können:

Regelleistungen nach SGB II („Hartz IV- Gesetz“) nicht verfassungsgemäß

Der obige Link führt euch direkt zu dem Urteil des BVG vom 9. Februar 2010 – welches unter dem Aktenzeichen „1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 “ verhandelt wurde.

Die Kernaussage ist folgende:

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat entschieden, dass die Vorschriften des SGB II, die die Regelleistung für Erwachsene und Kinder betreffen, nicht den verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG erfüllen.

Man muss nicht „arbeutsscheu“ oder ein „Generalversager“ erster Güte sein um in das Netz des SGB II zu fallen. Das kann wahrlich jedem passieren – ja auch DIR! Man glaubt gar nicht WIE schnell man zu der stets wachsenden „Randgruppe“ der Gesellschaft gehört, die vom System regelrecht ausgepresst wird., die das System am liebsten unter den Teppich kehren würde.

Ich zum Beispiel hatte VIELE Jahre einen sehr guten Verdienst, der dazu führte, dass ich geradezu fürstlich in die Sozialkassen einzahlte (womit ich kein Problem habe: Eigentum verpflichtet). Dann machte ich mich selbstständig und führte (damals gab es noch keine freiwillige Einzahlung in die Arbeitslosenkasse für Selbstständige) diese Selbstständigkeit länger als zwei Jahre. Nachdem meine Selbstständigkeit den Bach runter ging -> DIREKT Hartz-IV. Ich hatte zu lange nicht eingezahlt. SO geht unser System mit Menschen um, die früher dafür sorgten, dass das Bruttosozialprodukt auch von anderen Schultern als Aktionären getragen wird.

Dank Hartz-IV ist man aber auf einmal nur noch Dreck für die Meinungsmacher gewisser Medien. DIESES wurde durch das Bundesverfassungsgericht nun ein wenig gerade gerückt. Ich bedanke mich dafür und stelle fest, dass ich die Kosten des BVG gern von meinen Steuern zahle!

Von der Überschuldung der Bevoelkerung

Einen recht interessanten artikel zum Thema „Verschuldung von Haushalten und Ursachen“ fand ich in der TAZ. Der Vorstand des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Karl-Peter Schackmann-Fallis erklärt dort zum Beispiel wie die Einkommenssituation in Deutschland sich entwickelt:

Zu den wichtigsten Ursachen von Überschuldung gehören neben der Arbeitslosigkeit und verführerischen Ratenzahlungsangeboten auch ein dauerhaft niedriges Einkommen. Hier habe sich die Situation in Deutschland erheblich verschärft, so Schackmann-Fallis. Denn trotz Rückgang der Arbeitslosenquote habe sich der Anteil der Geringverdiener unter den Beschäftigten deutlich erhöht, er stieg in den letzten zehn Jahren von 15 Prozent auf 22,2 Prozent. Damit gehört Deutschland zur traurigen Spitzengruppe in Europa und erreicht fast das Niveau der USA von 25 Prozent.

Es ist hervorzuheben, dass NICHT die absoluten Zahlen der Geringverdiener, sondern die prozentualen Anteile verglichen werden. D.h. weltwirtschaftliche Schwankungen müssten ansatzweise egalisiert sein. Das sich die Zahl der überschuldeten Haushalte seit 1990 auf 3,1 Millionen fast verdoppelt hat, ist da nur noch trauriges Informationsbeiwerk….