Michael Endes unendliche Geschichte, Nerdcore und Euroweb

Es scheint wahrlich eine unendliche Geschichte zu werden – und da ist viel Popcornpotential in dieser Tüte. Besonders interessant finde ich, wie einzelne Teilnehmer dieses Rührstücks „Drama Baby!“ das deutsche Recht so weit dehnen, dass es kurz vor dem Bruch steht.

Ein paar Beispiele (die in diesem Blog noch nicht verwurstet wurde..):

Udo Vetter (Lawblog) twittert:

Interessante: Seit vorhin ist Rene Walter wieder Inhaber von Nerdore.de, zumindest laut Denic.http://moby.to/3hvfpa (via @netzpolitik)

und verlinkt auf Daten, welche der DENIC-Datenbank entstammen. Nun steht vor jedem Zugriff auf die DENIC-Daten folgender Disclaimer:

Die in der whois-Abfrage ersichtlichen Domaindaten sind rechtlich geschützt. Sie dürfen nur zum Zwecke der technischen oder administrativen Notwendigkeiten des Internetbetriebs oder zur Kontaktaufnahme mit dem Domaininhaber bei rechtlichen Problemen genutzt

Durch das Betätigen des untenstehenden Buttons „Akzeptieren“ versichern Sie, dass Ihrerseits ein berechtigtes Interesse vorliegt und Sie die ausgegebenen Daten nur zu diesen Zwecken nutzen werden. Ihnen ist bekannt, dass sich die DENIC eG vorbehält, bei Missachtung dieser Versicherung rechtliche Schritte einzuleiten und Sie von der Nutzung der whois-Abfrage auszuschließen.

Ja, aber diese Regeln gelten natürlich nur für Firmen, die sich mit der Web-2.0 Szene anlegen. Für die Web-2.0 Szene gelten diese Regeln nicht. Für Udo Vetter gelten diese Regeln offensichtlich nicht oder er ignoriert sie wissentlich.

Ein anderes Phänomen findet man, wenn man den Wert der Domain nerdcore.de beziffern soll. Da gibt es die Firma Euroweb, die wohl über ihren Anwalt das Gericht (den Gerichtsvollzieher?) dazu brachte einen Wert der Domain auf 100€ zu beziffern. Ist das die „Schuld“/ ein Fehlverhalten seitens Euroweb? In meinen Augen: Nein. Denn dass die Firma Euroweb ihre Interessen vertritt scheint mir nachvollziehbar. Einerseits hätte Rene Walter lange vor der Übertragung der Domain aktiv werden können und andererseits hätte das Gericht (Gerichtsvollzieher?) ja dieser Bitte/Empfehlung Eurowebs nicht folgen müssen.

Rechtsanwalt Thomas Stadler twitterte

Holt das Popcorn wieder raus:#Euroweb attackiert DENIC http://tinyurl.com/4hcxvfy #nerdcore

Und leider (ja, ich bedauere es tatsächlich, aber es entspricht meiner Rechtsauffassung) hat die Euroweb recht, wenn Sie den von Stadler verlinkten Artikel mit

Das Internet – eine rechtsfreie Zone?

überschreibt. Denn von Rechts wegen hat Euroweb in vielerlei Hinsicht seine Interessen wesentlich rechtsstaatlicher verfolgt, als Rene Walter, die DENIC eG, oder andere Beteiligte. Schade eigentlich, dass sich hier der moralisch wahrscheinlich Unterlegene durch Formfehler der Gegenseite in das Licht der Rechtsstaatlichkeit stellen kann.

Künstler müssen entlohnt werden, aber manche drehen durch #Tatort

Ich bin der Letzte, der Künstler in den Hungertod treiben will. Dafür geniesse ich Filme, Bücher und auch Musik viel zu sehr. Was ich aber gerade in der TAZ lesen muss, scheint der Beweis für Verstand aufweichende Gier zu sein:

Gerade mal 2500 Mark hatte die Grafikerin des „Tatort“-Vorspanns 1969 als Honorar erhalten. Jetzt will sie mehr und klagt vor dem OLG München. Das Urteil könnte weitreichende Folgen haben.

Hmm, erster gedanke: Wurde die Grafikerin vor über 40 Jahren beschissen? Mal weiter lesen, was die TAZ da so schreibt:

Als der Vorspann 1969 entstand, hatte die Grafikerin pauschal 2.500 Mark bekommen. Nach Ansicht ihres Anwalts Nikolaus Reber zu wenig für einen Vorspann, der prägend geworden ist: Mittlerweile wurde er fast unverändert in knapp 800 „Tatort“-Folgen gezeigt und war tausendfach bei Wiederholungen der Krimis zu sehen.

Also hat Grafikerin Kristina Böttrich-Merdjanowa damals eingewilligt diese Arbeit für 2.500,-DM zu erstellen. Wie man nun nach 40 Jahren auf den dünnen Ast kommen kann, dass die Arbeit nun mehr wert sei, ist für mich gänzlich nicht nachvollziehbar. Nicht vergessen: Diese Klage bezieht sich auf eine sehr weit in der Vergangenheit liegende Vertragsangelegenheit, die wohl 40 Jahre lang keinen Grund zur Anfechtung gab.

SOLLTE das Gericht tatsächlich bestätigen, dass ein späterer Erfolg einer pauschal finanzierten Leistung nachträglich noch nach zu entlohnen ist, würde hier so einiges zusammen brechen dürfen.

  • Ich verkaufe einen Gebrauchtwagen an einen Autohändler, der den Wagen konserviert und nach 40 Jahren als Oldtimer verkauft – was steht mir zu?
  • Ich verkaufe ein Bild und stelle 40 Jahre später fest, dass nun der Wert des Bildes deutlich gestiegen ist – was darf ich fordern?
  • Ich verkaufe einen Acker – 40 Jahre später wird daraus Bauland. Were ich nun nachträglich über Nacht reich?

Manchmal frage ich mich, was um mich herum eigentlich vorgeht und ob Gier nach Macht, Ruhm und nicht zuletzt Geld das einzige ist, was meine Umwelt noch im Schädel hat. Gott sei dank ist nicht bei jedem Menschen die Anwendung von Ohropax gleichbedeutend mit Hohlraumversiegelung.

Was mag der Anwalt an diesem Rechtsstreit verdienen? Frag ja nur mal so.

Amtshilfe ist toll #Gorleben

Als ich – ich war ja noch ein junger Bengel – zur Bundeswehr kam, da fand ich den Truppenausweis so richtig klasse. Stand doch auf seiner Rückseite der grossartige Satz:

Alle Dienststellen werden gebeten, dem Inhaber Schutz und Hilfe zu gewähren.

Ja, da war man auf einmal wichtig. Dieser „Wir helfen und gegenseitig“-Passus gilt nicht nur bei Soldaten, auch für Polizisten gibt es da so eine Selbsthilfeverantwortung – sogar international:

Zudem prüfe man, wo die Strafanzeige des Berliner Anwalts Christoph Müller geblieben sei. Müller hatte das Vorgehen des französischen Beamten im Wendland beobachtet. Vor Ort erstattete er beim zuständigen Zugführer der Bundespolizei gegen den französischen Beamten Anzeige. Der Vorwurf Müllers: Amtsanmaßung und Verstoß gegen das Waffengesetz.

Quelle TAZ. Strafanzeigen verschwinden mal so eben. Da reicht ein Anruf und schwupp-di-bupp ist diese lästige Anzeige gelöscht. Man ist ja flexibel. Was mit den Anzeigen gegen eigene Beamte klappt, wird ja wohl mit dem Kollegen aus dem Lande der Baguettes auch klappen.

Ich sagt ja: Amsthilfe ist toll!