Vorratsdatenspeicherung stört Verfolgung von Straftaetern

Bei Heise kann man gerade lesen:

Im Jahr 2008, als Verbindungsdaten nur sporadisch gespeichert wurden, seien 167.451 Internet-Straftaten registriert worden, sie konnten zu 79,8 Prozent aufgeklärt werden, erläutern die Bürgerrechtler in einer Mitteilung. Im Jahr 2009, in dem alle Interneteinwahlen und E-Mails für sechs Monate protokolliert worden seien, habe die Polizei demgegenüber 206.909 Internet-Straftaten registriert. 75,7 Prozent davon seien aufgeklärt worden.

Das heisst, dass OHNE Vorratsdatenspeicherung (2008) eine höhere Aufklärungsrate vorlag, als dies 2009 der Fall war. An einer höhere Anzahl von Taten kann es nicht liegen. sagte doch gestern der BKA-Präsident Ziercke noch in der Welt:

Ein personelles Problem gibt es im BKA nicht.

Der Fairness halber, wollen wir nicht unterschlagen, dass diese Aussage den Bereich „Kinderpornografie im Internet“ meint. Sollten allerdings einige Bereiche des BKA ein Personalproblem haben, wäre es auch Aufgabe des (gut bezahlten) Präsidenten des BKAs gewesen – auch wenn dies nicht das Thema des Interview ist – auf Probleme in anderen Bereichen hinzuweisen:“ In dem Bereich sind wir personell ausreichend ausgestattet“. Ziercke aber nutzt die Allgemeinformel, auf welche ich mich beziehen darf.

Ein weiteres Puzzlespiel in dem „Wir lügen und betrügen die Bürger“-Spiel.

Ziercke, unbelehrbarer BKA-Chef

Der alte Meister Ziercke machte ja schon von seiner Verfassungsfestigkeit reden, als der Rolli-Fahrer noch Innenminister war. Mittlerweile begibt sich der BKA-Chef aber in Bereiche in denen er mit den Prädikaten merkbefreit und beratungsresistend belegt werden kann. Dank Udo Vetters Lawblog wurde ich auf ein Interview in der WELT mit eben diesem Zierke aufmerksam, dass doch deutlich zeigt, wes Geistes Kind dieser Mann ist.

Allein die Argumentation, warum Ziercke für Websperren ist, zeigt dass der Mann das letzte Jahr unter einem sehr grossen und sehr schwerem Stein verbracht haben muss und jegliche Informationen von sachkundigen Menschen gänzlich ignorieren kann:

Solche Stoppschilder im Netz stören die Erreichbarkeit der Webseiten, erschweren die ungewollte Konfrontation mit Kinderpornografie und die Gewinnung neuer Kunden. Sie können Tätergewinne durch rückläufige Kundenzahlen reduzieren und die Traumatisierung der dargestellten Opfer verhindern. Vor allem aber appellieren sie an das Rechtsbewusstsein der potentiellen Konsumenten. Das Unwerturteil des Rechtsstaates zum Konsum von Kinderpornografie ist ein wichtiges Signal gegen den Missbrauch von Kindern.

Dieser ganze Absatz ist (sorry) Schwachsinn, denn nur Löschungen von kriminellen (nicht unerwünschten!) Inhalten sorgt wirklich und voll umfanglich dafür, dass diese Inhalte dem Zugriff entzogen werden und mit dem Inhalt keine Erträge erwirtschaftet werden können. Dass die Internetsperren innerhalb von Minuten von wirklich interessierten Menschen umgangen werden können, hat Ziercke in den letzten 12 Monaten offensichtlich nicht begriffen.

Der folgende Absatz würde gewiss so manche Doktorarbeit in Sachen Jura beflügeln können:

Es gehört zum täglichen Geschäft der Polizei, Lebenssachverhalte zur Abwehr von Gefahren strafrechtlich einzuordnen, im Bereich der Kinderpornografie ebenso wie bei anderen Delikten. Um jedoch mögliche Zweifel an dieser Stelle auszuschließen, ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass zusätzlich ein beim Bundesbeauftragten für Datenschutz einzurichtendes Expertengremium die Einträge der Sperrliste mindestens quartalweise überprüft. Etwas vom Gesetzgeber Verbotenes dem öffentlichen Zugriff zu entziehen, kann keine Zensur sein.

Es gehört zum täglichen Geschäft der Polizei etwas einzuordnen? Die Hilfskräfte der Staatsanwaltschaft ordnen gar nichts ein, dieses Recht hat auch Gaius Zierckus Cäsar nicht. Das Recht einer Bewertung steht den Schergen der Staatsanwaltschaft nicht zu. Die Polizei arbeitet zu, nimmt auf, dokumentiert und arbeitet auf Anweisungen. Aktiv werden Staatsanwälte und Richter. Dieser Grössenwahn, was die Aufgaben der eigenen Behörde angeht, ist aber nicht neu.

„Etwas vom Gesetzgeber Verbotenes dem öffentlichen Zugriff zu entziehen, kann keine Zensur sein“. Ob und was der Gesetzgeber verbietet definieren Gesetze, welche dann von Richtern genutzt werden, um im Einzelfall zu definieren, ob oder ob nicht etwas Verbotenes vorliegt. Einer Polizeibehörde fehlt dafür sowohl die Kompetenz als auch die Ermächtigung (oder sind diesbezügliche Gesetze wieder reaktiviert?).

Herr Ziercke: Sie sind in meinen Augen mit Ihrem Amt überfordert. Sie kennen anscheinend nicht einmal Rechtsgrundlagen ihrer Behörde sowie die Abgrenzungen zu anderen Instrumentarien unseres Rechtsstaates.

Wenn Udo Vetter schreibt:

Gleiches gilt für Onlinemedien, Foren und Blogs. Das passende Verbot ist auch für Meinungsäußerungen schnell gefunden und angewandt.

kann ich mich dieser Befürchtung nur anschliessen.

Militante verüben Anschläge

Anschläge, welch garstig Wort. Was ist ein Anschlag? Gern wird dieser Begriff auch als Synonym für die Begrifflichkeit Attentat genutzt. Andere wiederum befestigen ein Plakat – schlagen es an.

Was sind Militante? Generell wird die Personengruppe als militant bezeichnet, die sich gewaltbereit „zusammen rottet“ um Misständen zu begegnen.

So, nachdem die Begrifflichkeiten geklärt sind, schaun wir uns mal diese Meldung in der FTD an:

Militante bedrohen Verteidigungspolitiker

Unbekannte verübten Anschläge mit Farbbeuteln auf die Häuser mehrerer Mitglieder des Verteidigungsausschusses sowie des Wehrbeauftragten des Bundestags.

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Farbeutel an Hauswänden sind bedrohliche Anschläge militanter Täter. Ob S-Bahn Sprayer auch als militante Anschläge begehen? Farbe gegen Sachen – das Delikt ist zumindest ähnlich. Früher nannte man sowas mal Sachbeschädigung – einhergehend mit grobem Unfug.

Ich finde es widerlich, wie die Medien den Krieg der Worte führen. Krieg gegen eine Gruppe unzufriedener Menschen in diesem Lande, die relativ friedliche Mittel nutzen um auf sich aufmerksam zu machen. Wann werden die Mai-Demonstrationen der IG Metal als Fahnenmarsch paramilitärischer Einheiten bezeichnet? Obschon die Gewerkschaften ja eher die stumpfe Klinge der fettleibigen Funktionäre ist 🙁