Zen oder die Kunst des Notrufs

Heute war sowohl ein schlechter Tag für Strassen- und S-Bahn-Musiker, als auch für Notrufe.

Ich war heute in der Hamburger Kunsthalle – alte Meister und Pop-Art. Wer mich kennt weiss, dass ich mit der abbildenden Kunst nicht soo viel am Hut habe. Aber der Prinzessin war es versprochen und ….. Ihr kennt das ja.

Auf dem Weg zur Kunsthalle – stilecht mit den öffentlichen Verkehrmitteln – dachte ich mir platzt der Schädel: Eine Kakophonie-Duo bestehend aus Akkordeon und Trompete beschallte den Zug. Tinnitus-Alarm. Morgens um 11:00 wird der Umwelt bewusst warum dass Reizzentrum REIZzentrum heisst. Ich bat das dynamische Duo mit dem unerträglichen Lärm aufzuhören, zumal das musizieren in den hamburger öffentlichen Verkehrsmitteln – man weiss warum – untersagt ist. Auch mein Hinweis auf das Verbotsschild (direkt über dem Kopf des „Akkordeons“) wurde mit Ignoranz gestraft.

Ich bin kein Denunziant, nur wenn mich einer nervt werde ich ungnädig – so auch heute. Überall in der S-Bahn befinden sich Aufkleber mit der Notruf– und Servicenummer der Hamburger S-Bahn: 040 3918000. Und ja, es war ein Notfall: Schlechte, laute „Musik“ ist jederzeit und überall ein Notfall.  In der S-Bahn, eingekerkert ohne  Möglichkeit der Flucht ist das wie die chinesische Wasserfolter.

Das dumme ist nur: Der Anruf der Notruf– und Servicenummer der Hamburger S-Bahn läuft auf eine Ansage: „Bitte wählen Sie die neue einheitliche Servicenummer der Bahn: 01805-996633.“

Hallo? Da pappen überall in der S-Bahn Aufkleber mit einer Notruf und Servicenummer und diese ist nicht gültig? Aber hey, es geht noch besser. Denn wenn man die 01805er Nummer wählt (die neue, einheitliche Notruf und Servicenummer der Bahn..), erklärt eine freundliche Stimme:“Um ihren Anruf besser….. blablablabla“. An dieser Stelle würde ich – wäre ich die Bahn – schon anfangen die Töne des eingehenden (eventuellen) Notrufs mitzuspeichern. Es könnte sein, dass man dann so wunderbare Dialoge als „Best of“ veröffentlichen kann wie:

  • Bahnomat: Guten Tag beim Service der deutschen Bahn.
  • Anrufer: SCHEISSE, das ist ein Automat . Hey, HILFE die drei zücken gerade Messer
  • Bahnomat: Um ihren Anruf besser zuordnen zu können wählen Sie bitte eines der
  • Anrufer: NEIN, klar gebe ich dir mein Telefon, aber stecke bitte das Messer weg. AUAAAAAA, scheisse, röchel
  • Bahnomat: folgenden Themen
  • Anrufer: (Stimme aus dem Hintergrund) Nimm das Portemonnaie des Affen mit, das Telefon hab ich schon *KLACK*

Ja, wer mit der Bahn fährt ist in Sicherheit – die Serviceoffensive zeigt Wirkung. Und Dank Videoüberwachung kann der Überfallene sich dann – nachdem die Täter abhauen konnten – alles nochmal auf Video anschauen. Überwachen können sie, Aufklären wollen sie – nur am VERHINDERN von Taten tun sie sich echt schwer.

Immer dieser Papiermüll – Grüner Punkt für Werbung?

Lange schon schob ich diesen Artikel vor mir her – nun platzt er förmlich aus mir heraus.

Oh mein Gott, wie ich diese Werbebeilagen in den Printmedien hasse. Mein bevorzugter Abholdienstleister in Sachen Tageszeitung kann ein Lied davon singen. Heute hinterliess ich ihm eine Prospektbeilage des XYZ-Marktes. Hat er auch mal etwas zu blättern. Ich nehme diese Werbebeilagen nicht einmal ansatzweise wohlwollend wahr, sondern lasse sie direkt genervt bei meinem Kiosk am Tresen liegen. Das werte ich ähnlich müllig, wie sinnlose Umverpackungen.

Habt ihr mal darauf geachtet WIE viele dieser täglichen Werbebeilagen der Tageszeitungen die Mülleimer der öffentlichen Verkehrsmittel füllen? Ich wage mal zu behaupten, dass die Mülleimer der U-Bahnen in Hamburg nur noch (höchstens!) halb so häufig geleert werden müssten, würden die Tageszeitungen nicht stets den Papiermüll beilegen.

Ich plädiere für eine Art grünen Punkt für Werbebeilagen. Mit diesem werden die Erstellern der Werbung anteilig an den Kosten für die Entsorgung ihres Papiermülls beteiligt. Anfangen könnte man mit den Postwurfsendungen und anderen Postwerbemüll (denn ICH muss zum Altpapiercontainer rennen!). Danach kommen die Beilagen dran. Und zum Schluss all die netten bunten Beilagen bei Produkten, welche auf dem Postversandweg zu uns gelangen. Amazon ist da die Hölle! 5 Gramm Produkt – 1 Kilo Umverpackung und Werbung für diverse Produkte die niemand braucht. Wer hat den Stress mit der Entsorgung? Wer trägt die Kosten der Entsorgung?

Werbung verursacht nicht ausschliesslich Kosten auf Seiten der Kunden die das Produkt kaufen (über den Marketinganteil des Preises), sondern auch auf Seiten der kollateral geschädigten Empfänger der Plastik- und Papierflut.

Weniger Sicherheit durch mehr Arbeitlosigkeit

In der FAZ findet sich ein äusserst lesenswertes Interview mit dem Frankfurter Verkehrsdezernenten Sikorski bezüglich der Sicherheit in öffentlichen Verkehrsmitteln.

Bisher wurde die Videoüberwachung aber oft als Wunderwaffe gegen Kriminalität angepriesen. Ist sie das denn nicht?

Das haben viele Politiker gesagt. Für unsere Fahrgäste ist sie, wie gesagt, nur ein Ergänzung. Sie vertrauen in erster Linie auf den Schutz durch das Personal.

..

Hat man in der Vergangenheit im öffentlichen Verkehrswesen etwa zu sehr auf technische Lösungen gesetzt?

Man hat auf technische Erneuerungen gesetzt, weil diese leichter zu finanzieren sind. Für Investitionen in Technik geben Land und Bund viel Geld, für Personal keinen Cent. Stellt man Mitarbeiter ein, muss diese ganz allein der jeweilige Verkehrsträger, also bei uns die Verkehrsgesellschaft Frankfurt, bezahlen. Für modernste Videoanlagen mit allen Schikanen bekommen wir dagegen Zuschüsse. Das ist eigentlich verrückt. Denn Videoüberwachung ist keine Prävention. Man kann nur im Nachhinein den Täter möglicherweise identifizieren und dingfest machen.

Tja, da sehe ich einen eiskalten Wind durch den Arbeitsvertrag wehen. Wie kann der gute Verkehrsdezernent solche Wahrheiten aussprechen. Für Technik ist das Geld da, für Menschen nicht.

Ich bin froh ein Mann zu sein, der auch noch sehr böse gucken kann. Etwaige Probleme konnte ich bislang immer noch im Stadium der verbalen Auseinandersetzung klären und konnte mich auch schon das eine oder andere mal schützend vor einen Mitbürger stellen. Kameras habe ich noch nie eingreifen sehen. Die hängen stumm (wie Spanner es eben tun) an der Wand rum und wirken erst, wenn das Portemonnaie bereits geklaut oder die Nase blutig ist.

Also weniger Überwachung und mehr Prävention? Weniger Folgekosten durch kluge Betriebskosten? Weniger Allgemeinkosten durch dedizierte Investition? Mehr Einnahmen seitens der Busse und bahnen durch grössere Akzeptanz – gerade Nachts?

Auf Politiker und Manager braucht man bei dieser Problemstellung nicht zu bauen – die haben ihren (mindestens) Sechzylinder mit Fahrer. Und Personal überwacht LANGE nicht so wirksam wie es die Kameras und die gespeicherten Daten tun.