Wenn alle an sich selbst denken, ist an alle gedacht

Obiges ist ein alter Spruch, dessen Dämlichkeit kaum zu überbieten ist. Dennoch beschreibt er – wie die Süddeutsche feststellt – genau den gesellschaftlichen Wandel, den Schwarzgeld Schwarz/Gelb mittels Koalitionsvertrag gerade manifestiert.

Auf keinen Fall sei die neue Regierung eine Koalition der sozialen Kälte. Auf gar keinen Fall. Wenn Guido Westerwelle, Chef der Liberalen, solche Sätze sagt, dann setzt er einen derart treuherzigen Blick auf, dass man ihm fast glauben möchte.

Ja, der Guido, der ewig unbefriedigte Traum aller Mütter. Soooo lieb er gucken kann, solch Mist kann er auch verkaufen.

Die Reform der Krankenkassenbeiträge ist ja wohl ein sozialpolitischer Schlag ins Gesicht für jegliche sozialorientierten Menschen. Sicher ist es „gleich“, wenn jeder Mensch 50€ Krankenkassenbeitrag bezahlt, aber ist es auch sozial-gerecht wenn ein Lohnempfänger mit 600€ Gehalt den gleichen Krankenkassenbeitrag zahlt, wie jemand mit 3000€ Monatslohn? Die Sozialversicherungen wurden als soziales Netz für ALLE Bürger eingerichtet. Sie sind eines der Fundamente unserer SOZIALEN Marktwirtschaft. Aber diesen Begriff wird man in Zukunft wohl nur noch in sehr alten Pergamenten lesen können.

Während Barack Obama in den USA soziale System versucht zu etablieren, bauen wir sie ab. Denkt mal drüber nach. ICH bin froh sagen zu können: ICH habe die NICHT gewählt.

Hartz-IV Zweiklassengesellschaft?

In den Medien kann man seit ein paar Tagen die Diskussion um die sogenannte Zweiklassengesellschaft in Sachen Hartz-IV lesen, die der Bundesagentur-Vorstand Heinrich Alt ins Gespräch gebracht hat.

Worum geht es denn dabei eigentlich? Zweiklassengesellschaft hört sich erstmal sehr unangenehm an. Zumindest wenn der Grundgedanken an soziale Werte noch nicht ganz abgestorben ist. Konkret geht es darum, dass Arbeitlose, die schon diverse Jahre in die Sozialversicherung eingezahlt haben, besser gestellt werden sollten als diejenigen, die Hartz-IV beziehen ohne jemals in die Kassen eingezahlt zu haben.

Dieses Thema betrifft mich direkt, da kann ich – als ehemaliger Bezieher von Hartz-IV direkt mitreden. Schliesslich hatte ich – nachdem ich meine mehr als 2 Jahre währende Selbstständigkeit aufgeben musste – das zweifelhafte Vergnügen DIREKT Hartz-IV zu beziehen. Da fragte ich mich schon, warum ich 20 Jahre (teilweise als unverschämt gut Verdienender) in die Kassen eingezahlt habe um dann mit dem Regelsatz abgespeist zu werden, den auch derjenige bezieht, der noch niemals in die Sozialkassen eingezahlt hat.

Ist es aber so einfach? Sicher wäre es – aus meiner Sicht (har-har) – gerecht gewesen, wenn ich einen grösseren Betrag erhalten hätte. Schliesslich hatte ich die Kassen lange Zeit gefüllt und mir einen gewissen Anspruch schon erarbeitet.

Zur Gretchenfrage wird die Thematik, wenn man all diejenigen in seine Überlegungen einbezieht, die niemals eine Chance hatten sozialversicherungspflichtig ihr Einkommen zu erwerben. Was ist höher zu bewerten? Die Gleichheit all derer, die da längfristig nicht in die Sozialkassen eingezahlt haben oder das Honorieren der Leistung derjenigen, die teilweise lange Jahre die Kassen gefüllt haben?

Ich bin unentschlossen.

Ein mögliches Feindbild: Frauen

Nachdem man sich nun – seitens „Wissenschaftlern und allen voran den „Leitmedien“ so schön auf die Hartz-IV Empfänger eingeschossen hat, könnte nun eine Freiburger Studie (via Welt) Wasser auf die Mühlen der Stammtischfreunde giessen:

Frauen profitieren von den Sozialversicherungen deutlich stärker als Männer. Dies geht aus Berechnungen der Freiburger Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen und Jasmin Häcker hervor. 

 Begründung wird mitgeliefert:

Frauen seien aufgrund ihrer längeren Lebenserwartung die „Rendite-Gewinner“ in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung

Das Frauen eine höhere Lebenserwartung haben, ist hinlänglich bekannt. Auch andere Argumente wie „die im Durchschnitt geringere Erwerbsbeteiligung der Frauen“ sind nichts neues und weitgehend gesellschaftlich bedingt: Vaterschaftsurlaub wird zwar öfter genutzt, aber kriegen müssen die Frauen die zukünftigen Steuerzahler noch, auch ist der niedrigere Durchschnittslohn der Frauen sicher keine „Schuld“ des weiblichen Anteils der Bevölkerung.

Herr Bernd Raffelhüschen weist aber auch darauf hin, dass

„Er sei sich durchaus bewusst, dass die Aussage, Frauen seien die Rendite-Gewinner bei den Sozialversicherungen, „politisch unkorrekt“ sei.“ 

und er 

 „plädiert für eine Erhöhung der Erwerbsbeteiligung der Frauen.“

Ich hoffe nun, dass die „typisch verdächtige Tagespresse“ diese Arbeit nicht manipulierend auszugsweise zitiert um eben „meinungsBILDend“ tätig zu sein.