Kriminell werden um gegen Kriminelle vorzugehen?

Ach ist diese Diskussion nicht toll? Ich finde es geradezu spannend, wie vielfältig die Meinungen und Bewertungen in Sachen „Steuerdaten auf DVD“ sind. Auch Jörg Tauss meldet sich zu Wort und schreibt in seinem Blog:

Genau so wie der Fluggast oder der ehrliche Steuerzahler. Die Auslieferung von Bank- und Fluggastdaten mittels SWIFT und anderer Abkommen sind der eigentliche Skandal. Der Präventionsstaat ist es. Die heimliche Onlinedurchsuchung. Die Vorratsdatenspeicherung. Die Zensurinfrastruktur bei Providern etc.etc. etc. Denn hier geht es um den Generalverdacht gegen jeden Bürger und nicht um die vermeintlich geschützten Daten krimineller Steuerhinterzieher.

Und gegenüber dieser Entwicklung ist der Deal mit dieser CD unter den anrüchigen Geschäftspartnern Schäuble und unbekanntem Datendieb  fast schon marginal. Schäuble weicht dabei übrigens nicht einmal von seiner bisherigen Linie ab: Denn wer nichts zu verbergen hat……dessen Daten kann man auch auf einer CD kaufen.

Jörg Tauss bewertet den Fall gänzlich anders als ich es tue. Denn nur weil andernorts (Swift, Internetzensur etc) der Staat bereits derber mit unseren Rechten umgeht als in diesem Fall mit den Steuerhinterziehern, bedeutet dies für mich nicht, dass man deshalb auch unrecht erlangte Daten KAUFEN und verarbeiten soll.

In meinen Augen darf, kann und soll der Staat an keiner Stelle seiner Worte und Taten unrechte Taten legitimieren und den Mantel des „es war ja für einen guten Zweck“ darüber legen. Für den „guten Zweck“ setzen die USA Verdächtige in Guantanamo fest und foltert die CIA in allen Teilen der Welt. Auch die Weitergabe der Swift-Daten wäre legitim, es gilt doch die Rechte der USA zu verteidigen.

Am Ort der Tat (Schweiz) haben wir folgenden Sachverhalt: Schweizer Bankdaten von unschuldigen Ausländern (am Ort: Schweiz, Deutsche) werden unrechtmässig kopiert/entwendet. Zumal nicht feststeht (obschon es sehr wahrscheinlich ist, dass sehe ich natürlich auch) ob die Kontoinhaber wirklich in Deutschland Steuern hinterzogen haben.

Wenn wir also die Mitnahme der Daten legitimieren, so würde ein deutscher Hacker, der in einen schweizer Bankcomputer eindringt um dort Daten zu stehlen, zwar kriminell sein aber die deutschen Ermittler würden sich die Hände reiben. Oder hunderte von deutschen Bankmitarbeitern würden – für ein kleines Zubrot – sachdienliche Hinweise an deutsche Finanzämter senden, nachdem sie in Nachtschichten die Kontodaten ihre solventen Kunden gesichtet haben.

Dann müsste man fairerweise auch denjenigen monetär belohnen, der den Dealer im Park anzeigt – auch wenn der Staat DAMIT kein Geld verdienen kann. Der Einzelhandel würde das Konzept Fangprämie rigoros durchsetzen und Horden arbeitloser Denunzianten würden die Kaufhäuser unserer Gr0ßstädte füllen.

Wehret den Anfängen! Gleiche – ausgeprägte – Rechte für alle.

Es gibt zu wenig Steuerfahnder. DAS ist das eigentliche Problem.

Interview zwischen Guantanamo-Insassen und -Aufseher

Ein Interview mit einem ehemals in Guantanamo inhaftierten englischen Staatsangehörigen und einem ehemaligen Militäraufseher findet man in der FAZ.

Wie würden Sie Ihr Verhältnis zueinander charakterisieren?

Begg: Wir sind uns zwar erst vor gut einer Woche zum ersten Mal persönlich begegnet, aber ich würde Chris trotzdem schon als einen Freund bezeichnen.

Arendt: Mir geht es genauso. Ich kann auch viel von meiner eigenen Persönlichkeit in Moazzam erkennen. Und ich bewundere seine Kraft und seinen Mut.

Lest es einfach selbst durch. Es sind zwei Menschen,  die – jeder für sich – in gewisser Weise Opfer der amerikanischen Politik wurden. Bemerkenswert ist, dass sie sich – jetzt, nachdem sie beide da raus sind – gegenseitig als Freunde bezeichnen. Wer klagt die Verantwortlichen dieser Guantanamo-Perversion an?

Obama scheint wirklich ernst zu machen und bringt sich in Gefahr

Wahlkampf? Politikerversprechern! Wer hat sich denn noch nie versprochen? Oder wie es der Franz Müntefering (Bundesvorsitzender der SPD!) sagte:

„Wir werden als Koalition an dem gemessen, was in Wahlkämpfen gesagt worden ist. Das ist unfair.“

Auch ich habe bei vielem, dass Barack Obama im Wahlkampf an eben aufmunternde Worte gedacht, die – einfach so dahingesagt – natürlich nach der Wahl vergeben und vergessen sind.

Nun aber ist er Präsident der Vereinigten Staaten von Nordamerika, nun kann er agieren und seine Versprechen einlösen. Und was macht er?

  • Guantanamo wird im Laufe eines Jahres geschlossen. Das dieses verbrecherische Hort nicht von einem auf den anderen Tag dicht gemacht werden kann, wird jeder Realist nachvollziehen können. Zu viele organisatorischer Hintergrund ist erforderlich. Dass es aber so früh bereits entschieden wird, zeigt, dass Obama es diesbezüglich ernst meint.
  • Auch für die Geheimdienste gilt: Folterverbot. „Waterboarding ist Folter und untersagt, Gefangene unterliegen dem Schutz der Genfer Konvention. Wir können uns an das Folterverbot halten und gleichzeitig die wichtigen Geheimdienstinformationen erlangen.“(Quelle Spiegel). Noch letzte Woche hätte George Double-U sich eher die Zunge abgebissen, als den Geheimdiensten das Instrument der Folter zu entziehen. Zu stark war der Einfluss der Scharfmacher und Cowboys.

Allein an diesen Punkten kann man ablesen, dass Obama es tatsächlich ernst meinen könnte. Denn nur wer mit gutem Beispiel voran geht, kann andere überzeugen. Moral, Recht, Wertevorstellungen und Ethik müssen vorgelebt werden, ansonsten sind sie nichts wert.

Nur ein Problem sehe ich – leider. Barack Obama scheint wohl der am meisten gefährdete Mensch auf diesem Planeten zu sein. Diese Gefahr sehe ich nicht von etwaigen „ausländischen Terroristen“ ausgehen, sondern von den potentiellen Terroristen im eigenen Land. Diejenigen, denen Obama die Spielzeuge der Macht und Unterdrückung nimmt und für die bislang Terror und Folter (das, was sie ihren Gegnern immer vorwerfen) ein legitimes Arbeitsmittel war.

Wenn Obama nun noch 1-5 _vernünftige_ Präsidentenerlasse in Richtung Wirtschaft schickt, sehe ich ihn in ärgster Bedrängnis.